Hotel Stein:Venezianischer Glanz in Salzburg

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Stuckdecke in der Honeymooon-Suite aus dem Jahr 1740.

(Foto: Edmund Barr)

Ins Hotel Stein kamen viele Touristen nur wegen der Dachterrasse, um die Altstadt zu bewundern. Dabei ist das Hotel eines der ältesten Häuser Salzburgs - nun hat es nach einem Umbau neu eröffnet.

Von Jochen Temsch

Bei der Begrüßung entschuldigt sich Margot Weindorfer erst einmal für die gelben Spritzer auf ihren Schuhen: "Ich habe gerade schnell im Café ausgeholfen und eine Kurkuma-Latte zubereitet."

Dass die Hoteldirektorin zwischendurch selbst zum Milchschäumer greift, ist bemerkenswert, denn eigentlich hat sie genug anderes zu tun. Seit 25 Jahren führt sie das Hotel Amadeus und ein paar Jahre weniger das Hotel Goldgasse in der Altstadt von Salzburg - zwei familiäre Häuser mit nur 20 beziehungsweise 16 Zimmern, die mit erlesener Ausstattung und lokaler Kulinarik die Balance zwischen Luxus und Bodenständigkeit halten sollen. Und jetzt ist ein noch größeres und komplizierteres Projekt dazugekommen: das Hotel Stein.

Das Haus an der Staatsbrücke über die Salzach ist eines der ältesten der Stadt. Es steht am Anfang der engen, gewundenen Steingasse, deren Geschichte sich bis in die Römerzeit zurückverfolgen lässt. Bereits vom Jahr 1399 an diente das Stein als Brauereigaststätte. Im Lauf der Jahrhunderte wurde das Gebäude immer wieder aufgestockt und umgebaut. In der obersten, siebten Etage befindet sich ein Terrassenlokal, dessen grandioses Panorama das Hotel Stein berühmt gemacht hat. Man schaut von dort auf die Festung und den Mönchsberg, den Barockdom, die Franziskanerkirche, die Dächer des zum Unesco-Welterbe zählenden Altstadt-Ensembles vor der Kulisse des Untersbergs. Aber diese spektakuläre Aussicht und der Massenansturm darauf sind dem Hotel Stein auch zum Verhängnis geworden.

Zum Schluss war das Haus heruntergekommen, die Terrasse versifft und eine Falle für Touristen, die sich zu frei werdenden Tischen durchrempelten. Hier sind dann Margot Weindorfer und eine Investorengruppe ins Spiel gekommen, die das Hotel kaufte, zusperrte und zwei Jahre lang renovierte.

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Der Lüster aus <NM1>Murano-Glas ist aus aus der venezianischen Manufaktur des Hotelbesitzers.

(Foto: Edmund Barr)

"Wir haben eine angenehme Ausgangsposition", sagt Weindorfer. Und meint damit die finanziellen Mittel, die für das Hotel Stein zur Verfügung stehen. Eigentümer des Steins wie auch der beiden anderen Hotels, die Margot Weindorfer führt, ist der Geschäftsmann und Kunstmäzen Rinaldo Invernizzi, der Salzburg über die Festspiele entdeckt hat.

Ihm gehört die Glasmanufaktur Barovier & Toso auf der venezianischen Insel Murano. Seit 21 Generationen ist das im Jahr 1295 gegründete Unternehmen in Familienbesitz - der älteste, familiengeführte Glasproduktionsbetrieb der Welt. Der Firmenchef gilt als zurückhaltend in der Öffentlichkeit, nicht aber beim Investieren. Die Höhe der Summe, die ins Hotel Stein geflossen ist? "Wird nicht kommuniziert", sagt Weindorfer.

Grund für die lange Umbauzeit waren die strengen Denkmalschutzauflagen. Einzelne Räume wurden zu langwierigen Restaurierungsprojekten. Etwa die Honeymoon-Suite im zweiten Stock, wo die Brauerfamilie Popp im Jahr 1740 einen Repräsentationsraum mit einer großflächigen barocken Stuckdecke versehen ließ. Das Flachrelief zeigt das Familienwappen und biblische Szenen. Das neue Badezimmer musste als geschlossener Quader in den Raum gesetzt werden, damit keine Feuchtigkeit in die Decke dringen kann.

Anfang März hat das Hotel neu eröffnet. Es heißt jetzt im modischen Werbejargon "Stein Hotel & Living", um zu demonstrieren, dass es auch ein lebhafter Treffpunkt für die Salzburger und ihre internationalen Besucher sein soll. Diese betreten das Hotel durch eine Drehtür an einer der verkehrsreichsten Kreuzungen der Stadt. Draußen tost der Verkehr und übertönt die Salzach, drinnen wird es abrupt ruhig. Ein livrierter Lohndiener, wie die Pagen in Österreich heißen, sagt "grüß Gott".

Altes und Neues, zeitgenössische Kunst und Fundstücke aus dem Inventar vergangener Jahrzehnte sind dezent und stilvoll miteinander kombiniert: Marmorboden aus den Fünfzigerjahren, denkmalgeschützte Holzvertäfelungen und Stiegen, dazu Polstermöbel in kräftigen Farben, venezianische Lüster und Glaskunstwerke, Leuchtkästen der Künstlerin Brigitte Kowanz, großflächige Fotografien und Fototapeten mit Szenen aus Salzburg und Venedig. Die historische Verbindung der beiden Städte herauszustellen, ist die Idee hinter dem Innendesign.

Es waren venezianische Architekten, die Salzburg im 16. Jahrhundert seine heutige Gestalt gaben. Die dominierende Farbe Blau soll an die wichtige Rolle des Wassers für Salzburg und Venedig erinnern. Besonders eindrucksvoll inszeniert ist dieser Bezug mit Hunderten Lämpchen und Glasscheiben aus Murano, die im Treppenhaus als leuchtende Kaskade hängen. Nichts daran wirkt protzig, was der im Geschäft heute international üblichen, gelassenen Herangehensweise an den Luxus entspricht: "Die 20. Flasche Champagner ist nichts Besonderes mehr", sagt Weindorfer, "Luxus ist für uns die Aufmerksamkeit, die wir den Dingen widmen."

Die Steinterrasse heißt jetzt Seven Senses - daran müssen sich viele noch gewöhnen

Dieses Konzept ist bis ins Kleinste durchgezogen. Die Lüster, die Glaskunst - alles handgefertigte Unikate. Die Vorhänge und Polster, die Keramik im Restaurant, die Kosmetik in den Bädern der Zimmer - all das kommt aus der Kleinserienfertigung ausgesuchter Manufakturen. "Alles in Handschlagsqualität", sagt Weindorfer, die sich selbst nach zuliefernden Partnern umgesehen hat. Chipstüten und Kaffeepads-Verpackungen sind eigens für das Hotel aus Papier hergestellt, um Müll zu reduzieren. Die Menükarten liefert Salzburgs älteste Buchbinderei.

Selbst bei den Likören der Bar spricht die Hoteldirektorin von "Kollektionen". Es gibt nur zwei Sorten Fruchtsaft, Pfirsich und Erdbeere - mehr stellt der dafür unter Vertrag stehende Bauer in der Südsteiermark nicht her. Wo es die Kurkuma-Latte gibt, im "Healthy-Food"-Laden neben der Lobby, schreiben die Hotelangestellten die Namen der selbstgemachten Müsliriegel mit Filzstift auf Papiertüten. Der Laden ist zur Steingasse hin auch nach draußen geöffnet und war vor dem Umbau die Wirtschaft "Steinsitz". Wo früher Bier floss, werden heute Smoothies zum hausgemachten Apfel-Bulgur-Salat geordert.

"Die Veränderungen passen wahrscheinlich nicht jedem", sagt Margot Weindorfer. "Es gibt verkrustete Strukturen. Viele Salzburger fühlen sich einerseits ausgeschlossen, andererseits nehmen sie Neues nicht so gerne an." Aber die Nachfrage nach dem Lokal im siebten Stock sei bereits sehr hoch. Die Salzburger sprechen immer noch wie gewohnt von der "Steinterrasse". Es heißt jetzt jedoch "Seven Senses".

Die Tische sind mit goldfarbenen Platztellern zum Stückpreis von 400 Euro eingedeckt, darauf liegen schlichte Leinenservietten. Die Menükarte ist übersichtlich, die Küche eine asiatisch-österreichische Fusion mit maritimem Akzent. Es gibt Milchkalb und Ceviche, Sashimi und Tauernlamm, Black-Angus-Filet und Hummer. Dazu unter anderem Wein aus der alten, venezianischen Dorona-Traube. Er kommt in Flaschen aus Muranoglas mit Blattgoldetikett, der halbe Liter für etwa 150 Euro.

Man kann aber auch einfach draußen oder an der Bar sitzen und einen Kaffee trinken. Die Aussicht ist die alte.

Stein Hotel & Living, DZ je nach Saison ab ca. 200 Euro, Suite ab ca. 600 Euro (zur Festspielzeit etwa das Dreifache), Giselakai 3 - 5, 5020 Salzburg, Tel.: 0043 / 66 28 74 34 60, www.hotelstein.at

Hinweis

Die Recherchereise für diesen Beitrag wurde zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien und/oder Tourismus-Agenturen.

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