Süddeutsche Zeitung

100 Jahre Hamburger Flughafen:Poolparty vor dem Abheben

Stewardessen im Badeanzug, tanzende Bären und die Beatles waren auch da - in hundert Jahren Hamburg Airport ging es nicht immer nur ums Fliegen.

Katja Schnitzler

Der Hamburger Flughafen wird am 10. Januar 2011 hundert Jahre alt und ist damit der älteste Flughafen der Welt - beinahe. In Berlin am Flugplatz Johannisthal starteten bereits 1909 Luftschiffe. Allerdings ist der Berliner Platz längst geschlossen, so dass den Hamburgern zumindest der Titel bleibt: "ältester Airport weltweit, der ununterbrochen und am gleichen Ort in Betrieb ist". Alt sieht der Flughafen allerdings nicht aus.

Vor zehn Jahren hatte das größte Ausbauprogramm in der Chronik des Airports begonnen. Das 1929 eröffnete Empfangsgebäude wurde abgerissen. Stararchitekt Meinhard von Gerkan entwarf drei Hallen mit gewölbten Dächern, die an den Querschnitt von Tragflächen erinnern sollen. Viel Glas, Stahl und Beton - der alte Flughafen gibt sich modern. Seit Dezember 2008 fährt auch endlich eine S-Bahn bis zum Airport. Den Trend der Zeit wollten einst auch die Gründer nicht verpassen.

Inspiriert von Graf Ferdinand von Zeppelin gründeten Hamburger Kaufleute und Politiker am 10. Januar 1911 die Hamburger Luftschiffhallen GmbH. Auf einem morastigen Feld in der Nähe des Dorfs Fuhlsbüttel nördlich der Hansestadt errichteten sie eine Halle, in die zwei riesige Zeppeline passten. Doch schon bald machten Flugzeuge den Luftschiffen Konkurrenz. 1919 nahm die Deutsche Luftreederei, eine Vorgängerin der Lufthansa, Linienflüge von Hamburg nach Berlin auf. Allerdings war das Reisen mit dem Flugzeug damals bei weitem nicht vergleichbar mit dem heutigen Komfort: Nur Kappe, Brille und Schal schützten die Passagiere vor Wind und Regen.

Ursprünglich war das Flughafengelände knapp 45 Hektar groß, heute umfasst es 570 Hektar, wovon fast die Hälfte Grünflächen sind. In den Anfangszeiten hielten 500 Schafe das Gras schön kurz, heute wird es gemäht - zur Freude des Tierparks Hagenbeck: Er bekommt zur Mähsaison täglich etwa zehn Kubikmeter Grünfutter vom Flughafen geliefert.

"Hamburg Airport" tauften die britischen Besatzer den Flughafen 1945, der dank einer guten Tarnung im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört worden war. Mit dem Flughafen wurde auch die Lufthansa groß: Hier baute sie 1954 die Lufthansa-Werft und hier war auch der Ausgangspunkt für den ersten Flug der Deutschen Lufthansa nach Düsseldorf und weiter nach München. Im Bild wird eines ihrer beiden ersten Flugzeuge, eine Convair CV 340, eingewiesen.

Bis aber Besucher - wie hier bei den Airport Days 2007 - modernste Großflugzeuge wie den A380 am nun fünftgrößten Flughafen Deutschlands bestaunen konnten, war es noch ein langer Weg. Zunächst war das Reisen ...

... dem Jetset vorbehalten. Erst mit Düsenflugzeugen kam 1960 die Wende, ein Jahr darauf zählte man in Hamburg erstmals eine Million Passagiere pro Jahr. Mit neuen Großraumflugzeugen wurde das Fliegen für noch mehr Menschen erschwinglich - Reisende mit Geld ließen es sich aber weiter gut gehen, wie hier 1975 in der Lounge im Oberdeck einer Boeing 747-130 der Lufthansa. Im vergangenen Jahr wurden in Hamburg etwa 13 Millionen Reisende abgefertigt. Aber nicht nur die Passagiere der ersten Klasse gönnten sich ein wenig Luxus.

In den 1950er Jahren hatte der Flughafen hinter dem Empfangsgebäude seinen eigenen Pool - der ursprünglich als Brunnen gedacht war. Doch in den Sommern der 1950er Jahre ...

... nutzten Stewardessen der skandinavischen Airlines das Becken für eine Abkühlung - die Badeanzüge brachten sie mit. Umbauarbeiten machten dem Spaß etwa 1960 ein Ende.

Nicht schlecht staunten Reisende 1975, als ein Bär einen Mann übers Vorfeld schob. Bärentrainer Dieter Kraml war mit "Nancy" nach Japan unterwegs und hatte noch Zeit für ein paar Scherze. Seine Tiere spielten unter anderem in Jean-Jacques Annauds "Der Bär" (1988) eine Rolle. Wie in einem schlechten Film kamen sich im Herbst 1990 Flughafenmitarbeiter vor, als sie die leeren Fahnenstangen vor dem Hauptgebäude sahen, denn ...

... vier Flaggen waren entwendet worden. Doch bald darauf traf ein Paket ein mit den Fahnen und einem Brief: "Meine Söhne hielten das Fahnenklauen für einen herrlich gelungenen Spaß, ich leider nicht! Entschuldigen Sie bitte. Herr und Frau Unbekannt." In der hundertjährigen Geschichte kamen aber nicht nur Flaggen abhanden.

Eines der ungewöhnlichsten Fundstücke war ein Brautkleid, schon leicht zerschlissen, das auf der Herrentoilette zurückgelassen worden war. Es wurde nie wieder abgeholt. Aber auch Kronleuchter, Zimmerpflanzen und eine Autotür durften nicht mit auf die Reise. An Bord schafften es ungewöhnliche ... Mehr seltsame Fundstücke finden Sie hier.

... Passagiere wie diese 66 Zentimeter große Schnee-Eule. Diese hatte wohl einige Probleme mit der Navigation und sich aus den finnischen Wäldern nach Hamburg verflogen. Mit dem Finnair-Flug 854 kehrte die geschützte Eule in die Heimat zurück. Mehr Aufsehen erregten aber diese Fluggäste:

Sowohl die Beatles als auch ...

... die Rolling Stones wurden bei ihrer Ankunft über Gebühr gefeiert.

Da immer mehr Menschen mit dem Flugzeug reisen wollten und so der Luftverkehr trotz der größeren Maschinen immer stärker zunahm, sollte der Hamburger Flughafen aus der Großstadt heraus ins schleswig-holsteinische Kaltenkirchen verlegt werden. Doch die Pläne scheiterten 1983 an heftigen Protesten, aber auch an der Ölkrise. Zwar schaffte es der Großflughafen, sich an Ort und Stelle zu vergrößern, um der Vielzahl der Passagiere gerecht zu werden. Doch ein Manko bleibt.

Der gescheiterte Umzug vereitelte auch den Plan, endlich parallele Start- und Landebahnen zu bauen - die beiden Pisten bleiben überkreuzt.

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dpa
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