Eines Tages tauchten Patienten mit seltsamen Tics auf. Sie zuckten, sie schleuderten ihre Arme herum, der ganze Oberkörper ein Bündel ruckartiger Bewegungen. Sie warfen mit Gegenständen, brüllten Obszönitäten oder schubsten ihre Eltern, die sie begleiteten. Die meisten Patienten brachten eine Diagnose mit in die Sprechstunde bei Kerstin Müller-Vahl in der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover, eine Diagnose, die andere Mediziner gestellt oder die sich die Betroffenen selbst gegeben hatten: Tourette-Syndrom. „Es war sofort klar, dass es sich hier nicht um Tourette handelte“, sagt die Psychiaterin, die auf die Behandlung der Krankheit spezialisiert ist, „das war ein klinisches Bild, das ich noch nie zuvor gesehen hatte.“