Wann sollte ich mich wieder impfen lassen?

Experten empfehlen, dass zwischen den Kontakten mit dem Spikeprotein des Coronavirus ein gewisser Abstand liegen muss, damit sie als eigenständige immunologische Ereignisse gelten. Nur so kann das Immunsystem die Ereignisse bestmöglich verarbeiten und den optimalen Schutz gegen das Virus aufbauen.

Der Abstand zwischen den ersten zwei Impfungen sollte, abhängig vom Impfstoff, drei (BioNTech, Novavax) beziehungsweise vier Wochen (andere Impfstoffe) betragen. Zwischen zwei Infektionen beziehungsweise einer Infektion und einer Impfung sollte ein Abstand von mindestens drei Monaten liegen, damit diese als eigenständige Ereignisse betrachtet werden. Sollte der empfohlene Abstand zwischen zwei Kontakten mit dem Spikeprotein unterschritten werden, wird lediglich das zweite Ereignis als relevantes Ereignis gewertet.

Aus wissenschaftlicher Sicht baut eine Kombination von Infektionen und Impfungen den wirksamsten Immunschutz gegen eine Infektion mit dem Coronavirus und schwere Krankheitsverläufe auf. Diese sogenannte hybride Immunität empfiehlt auch die Ständige Impfkommission. Obwohl Sie bereits drei immunologische Kontakte hatten, wird Ihnen daher eine zusätzliche Impfung empfohlen, die Ihren Immunschutz deutlich verstärkt und breiter aufstellt.

Dass eine vierte Impfung für ältere Menschen sehr sinnvoll ist, legen mehrere Studien nahe - etwa aus Israel. So zeigte eine im New England Journal of Medicine veröffentlichte Analyse von Daten von mehr als 360 000 über 60-Jährigen, dass die vierte Spritze das Risiko der Senioren, wegen einer Corona-Infektion ins Krankenhaus zu kommen, um 68 Prozent senkte; vor Tod durch Covid-19 schützte sie zu 74 Prozent. Ein klares Signal für den Nutzen der Impfung in hohem Alter geben auch Zahlen der portugiesischen Gesundheitsbehörde Insa: So sind von den im Mai 2022 infizierten über 80-jährigen Portugiesen zehn Prozent derjenigen gestorben, die nicht oder unvollständig geimpft waren, aber nur fünf Prozent der doppelt Geimpften und 1,7 Prozent der Geboosterten. Von den vierfach Geimpften starb niemand. Der Schutz vor Infektion ist durch die vierte Impfung allerdings verhältnismäßig klein und hält offenbar nur kurze Zeit an.

Die aktuell verfügbaren Impfstoffe gegen das Coronavirus sind für den Wildtyp des Virus optimiert, der im Dezember 2019 zuerst in Wuhan, China nachgewiesen wurde. Mehrere Impfstoffhersteller arbeiten an einer angepassten Version ihrer Vakzine, die für die Omikron-Variante des Virus optimiert sind. Diese Variante weist unter anderem im Spikeprotein einige Mutationen auf, die die Fähigkeit zur Bindung von Antikörpern hemmen. Entsprechend angepasste Vakzine könnten ab Herbst verfügbar sein. Allerdings rollt die Corona-Sommerwelle bereits jetzt über Deutschland und die dritte Impfung liegt bei den meisten Menschen bereits einige Monate zurück. Personen, denen eine vierte Impfung empfohlen wird, sollten daher nicht auf einen angepassten Impfstoff warten, sondern bereits jetzt ihren Immunschutz auffrischen. Nur so sind diese Personen bestmöglich geschützt.

In Absprache mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt können Sie sich bereits jetzt freiwillig ein viertes Mal gegen das Coronavirus impfen lassen, auch wenn die Stiko das für Sie bisher nicht empfiehlt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat entgegen der Ständigen Impfkommission auch unter 60-Jährigen zu einer vierten Impfung geraten. Wissenschaftliche Belege für diese Empfehlung legte der Gesundheitsminister jedoch nicht vor.

Die aktuellen Empfehlungen der Stiko zur Impfung gegen das Coronavirus sind am 18. August 2022 veröffentlicht worden und im Epidemiologischen Bulletin des RKI einsehbar.