Formel Öko
Die Rennserie für Strom-Autos wurde anfangs von vielen belächelt. Nun aber gibt es immer mehr Menschen, die glauben: Die Formel E könnte eines Tages sogar die Formel 1 ablösen, obwohl die Flitzer viel langsamer, leiser und unspektakulärer sind. Oder: Vielleicht sogar gerade deswegen?
Von Stefan Mayr
Zuerst kommt der Regen. Dann der Wind. Und er bringt jede Menge Zeug auf die Rennpiste: Zweige, Blätter, was so durch die Straßen fliegt, wenn es stürmt in einer Großstadt wie Paris. Fehlt nur noch, dass irgendein Straßenhund die Fahrbahn kreuzt und sein Bein hebt.
Zuerst kommt der Regen. Dann der Wind. Und er bringt jede Menge Zeug auf die Rennpiste: Zweige, Blätter, was so durch die Straßen fliegt, wenn es stürmt in einer Großstadt wie Paris. Fehlt nur noch, dass irgendein Straßenhund die Fahrbahn kreuzt und sein Bein hebt.
Dann kommen die Unfälle. Ein Fahrer nach dem anderen rutscht in die Betonbande, die Streckenposten mit ihren gelben Flaggen hören gar nicht mehr auf zu wedeln, und der TV-Regisseur kommt mit den Zeitlupen nicht mehr hinterher. Chaos pur. Was für ein Rennen.
Dann kommen die Unfälle. Ein Fahrer nach dem anderen rutscht in die Betonbande, die Streckenposten mit ihren gelben Flaggen hören gar nicht mehr auf zu wedeln, und der TV-Regisseur kommt mit den Zeitlupen nicht mehr hinterher. Chaos pur. Was für ein Rennen.
Die Formel E rast durch Paris. Die Rennserie für rein elektrisch betriebene Autos gibt es seit fünf Jahren, und wie in jeder Stadt kurven die Stromflitzer nicht über extra errichtete Strecken auf der grünen Wiese, sondern mitten durchs Zentrum.
Die Formel E rast durch Paris. Die Rennserie für rein elektrisch betriebene Autos gibt es seit fünf Jahren, und wie in jeder Stadt kurven die Stromflitzer nicht über extra errichtete Strecken auf der grünen Wiese, sondern mitten durchs Zentrum.
Auch sonst ist hier alles ganz anders als bei der Formel 1: Die Autos sind viel leiser. Wenn sie vorbeiflitzen, hört man kein taubmachendes Röhren, sondern nur ein schrilles Pfeifen. Sie sind auch viel langsamer, aber dafür gibt es viel mehr Überholmanöver.
Auch sonst ist hier alles ganz anders als bei der Formel 1: Die Autos sind viel leiser. Wenn sie vorbeiflitzen, hört man kein taubmachendes Röhren, sondern nur ein schrilles Pfeifen. Sie sind auch viel langsamer, aber dafür gibt es viel mehr Überholmanöver.
Viele Motorsportfans belächeln die Formel E als Rasenmäher-Rennen und verspotten die Autos als Carrera-Bahn-Spielzeug. Aber es gibt auch andere Stimmen. Sie sehen in der Formel E die Serie der Zukunft. Gerade weil sie langsamer und leiser und sparsamer ist und so die lärmenden und viel spritschluckenden Formel- 1-Boliden überrunden könnte. Zuletzt befand sogar der ehemalige Formel-1-Boss Bernie Ecclestone, ein petrolhead vor dem Herren: „Es ist eine andere Form der Unterhaltung, aber die Formel E wird viel, viel größer und besser werden.“
Viele Motorsportfans belächeln die Formel E als Rasenmäher-Rennen und verspotten die Autos als Carrera-Bahn-Spielzeug. Aber es gibt auch andere Stimmen. Sie sehen in der Formel E die Serie der Zukunft. Gerade weil sie langsamer und leiser und sparsamer ist und so die lärmenden und viel spritschluckenden Formel- 1-Boliden überrunden könnte. Zuletzt befand sogar der ehemalige Formel-1-Boss Bernie Ecclestone, ein petrolhead vor dem Herren: „Es ist eine andere Form der Unterhaltung, aber die Formel E wird viel, viel größer und besser werden.“
Am Ende der Pariser Wind- und Wasser-Sause gewinnt der Niederländer Robin Frijns. Am Schutzbügel über seinem Cockpit steht der Spruch: „Race against climate change“. Rasen gegen Klimawandel? Klingt paradox, ist aber ernst gemeint. Die Formel E hat sich tatsächlich dem Umweltschutz verschrieben. Nun kann man darüber streiten, ob Autorennsport sinnvoll ist oder nicht – und jemals der Umwelt guttun kann. Aber immerhin hat die Formel E als erste Rennserie das Zertifikat ISO 20121 für umweltfreundliches Eventmanagement.
Am Ende der Pariser Wind- und Wasser-Sause gewinnt der Niederländer Robin Frijns. Am Schutzbügel über seinem Cockpit steht der Spruch: „Race against climate change“. Rasen gegen Klimawandel? Klingt paradox, ist aber ernst gemeint. Die Formel E hat sich tatsächlich dem Umweltschutz verschrieben. Nun kann man darüber streiten, ob Autorennsport sinnvoll ist oder nicht – und jemals der Umwelt guttun kann. Aber immerhin hat die Formel E als erste Rennserie das Zertifikat ISO 20121 für umweltfreundliches Eventmanagement.
Und Audi-Pilot Lucas di Grassi ist der UN-Botschafter für saubere Luft. Man muss die Formel-E-Fahrer nicht kennen. Die Piloten sind oft eher zweite Klasse. Junge, unerfahrene Talente. Oder ältere Fahrer wie der Brasilianer di Grassi, der in der Formel 1 ausgemustert wurde.
Und Audi-Pilot Lucas di Grassi ist der UN-Botschafter für saubere Luft. Man muss die Formel-E-Fahrer nicht kennen. Die Piloten sind oft eher zweite Klasse. Junge, unerfahrene Talente. Oder ältere Fahrer wie der Brasilianer di Grassi, der in der Formel 1 ausgemustert wurde.
Noch hat die Formel 1 viel mehr Zuschauer, noch würde jeder Formel- E-Fahrer sofort in die Königsklasse wechseln, sobald er ein Angebot hätte. Doch die Formel E wächst und bietet ein Kontrastprogramm zur Formel 1. Leiser, langsamer, unspektakulärer. Dafür nachhaltiger und familienfreundlicher. Und vor allem: mitten in der Stadt. Den Eiffelturm im Hintergrund, die Skyline von New York, den Fernsehturm von Shanghai, das Kolosseum in Rom, das alles kann die Formel 1 nicht bieten. Das könnte die Formel der Zukunft sein.
Noch hat die Formel 1 viel mehr Zuschauer, noch würde jeder Formel- E-Fahrer sofort in die Königsklasse wechseln, sobald er ein Angebot hätte. Doch die Formel E wächst und bietet ein Kontrastprogramm zur Formel 1. Leiser, langsamer, unspektakulärer. Dafür nachhaltiger und familienfreundlicher. Und vor allem: mitten in der Stadt. Den Eiffelturm im Hintergrund, die Skyline von New York, den Fernsehturm von Shanghai, das Kolosseum in Rom, das alles kann die Formel 1 nicht bieten. Das könnte die Formel der Zukunft sein.
Jedenfalls fahren in der kommenden Saison erstmals die Rennsport-Riesen Porsche und Mercedes mit. Sie messen sich künftig mit anderen namhaften Herstellern wie BMW, Audi, Jaguar, DS, Nissan und Exoten wie dem indischen Konzern Mahindra und dem chinesischen Start-up Nio. Die Autos fahren Tempo 280, beschleunigen von 0 auf 100 km/h in 2,8 Sekunden. Zum Vergleich: Die Formel- 1-Boliden schaffen 2,6 Sekunden, verbrennen aber auf 100 Kilometern auch 50 Liter Treibstoff. Die Lithium-Ionen-Batterien der E-Flitzer werden geladen mit Glycerin, einer neuartigen Substanz, die aus Meeresalgen gewonnen wird.
Die Formel E ist quasi das Bioprodukt im Rennsport-Regal. Die Fans fahren nicht mit tiefergelegten, röhrenden Sportwagen vor. Sie kommen mit der U-Bahn, mit dem Fahrrad oder gleich zu Fuß. Und sie müssen nicht wie bei der Formel 1 um das Gehör der Kinder fürchten, wenn ein Rennauto vorbeirast. Stattdessen können sie sich unterhalten.
Jedenfalls fahren in der kommenden Saison erstmals die Rennsport-Riesen Porsche und Mercedes mit. Sie messen sich künftig mit anderen namhaften Herstellern wie BMW, Audi, Jaguar, DS, Nissan und Exoten wie dem indischen Konzern Mahindra und dem chinesischen Start-up Nio. Die Autos fahren Tempo 280, beschleunigen von 0 auf 100 km/h in 2,8 Sekunden. Zum Vergleich: Die Formel- 1-Boliden schaffen 2,6 Sekunden, verbrennen aber auf 100 Kilometern auch 50 Liter Treibstoff. Die Lithium-Ionen-Batterien der E-Flitzer werden geladen mit Glycerin, einer neuartigen Substanz, die aus Meeresalgen gewonnen wird.
Die Formel E ist quasi das Bioprodukt im Rennsport-Regal. Die Fans fahren nicht mit tiefergelegten, röhrenden Sportwagen vor. Sie kommen mit der U-Bahn, mit dem Fahrrad oder gleich zu Fuß. Und sie müssen nicht wie bei der Formel 1 um das Gehör der Kinder fürchten, wenn ein Rennauto vorbeirast. Stattdessen können sie sich unterhalten.
Für Gesprächsstoff sorgt Alejandro Agag, der Erfinder und Chef der Formel E, reichlich. Der Spanier mit dem aufgeknöpften Hemdkragen, in dem die Sonnenbrille steckt, lockt zu jedem Rennen einen anderen Star an, um diesen dann im surrenden Flitzer über die Rennpiste zu kurven.
Für Gesprächsstoff sorgt Alejandro Agag, der Erfinder und Chef der Formel E, reichlich. Der Spanier mit dem aufgeknöpften Hemdkragen, in dem die Sonnenbrille steckt, lockt zu jedem Rennen einen anderen Star an, um diesen dann im surrenden Flitzer über die Rennpiste zu kurven.
In Monaco saß Supermodel Naomi Campbell auf seinem Beifahrersitz und tat ihm den Gefallen, in jeder Kurve zu kreischen.
In Monaco saß Supermodel Naomi Campbell auf seinem Beifahrersitz und tat ihm den Gefallen, in jeder Kurve zu kreischen.
Als noch die Sonne scheint auf dem Pariser Boulevard des Invalides, schlendert Agag mit Hollywood-Schauspielerin Diane Kruger über die Ziellinie. Sie nimmt Platz auf der Motorhaube eines batteriebetriebenen BMW i8. Pressefotos mit Sonnenbrille. Die Flügeltüren stehen offen, die Schriftzüge der Sponsoren sind bestens zu sehen, im Hintergrund die goldene Kuppel des Invalidendoms, was für ein perfektes Werbefoto für das Produkt Formel E.
Ja, darum geht es hier: Werbung für Elektro-Fahrzeuge. Jedes Autorennen dreht sich darum, einen Sieg für eine Marke einzufahren. Win on Sunday, sell on Monday – der Spruch aus dem Verbrenner-Motorsport gilt auch bei den Elektro-Racern. „Wir wollen zeigen, dass E-Mobilität emotional, spannend, dynamisch ist“, tönt Alejandro Agag. „Und nicht spaßfrei.“ Und weil die Formel E auf den Sportseiten allenfalls die Randspalten füllt, ist das Kruger-Foto für die Klatschpresse so wichtig.
Als noch die Sonne scheint auf dem Pariser Boulevard des Invalides, schlendert Agag mit Hollywood-Schauspielerin Diane Kruger über die Ziellinie. Sie nimmt Platz auf der Motorhaube eines batteriebetriebenen BMW i8. Pressefotos mit Sonnenbrille. Die Flügeltüren stehen offen, die Schriftzüge der Sponsoren sind bestens zu sehen, im Hintergrund die goldene Kuppel des Invalidendoms, was für ein perfektes Werbefoto für das Produkt Formel E.
Ja, darum geht es hier: Werbung für Elektro-Fahrzeuge. Jedes Autorennen dreht sich darum, einen Sieg für eine Marke einzufahren. Win on Sunday, sell on Monday – der Spruch aus dem Verbrenner-Motorsport gilt auch bei den Elektro-Racern. „Wir wollen zeigen, dass E-Mobilität emotional, spannend, dynamisch ist“, tönt Alejandro Agag. „Und nicht spaßfrei.“ Und weil die Formel E auf den Sportseiten allenfalls die Randspalten füllt, ist das Kruger-Foto für die Klatschpresse so wichtig.
Am vergangenen Samstag in Berlin dreht Smudo von der Hip-Hop-Band Die Fantastischen Vier eine Testrunde in Tempelhof. Einige Tausend Zuschauer sind auf das ehemalige Flughafenareal gekommen, um sich die Flüster-Flitzer anzuschauen.
Bester deutscher Fahrer wird Daniel Abt aus Kempten, er wird mit seinem Audi-Werkswagen Sechster. Nach dem Rennen wirbt er für seine Serie: „Das Format ist frecher und kürzer und funktioniert viel besser, um junge Zuschauer anzusprechen.“ Die Formel 1 werde zwar auf absehbare Zeit „die Königsklasse“ bleiben. „Aber sie muss sich schon mehr Gedanken machen, wie man junge Leute erreicht.“ Noch lebe sie von den großen Namen und den älteren Zuschauern. „Aber wenn man sieht, wie sich die Interessen der Jüngeren entwickeln, dann glaube ich nicht, dass sie so bleiben kann wie heute.“ Die Formel E dagegen werde wegen ihres urbanen „Festival-Charakters“ bald „viel mehr Mainstream“ sein als heute.