Erzfreunde
Am meisten fürchtet er die Hunde. Wenn er in der Dunkelheit ihr Hecheln und Bellen hört, die schweren Schritte der Wachleute, rennt Michel los. In der einen Hand Hammer und Meißel, in der anderen, fest umklammert, seine Beute, einen Sack mit Steinbrocken. Aber die Steine sind es wert, dafür gejagt zu werden.
Der Mann, der nur Michel genannt werden will, 41 Jahre, hohe Wangenknochen, die Augen rot von der staubigen Luft, sitzt in seinem Wohnzimmer in Kapata, einer alten Minenarbeiter-Siedlung im Süden der Demokratischen Republik Kongo. Neben den zerfurchten Sandpisten, die einmal Straßen waren, türmt sich der Müll, von den Hauswänden blättert der Putz. Michels schwielige Finger greifen einen Steinbrocken aus einer Plastiktüte, er reibt den Dreck weg, unter der Sandschicht schimmert es grün. „Shaba“, sagt er in seiner Sprache Swahili, das Wort für Kupfer. Die grüne Farbe verrät, dass der Stein davon geradezu strotzt.
Dann zieht er einen zweiten Brocken aus der Plastiktüte, grauschwarz schimmernd: Heterogenit, reich an Kobalt, einem viel selteneren Metall. "Heiß begehrt und teuer auf dem Weltmarkt", sagt Michel.
Um nach diesen Stoffen zu graben, dringt Michel verbotenerweise immer wieder auf das Minengelände in seiner Nachbarschaft vor. Es gehört mehrheitlich einem der weltweit größten Akteure auf dem Rohstoffmarkt, dem Schweizer Konzern Glencore. „Was sollen wir sonst tun?“, fragt Michel. "Wir haben keine andere Wahl, wenn wir überleben wollen."