Wasser

Lebenselixier

Woher die Sehnsucht nach dem Meer stammt, wonach Wasser eigentlich schmeckt – und wie man merkt, dass man genug davon getrunken hat.

15. Mai 2025 | Lesezeit: 4 Min.


Belebt

Wasser ist die Grundlage des Lebens. Der Körper eines erwachsenen Menschen besteht zu etwa 60 Prozent daraus, es ist das Lösungsmittel, in dem biochemische Reaktionen ablaufen. Ohne Wasser keine Zellen, kein Stoffwechsel, keine Evolution: Die frühesten Lebensformen gediehen in der wässrigen Ursuppe, die ersten Wirbeltiere entwickelten sich aus fischähnlichen Vorfahren. Berühmte Denker und Dichter wie Jean Paul, Rainer Maria Rilke oder C. G. Jung sehen im tiefen, unendlich weiten Meer eine Projektionsfläche für die Seele und das Unterbewusste und führen die Sehnsucht danach teils auch auf die Herkunft des Menschen aus dem Wasser zurück. In so gut wie allen Schöpfungsmythen und Religionen hat Wasser eine zentrale Bedeutung: In der Bibel steht es für den Urzustand vor der Genesis  genauso wie für Reinigung und Erneuerung (Taufe) oder Zerstörung (Sintflut) – ähnliche Erzählungen fanden und finden sich weltweit, in Mesopotamien, bei den alten Griechen und Ägyptern, im Hinduismus oder dem Shintoismus in Japan. Ohne Wasser keine Kultur: Sesshaftigkeit, Landwirtschaft und frühe Handelswege hängen daran.

Macht schön

Einfach trinken, wann man Durst hat? Dann ist es vielleicht schon zu spät. Bei Stress in der Arbeit oder bei sportlichen Wettkämpfen unterdrückt der Körper seine Bedürfnisse. Dann merkt man vielleicht nicht gleich, dass man schon etwas dehydriert ist – also müde wird, schwach und unkonzentriert. Vor einem längeren Meeting zu trinken, hilft, um bei der Sache zu bleiben. Wasser ist außerdem gut für die Haut, für den Stoffwechsel und die Verdauung. Prominente Wassertrinkerinnen sorgen schon am frühen Morgen für einen anständigen Pegel: Zendaya oder Jennifer Lopez schwören genauso auf genügend Flüssigkeitszufuhr wie Cameron Diaz, die dafür wirbt, schon abends eine Flasche Wasser bereitzustellen, um sie direkt nach dem Aufstehen zu leeren. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Erwachsenen, 1,5 bis zwei Liter pro Tag zu trinken. Als Faustregel gilt: Je heller der Urin, desto besser die Hydration. Doch es kann auch zu viel des Guten werden. In Frankfurt starb 2015 der Teilnehmer eines Triathlons, weil er vor dem Start bei über 30 Grad Celsius fünf Liter Wasser trank und sein Blut damit so stark verdünnte, dass er Herzrhythmusstörungen bekam. Umgangssprachlich ist dann von „Wasservergiftung“ die Rede, medizinisch von Hyponatriämie, das bedeutet, es ist zu wenig Natrium im Blut. Zur Vorbeugung hilft Salz. Ein Tütchen davon passt in jede Running Shorts.

Schmeckt

Schmeckt Wasser nicht total nach – nichts? Keineswegs, wenn man Wassersommeliers zuhört, die sich dem farblosen Getränk mit ähnlich nerdiger Attitüde widmen wie Wein. Da wird schon mal etwas Komplexes, Gipsiges herausgeschmeckt oder ein Hauch Bittersüße, ist von Steinigem, Metallischem die Rede oder von trockenem Mundgefühl. Konkret geht es um die Mineralienkonzentration, den Salzgehalt und die Menge der Kohlensäure. Die Wahl des richtigen Wassers, in teuren Restaurants gerne anhand einer umfangreichen Wasserkarte, soll ja nicht nur etwas hermachen, sondern den Geschmack dessen verstärken, was auf den Tisch kommt. Beim Essen: stilles Wasser zu Fisch und Gemüse, sprudelndes passt besser zu Deftigem. Als Begleitung zum Wein: Je mehr Restsüße er hat, desto mehr Kohlensäure kann das Wasser vertragen, zu Rotwein nur stilles Wasser, wegen der Gerbstoffe. Und beim Glas Wasser zum Espresso gilt: Der Kaffee schmeckt säuerlich bei niedrig mineralisiertem Wasser und harmonisch bei Wasser mit mittlerem Gehalt an Mineralien.

Kostet

Wasser ist ein Mittel der Distinktion, auch in der Literatur. Bei Heinrich Böll und Haruki Murakami sind Wassertrinker melancholische Andersdenkende. In F. Scott Fitzgeralds „Großem Gatsby“ trinken die Reichen teures Wasser zu ihren Cocktails, um ihren luxuriösen Lebensstil zu unterstreichen. Die Verfügbarkeit von gekühltem Perrier in den Cafés Nordafrikas stellt in Paul Bowles „Himmel über der Wüste“ eine letzte Verbindung zur Zivilisation her. Laut Vereinten Nationen hat ein Viertel der Weltbevölkerung keinen sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser. Menschen in reichen Nationen dagegen konsumieren Luxus-Wässer, mit Gold versetzt oder aus Flaschen voller Swarovski-Kristalle (Bling H₂O, Fillico), und Gletscher- und Eisbergwasser für teils Tausende Euro pro Liter (10 Thousand BC, Svalbarði). Saftig langen auch die Wirte auf dem Oktoberfest zu: Ein Liter Tafelwasser, vulgo aufbereitetes Leitungswasser, kostete im vergangenen Jahr im Schnitt 10,48 Euro. Münchner Leitungswasser kostet 1,86 Euro – pro Kubikmeter, also 1000 Liter. Das heißt, auf der Wiesn ist Wasser 5634 Mal teurer als zu Hause. Das ist in etwa so, als würde ein Croissant bei einem Bäcker 1,86 Euro kosten und bei einem anderen 10 480 Euro. Der Fairness halber muss man sagen, dass es Trinkbrunnen auf der Wiesn gibt, an denen Gäste gratis Wasser zapfen können.

Zischt

Mineralwasser stammt aus unterirdischen Quellen und enthält von Natur aus gelöste Mineralstoffe. Auch Leitungswasser enthält diese Substanzen, wenn auch meist in geringerer Menge. Die Qualität von Leitungswasser wird in Deutschland strenger kontrolliert als Mineralwasser – es zu trinken, ist viel günstiger, umweltfreundlicher und schont, was das Schleppen angeht, den Rücken. Wer es gerne spritzig hat, peppt das Wasser aus dem Hahn mit Sprudelgeräten auf. Die waren früher durchweg hässlich, bestanden aus Kunststoff und kamen mit Flaschen, die man sich nur ungern auf den Esstisch stellen wollte. Heute gehen viele Sprudler als Schmuckstücke in der Küche durch, zum Beispiel die minimalistischen Metallskulpturen des schwedischen Herstellers Aarke. Zu dessen modernen Klassikern Carbonator 3 und Carbonator Pro gibt es neuerdings Edelstahlflaschen für unterwegs, die sich direkt am Sprudler einschrauben und in der Spülmaschine reinigen lassen.

Wasser

Lebenselixier

Woher die Sehnsucht nach dem Meer stammt, wonach Wasser eigentlich schmeckt – und wie man merkt, dass man genug davon getrunken hat.


Belebt

Wasser ist die Grundlage des Lebens. Der Körper eines erwachsenen Menschen besteht zu etwa 60 Prozent daraus, es ist das Lösungsmittel, in dem biochemische Reaktionen ablaufen. Ohne Wasser keine Zellen, kein Stoffwechsel, keine Evolution: Die frühesten Lebensformen gediehen in der wässrigen Ursuppe, die ersten Wirbeltiere entwickelten sich aus fischähnlichen Vorfahren. Berühmte Denker und Dichter wie Jean Paul, Rainer Maria Rilke oder C. G. Jung sehen im tiefen, unendlich weiten Meer eine Projektionsfläche für die Seele und das Unterbewusste und führen die Sehnsucht danach teils auch auf die Herkunft des Menschen aus dem Wasser zurück. In so gut wie allen Schöpfungsmythen und Religionen hat Wasser eine zentrale Bedeutung: In der Bibel steht es für den Urzustand vor der Genesis  genauso wie für Reinigung und Erneuerung (Taufe) oder Zerstörung (Sintflut) – ähnliche Erzählungen fanden und finden sich weltweit, in Mesopotamien, bei den alten Griechen und Ägyptern, im Hinduismus oder dem Shintoismus in Japan. Ohne Wasser keine Kultur: Sesshaftigkeit, Landwirtschaft und frühe Handelswege hängen daran.

Macht schön

Einfach trinken, wann man Durst hat? Dann ist es vielleicht schon zu spät. Bei Stress in der Arbeit oder bei sportlichen Wettkämpfen unterdrückt der Körper seine Bedürfnisse. Dann merkt man vielleicht nicht gleich, dass man schon etwas dehydriert ist – also müde wird, schwach und unkonzentriert. Vor einem längeren Meeting zu trinken, hilft, um bei der Sache zu bleiben. Wasser ist außerdem gut für die Haut, für den Stoffwechsel und die Verdauung. Prominente Wassertrinkerinnen sorgen schon am frühen Morgen für einen anständigen Pegel: Zendaya oder Jennifer Lopez schwören genauso auf genügend Flüssigkeitszufuhr wie Cameron Diaz, die dafür wirbt, schon abends eine Flasche Wasser bereitzustellen, um sie direkt nach dem Aufstehen zu leeren. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Erwachsenen, 1,5 bis zwei Liter pro Tag zu trinken. Als Faustregel gilt: Je heller der Urin, desto besser die Hydration. Doch es kann auch zu viel des Guten werden. In Frankfurt starb 2015 der Teilnehmer eines Triathlons, weil er vor dem Start bei über 30 Grad Celsius fünf Liter Wasser trank und sein Blut damit so stark verdünnte, dass er Herzrhythmusstörungen bekam. Umgangssprachlich ist dann von „Wasservergiftung“ die Rede, medizinisch von Hyponatriämie, das bedeutet, es ist zu wenig Natrium im Blut. Zur Vorbeugung hilft Salz. Ein Tütchen davon passt in jede Running Shorts.

Schmeckt

Schmeckt Wasser nicht total nach – nichts? Keineswegs, wenn man Wassersommeliers zuhört, die sich dem farblosen Getränk mit ähnlich nerdiger Attitüde widmen wie Wein. Da wird schon mal etwas Komplexes, Gipsiges herausgeschmeckt oder ein Hauch Bittersüße, ist von Steinigem, Metallischem die Rede oder von trockenem Mundgefühl. Konkret geht es um die Mineralienkonzentration, den Salzgehalt und die Menge der Kohlensäure. Die Wahl des richtigen Wassers, in teuren Restaurants gerne anhand einer umfangreichen Wasserkarte, soll ja nicht nur etwas hermachen, sondern den Geschmack dessen verstärken, was auf den Tisch kommt. Beim Essen: stilles Wasser zu Fisch und Gemüse, sprudelndes passt besser zu Deftigem. Als Begleitung zum Wein: Je mehr Restsüße er hat, desto mehr Kohlensäure kann das Wasser vertragen, zu Rotwein nur stilles Wasser, wegen der Gerbstoffe. Und beim Glas Wasser zum Espresso gilt: Der Kaffee schmeckt säuerlich bei niedrig mineralisiertem Wasser und harmonisch bei Wasser mit mittlerem Gehalt an Mineralien.

Kostet

Wasser ist ein Mittel der Distinktion, auch in der Literatur. Bei Heinrich Böll und Haruki Murakami sind Wassertrinker melancholische Andersdenkende. In F. Scott Fitzgeralds „Großem Gatsby“ trinken die Reichen teures Wasser zu ihren Cocktails, um ihren luxuriösen Lebensstil zu unterstreichen. Die Verfügbarkeit von gekühltem Perrier in den Cafés Nordafrikas stellt in Paul Bowles „Himmel über der Wüste“ eine letzte Verbindung zur Zivilisation her. Laut Vereinten Nationen hat ein Viertel der Weltbevölkerung keinen sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser. Menschen in reichen Nationen dagegen konsumieren Luxus-Wässer, mit Gold versetzt oder aus Flaschen voller Swarovski-Kristalle (Bling H₂O, Fillico), und Gletscher- und Eisbergwasser für teils Tausende Euro pro Liter (10 Thousand BC, Svalbarði). Saftig langen auch die Wirte auf dem Oktoberfest zu: Ein Liter Tafelwasser, vulgo aufbereitetes Leitungswasser, kostete im vergangenen Jahr im Schnitt 10,48 Euro. Münchner Leitungswasser kostet 1,86 Euro – pro Kubikmeter, also 1000 Liter. Das heißt, auf der Wiesn ist Wasser 5634 Mal teurer als zu Hause. Das ist in etwa so, als würde ein Croissant bei einem Bäcker 1,86 Euro kosten und bei einem anderen 10 480 Euro. Der Fairness halber muss man sagen, dass es Trinkbrunnen auf der Wiesn gibt, an denen Gäste gratis Wasser zapfen können.

Zischt

Mineralwasser stammt aus unterirdischen Quellen und enthält von Natur aus gelöste Mineralstoffe. Auch Leitungswasser enthält diese Substanzen, wenn auch meist in geringerer Menge. Die Qualität von Leitungswasser wird in Deutschland strenger kontrolliert als Mineralwasser – es zu trinken, ist viel günstiger, umweltfreundlicher und schont, was das Schleppen angeht, den Rücken. Wer es gerne spritzig hat, peppt das Wasser aus dem Hahn mit Sprudelgeräten auf. Die waren früher durchweg hässlich, bestanden aus Kunststoff und kamen mit Flaschen, die man sich nur ungern auf den Esstisch stellen wollte. Heute gehen viele Sprudler als Schmuckstücke in der Küche durch, zum Beispiel die minimalistischen Metallskulpturen des schwedischen Herstellers Aarke. Zu dessen modernen Klassikern Carbonator 3 und Carbonator Pro gibt es neuerdings Edelstahlflaschen für unterwegs, die sich direkt am Sprudler einschrauben und in der Spülmaschine reinigen lassen.

Text: Jochen Temsch; Fotocredits: Getty (Video); (1): Imago Novellimage Westend61; (2): Nastco Getty Images iStockphoto; (3): Imago Cavan Images; (4): Aarke; Digitales Storytelling: Jochen Temsch

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