




Picknick
Am grünen Tisch
Ein Picknick ist die schönste Art, im Freien zu essen. Über die Vorlieben von Queen Victoria, die besten Picknick-Accessoires und einen Pariser Skandal.
Vergnüglich
Wenn man unter Picknick schlicht ein Essen im Freien versteht, lässt sich die Linie bis in die Antike zurückverfolgen. Römische Gastmähler fanden auch unter offenem Himmel statt, und was die arbeitende Bevölkerung betrifft, so war es über die Jahrhunderte Bauern oder einfachen Handwerkern sowieso nicht anders möglich, als sich auf dem Feld oder am Wegesrand zu stärken. Das Picknick als inszeniertes Amüsement war wohl eine Erfindung des französischen Adels, das Wort wird auf eine Zusammensetzung der Begriffe piquer (aufpicken) und nique, also eine Kleinigkeit, zurückgeführt. Queen Victoria war leidenschaftliche Picknickerin und hat die Mode in England populär gemacht. Über die Frühform existieren in der Kulturgeschichte verschiedene Theorien: Ging es darum, auf Decken im Grünen zu speisen, oder stand der Gedanke einer Gemeinschaftstafel, zu der jeder Gast einen Teil beiträgt, im Vordergrund? Beides zusammenzuführen, ist bis heute das Schöne am Picknick: Man isst in netter Gesellschaft und lässt die vertrauten vier Wände, das gesittete Sitzen am Tisch für ein paar Stunden hinter sich. Ein kleiner Ausbruch aus der Gewohnheit, der in Edouard Manets „Le Déjeuner sur l’herbe“ zum Skandal wurde. Das Gemälde erregte 1863 Anstoß, weil zwischen bekleideten Männern eine nackte Frau sitzt, die noch dazu den Betrachter provozierend direkt ansieht. Heute ist es eines der bekanntesten Manet-Werke und das berühmteste Picknick-Bild – man möchte sofort, noch für heute Abend, den Korb packen und losziehen.
Sinnlich
Warum schmeckt draußen eigentlich alles besser? Ist es die Bewegung an der frischen Luft, die Appetit macht? Das Gemeinschaftserlebnis mit Freunden oder Familie, bei dem man aufmerksamer isst als zu Hause vor dem Laptop? „Essen ist draußen ein sehr viel sinnlicheres Erlebnis“, sagte der Ernährungssoziologe Daniel Kofahl kürzlich in einem Interview. Man ist umgeben von Geräuschen und Gerüchen aus der Natur und isst oft mit den Händen statt mit Messer und Gabel. Picknick, das bedeute, „ein bisschen rauszukommen aus den strengen Regeln, denen man beim Drinnen-Essen irgendwie unterworfen ist“. Ein schneller Picknick-Klassiker ist Hummus, zum Beispiel mit Avocado. Dafür eine Dose Kichererbsen abgießen und mit mit einer Avocado, etwas gehacktem Knoblauch, 1 EL Tahini, Limettensaft und Wasser pürieren. Etwas Olivenöl unterrühren und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Der perfekte Allrounder zum Dippen, ob zu Gemüse, Grissini oder Weißbrot.
Gepolstert
Die Organisation English Heritage, die Parks und Bauwerke verwaltet, empfiehlt als Ort für ein Picknick im viktorianischen Stil unter anderem Osborne House, den imposanten Landsitz von Königin Victoria auf der Isle of Wight. Serviert wurden damals wahrscheinlich, so empfiehlt es jedenfalls Isabella Beetons Klassiker „Book of Household Management“ von 1861, Roastbeef, Hühnerbraten, Schinken und Pasteten, Sandwiches, Obsttorten, Käsekuchen und natürlich Tee. So viel Platz ist auf den meisten Picknickdecken von heute nicht. Sie sollen ja auch keine Unterlage für ein Art Galadinner im Freien bilden, sondern bequem, wasserdicht und leicht zu tragen sein – und im besten Fall auch hübsch aussehen, wie das gestreifte Modell von Nemo (nemoequipment.com).
Kribbelig
Beim Picknick ist man leider selten allein, es können die Nachbarn auf der Lieblingswiese sein mit unüberhörbarer Vorliebe für Deutschrap. Oder das große Krabbeln auf der Decke: Ameisen, Fliegen, Wespen, oft ist es das reine Kommen und Gehen zwischen Baguettebröseln und der Schale mit Nudelsalat. Das ist lästig, aber wirklich effektive Mittel gegen Insekten gibt es nun mal nicht beim Essen im Freien, wenn man von einem Dauernebel aus giftigem Mückenspray absieht. Am ehesten hilft eine Falle, die aus einem nicht zu weit abseits platzierten Becher mit Zuckerwasser besteht, andere schwören auf frische Zitronenschale, die rund um den Lagerplatz ausgestreut wird. Oder man nimmt es mit Humor und serviert das Picknick auf Geschirr mit Ameisenmuster (von Johanna Hitzler Porzellan).
Cool
Luxus-Picknickkörbe aus Weidengeflecht, ausgestattet mit Kristallgläsern und Porzellan, machen sicher Eindruck, aber eigentlich sind sie viel zu überkandidelt für ein Picknick. Die schönsten sind oft die ganz spontanen, bei denen man improvisiert, schnell etwas Käse und Oliven kauft, sich in die Sonne setzt und direkt aus der Packung isst. Wein aus Pappbechern? Passt dazu wunderbar. Gegen Planung spricht natürlich nichts, für Getränke und Salate ist eine Kühltasche praktisch – nur sind schöne Modelle leider rar. Eine Ausnahme ist die Light Cooler Bag der australischen Firma Sunnylife, die zwar leicht ist, aber Speisen und Getränke bis zu drei Stunden lang kalt (oder warm) hält. Erfahrene Picknicker legen Kühlakkus (zur Not tun es auch PET-Flaschen, die man nicht ganz mit Wasser füllt und einfriert) dazu. Und wer sich fragt, ob man nicht viel zu viel Proviant eingepackt hat: Ein volle Kühltasche hält länger kalt als eine halb leere mit viel Freiraum.

Picknick
Am grünen Tisch

Ein Picknick ist die schönste Art, im Freien zu essen. Über die Vorlieben von Queen Victoria, die besten Picknick-Accessoires und einen Pariser Skandal.

Vergnüglich
Wenn man unter Picknick schlicht ein Essen im Freien versteht, lässt sich die Linie bis in die Antike zurückverfolgen. Römische Gastmähler fanden auch unter offenem Himmel statt, und was die arbeitende Bevölkerung betrifft, so war es über die Jahrhunderte Bauern oder einfachen Handwerkern sowieso nicht anders möglich, als sich auf dem Feld oder am Wegesrand zu stärken. Das Picknick als inszeniertes Amüsement war wohl eine Erfindung des französischen Adels, das Wort wird auf eine Zusammensetzung der Begriffe piquer (aufpicken) und nique, also eine Kleinigkeit, zurückgeführt. Queen Victoria war leidenschaftliche Picknickerin und hat die Mode in England populär gemacht. Über die Frühform existieren in der Kulturgeschichte verschiedene Theorien: Ging es darum, auf Decken im Grünen zu speisen, oder stand der Gedanke einer Gemeinschaftstafel, zu der jeder Gast einen Teil beiträgt, im Vordergrund? Beides zusammenzuführen, ist bis heute das Schöne am Picknick: Man isst in netter Gesellschaft und lässt die vertrauten vier Wände, das gesittete Sitzen am Tisch für ein paar Stunden hinter sich. Ein kleiner Ausbruch aus der Gewohnheit, der in Edouard Manets „Le Déjeuner sur l’herbe“ zum Skandal wurde. Das Gemälde erregte 1863 Anstoß, weil zwischen bekleideten Männern eine nackte Frau sitzt, die noch dazu den Betrachter provozierend direkt ansieht. Heute ist es eines der bekanntesten Manet-Werke und das berühmteste Picknick-Bild – man möchte sofort, noch für heute Abend, den Korb packen und losziehen.

Sinnlich
Warum schmeckt draußen eigentlich alles besser? Ist es die Bewegung an der frischen Luft, die Appetit macht? Das Gemeinschaftserlebnis mit Freunden oder Familie, bei dem man aufmerksamer isst als zu Hause vor dem Laptop? „Essen ist draußen ein sehr viel sinnlicheres Erlebnis“, sagte der Ernährungssoziologe Daniel Kofahl kürzlich in einem Interview. Man ist umgeben von Geräuschen und Gerüchen aus der Natur und isst oft mit den Händen statt mit Messer und Gabel. Picknick, das bedeute, „ein bisschen rauszukommen aus den strengen Regeln, denen man beim Drinnen-Essen irgendwie unterworfen ist“. Ein schneller Picknick-Klassiker ist Hummus, zum Beispiel mit Avocado. Dafür eine Dose Kichererbsen abgießen und mit mit einer Avocado, etwas gehacktem Knoblauch, 1 EL Tahini, Limettensaft und Wasser pürieren. Etwas Olivenöl unterrühren und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Der perfekte Allrounder zum Dippen, ob zu Gemüse, Grissini oder Weißbrot.

Gepolstert
Die Organisation English Heritage, die Parks und Bauwerke verwaltet, empfiehlt als Ort für ein Picknick im viktorianischen Stil unter anderem Osborne House, den imposanten Landsitz von Königin Victoria auf der Isle of Wight. Serviert wurden damals wahrscheinlich, so empfiehlt es jedenfalls Isabella Beetons Klassiker „Book of Household Management“ von 1861, Roastbeef, Hühnerbraten, Schinken und Pasteten, Sandwiches, Obsttorten, Käsekuchen und natürlich Tee. So viel Platz ist auf den meisten Picknickdecken von heute nicht. Sie sollen ja auch keine Unterlage für ein Art Galadinner im Freien bilden, sondern bequem, wasserdicht und leicht zu tragen sein – und im besten Fall auch hübsch aussehen, wie das gestreifte Modell von Nemo (nemoequipment.com).

Kribbelig
Beim Picknick ist man leider selten allein, es können die Nachbarn auf der Lieblingswiese sein mit unüberhörbarer Vorliebe für Deutschrap. Oder das große Krabbeln auf der Decke: Ameisen, Fliegen, Wespen, oft ist es das reine Kommen und Gehen zwischen Baguettebröseln und der Schale mit Nudelsalat. Das ist lästig, aber wirklich effektive Mittel gegen Insekten gibt es nun mal nicht beim Essen im Freien, wenn man von einem Dauernebel aus giftigem Mückenspray absieht. Am ehesten hilft eine Falle, die aus einem nicht zu weit abseits platzierten Becher mit Zuckerwasser besteht, andere schwören auf frische Zitronenschale, die rund um den Lagerplatz ausgestreut wird. Oder man nimmt es mit Humor und serviert das Picknick auf Geschirr mit Ameisenmuster (von Johanna Hitzler Porzellan).

Cool
Luxus-Picknickkörbe aus Weidengeflecht, ausgestattet mit Kristallgläsern und Porzellan, machen sicher Eindruck, aber eigentlich sind sie viel zu überkandidelt für ein Picknick. Die schönsten sind oft die ganz spontanen, bei denen man improvisiert, schnell etwas Käse und Oliven kauft, sich in die Sonne setzt und direkt aus der Packung isst. Wein aus Pappbechern? Passt dazu wunderbar. Gegen Planung spricht natürlich nichts, für Getränke und Salate ist eine Kühltasche praktisch – nur sind schöne Modelle leider rar. Eine Ausnahme ist die Light Cooler Bag der australischen Firma Sunnylife, die zwar leicht ist, aber Speisen und Getränke bis zu drei Stunden lang kalt (oder warm) hält. Erfahrene Picknicker legen Kühlakkus (zur Not tun es auch PET-Flaschen, die man nicht ganz mit Wasser füllt und einfriert) dazu. Und wer sich fragt, ob man nicht viel zu viel Proviant eingepackt hat: Ein volle Kühltasche hält länger kalt als eine halb leere mit viel Freiraum.