Die Zimtschnecke der Weihnachtszeit

Schon wieder 1. Advent? Die Zeit bis Heiligabend wird auch dieses Jahr viel zu schnell vergehen. Zu den schönsten Vorbereitungen gehört: Lebkuchen backen. Über den Duft exotischer Gewürze und ein einfaches Rezept.

29. November 2024 - 4 Min. Lesezeit

Das Rezept

Hänsel und Gretel hatten es leicht. Im Märchen gehen sie in den Wald, finden ein Lebkuchenhaus und naschen davon. Von den hinlänglich bekannten unangenehmen Folgen mal abgesehen: Es gibt einfach keine Lebkuchenhäuser im Wald, wer das Gebäck genießen will, muss es entweder kaufen oder selbst backen. Lebkuchenrezepte gibt es zuhauf, die traditionellen verwenden nur Honig zum Süßen, das macht das Gebäck besonders haltbar – doch sollte es einige Wochen durchziehen. Sofort essen lassen sich diese mehlfreien Lebkuchen: In einer Pfanne oder auf dem Backblech 500 g gemahlene Haselnüsse anrösten und in eine große Schüssel geben. 300 g gehackte Mandeln dazugeben, außerdem je 125 g gehacktes Orangeat und Zitronat (am besten im Obstladen kaufen und selbst zerkleinern). Je nach Geschmack 350 bis 400 g Zucker sowie 3 TL Zimt, 1 TL gemahlene Nelken, 1 bis 2 TL Kardamom und ein halbes Päckchen Backpulver untermischen. Zum Schluss fünf Eier leicht schaumig schlagen und unterrühren. Mit zwei Teelöffeln walnussgroße Häufchen auf Oblaten setzen, die Masse verstreichen, jedoch nicht bis ganz an den Rand der Oblaten. Die Lebkuchen im vorgeheizten Ofen bei etwa 160 Grad (Umluft) backen, je nach Größe dauert das 10 bis 20 Minuten (Stäbchenprobe). Nach Belieben mit Zartbitter-Kuvertüre oder Punschglasur (200 g Puderzucker, 1 EL Zitronensaft, 2 EL Rum und eventuell etwas heißes Wasser) bestreichen. Auf die noch warme Glasur Mandelblättchen setzen. Trocknen lassen und möglichst nicht vor dem 1.Adventssonntag aufessen.

Die Tradition

Wenn das Christkind im weiß-goldenen Kleid den "Christkindlesmarkt" in Nürnberg eröffnet, ist Heiligabend nicht mehr weit – und Menschen aus aller Welt stimmen sich auf dem Hauptmarkt mit Glitzer und Glühwein auf das Fest ein. Die fränkische Stadt ist ein Symbol für German Weihnacht und berühmt für ihre Lebkuchen, was mit dem Reichswald und der langen Geschichte als Geschäftsmetropole zusammenhängt. Der Dichter und Schuhmacher Hans Sachs beschrieb sie im 16. Jahrhundert als einen Ort, an dem ein „großer Theil“ der Bürger „Kaufmannshandel“ mit weit entfernten Ländern treibt, so kamen die Gewürze nach Nürnberg. Und da im nahen Reichswald reichlich Honig gewonnen wurde, blühte die Zunft der Lebzelter oder Lebküchner, deren Mitgliedern es erlaubt war, Produkte der Imkerei zu verarbeiten, also Wachs genauso wie Honig. Was braucht man mehr zur Adventszeit als Kerzen, gewürzten Met und duftende Honigkuchen?

Die Gewürze

Lebte Hippokrates vielleicht von einer Art Lebkuchen? Von dem griechischen Arzt der Antike soll der weise Satz stammen: „Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel sein, und eure Heilmittel sollen eure Nahrungsmittel sein.“ Wenn man bedenkt, welche Fülle von Gewürzen in Lebkuchen steckt – Hippokrates hätte das Gebäck wahrscheinlich als wertvolle Nahrung durchgehen lassen. Die typischen Weihnachtszutaten sind nichts anderes als getrocknete Pflanzenteile wie Blüten, Wurzeln und Rinden, die meisten der Gewächse stammen ursprünglich aus Asien. Anis wird ein antibakterieller Effekt zugeschrieben, Nelken sollen entzündungshemmend sein, Piment wirkt sich positiv auf Magen und Darm aus, Zimt kann den Blutzuckerspiegel regulieren. Und der Duft von Vanille ist, ja, der ist wie Nachhausekommen. Auch im Mittelalter wusste man um die heilende Wirkung von Kräutern und Pflanzenextraken, aber Safran, Zimt und andere Delikatessen waren in Europa lange ein kostbares Gut. Der Transport über Hindukusch und Kaukasus, über Alexandria, Venedig oder später über Portugal verteuerte die Waren erheblich. Und die Kaufleute in Handelszentren wie Nürnberg verdienten gut an Muskat, Pfeffer und Vanille, was ihnen die Bezeichnung „Pfeffersäcke“ einbrachte. Erst im 19. Jahrhundert konnten sich auch weniger Wohlhabende solche Zutaten leisten. Über ihren verfeinernden Effekt auf Gekochtes und Gebackenes sagte der französische Schriftsteller Victor Hugo: „Das Leben ist wie eine Speise, welche uns nur ihrer Gewürze wegen schmeckt.“

Das Haus

Dicke Eiszapfen aus Zucker, Fensterscheiben aus roter Gelatine, essbare Perlen auf dem Dach: Ein selbst gebasteltes Hexenhaus kann ein wahres Schmuckstück sein. Vorschläge und Anleitungen für ein Lebkuchenhaus findet man jede Menge im Netz. Die Architektur mag unterschiedlich sein, das Vorgehen ist immer gleich: Einen festen Lebkuchenteig kneten, nicht zu dünn ausrollen, Dach und Wände sowie die gewünschten Türen und Fenster entlang der Schablonen mit einem scharfen Messer ausschneiden, die Bauteile backen. Danach wird alles mit viel dickflüssigem Guss zusammengeklebt und mit Nüssen, Mandeln oder buntem Zuckerwerk dekoriert. Wer geschickt mit Teig und Spritztülle umgehen kann, hat am Ende ein Unikat neben dem Adventskranz oder auf dem Fensterbrett stehen, was natürlich schöner ist als ein gekauftes Set. Aber es braucht ein bisschen Geduld – und für alle Modelle gilt: Der Lebkuchen lässt sich nach Weihnachten nur noch in heißem Tee aufgeweicht essen.

Der Zauber

Bunte Glaskugeln, Zweige, Sterne, echte oder falsche Kerzen: Es kann gar nicht genug Schönes im Haus sein in der dunklen Jahreszeit. Und auch wenn die Schachteln mit Weihnachtsdeko schon übervoll sind, man entdeckt jedes Jahr wieder Ausgefallenes wie die Schneekugel im Shop des Museum of Modern Art in New York. Romantische Lebkuchenhaus-Kulisse im Inneren, Schnee, der auf Wunsch herabrieselt, dazu die Melodie von „We wish you a Merry Christmas“ - alles auf einmal! Das Lied stammt aus dem 17. Jahrhundert, etwas jüngeren Datums sind Schneekugeln. Eines der ersten Modelle wurde 1878 auf der Pariser Weltausstellung präsentiert. Der Wiener Werkzeugmacher Erwin Perzy ließ kurz darauf seine „Glaskugel mit Schnee-Effekt“ patentieren, wobei der Schnee in dem mit destillierten Wasser gefüllten Gefäß damals aus Grieß bestand. Im Jahr 1900 eröffnete er eine Manufaktur in Wien, die noch heute in Familienbesitz ist.

Die Zimtschnecke der Weihnachtszeit

Schon wieder 1. Advent? Die Zeit bis Heiligabend wird auch dieses Jahr viel zu schnell vergehen. Zu den schönsten Vorbereitungen gehört: Lebkuchen backen. Über den Duft exotischer Gewürze und ein einfaches Rezept.

Das Rezept

Hänsel und Gretel hatten es leicht. Im Märchen gehen sie in den Wald, finden ein Lebkuchenhaus und naschen davon. Von den hinlänglich bekannten unangenehmen Folgen mal abgesehen: Es gibt einfach keine Lebkuchenhäuser im Wald, wer das Gebäck genießen will, muss es entweder kaufen oder selbst backen. Lebkuchenrezepte gibt es zuhauf, die traditionellen verwenden nur Honig zum Süßen, das macht das Gebäck besonders haltbar – doch sollte es einige Wochen durchziehen. Sofort essen lassen sich diese mehlfreien Lebkuchen: In einer Pfanne oder auf dem Backblech 500 g gemahlene Haselnüsse anrösten und in eine große Schüssel geben. 300 g gehackte Mandeln dazugeben, außerdem je 125 g gehacktes Orangeat und Zitronat (am besten im Obstladen kaufen und selbst zerkleinern). Je nach Geschmack 350 bis 400 g Zucker sowie 3 TL Zimt, 1 TL gemahlene Nelken, 1 bis 2 TL Kardamom und ein halbes Päckchen Backpulver untermischen. Zum Schluss fünf Eier leicht schaumig schlagen und unterrühren. Mit zwei Teelöffeln walnussgroße Häufchen auf Oblaten setzen, die Masse verstreichen, jedoch nicht bis ganz an den Rand der Oblaten. Die Lebkuchen im vorgeheizten Ofen bei etwa 160 Grad (Umluft) backen, je nach Größe dauert das 10 bis 20 Minuten (Stäbchenprobe). Nach Belieben mit Zartbitter-Kuvertüre oder Punschglasur (200 g Puderzucker, 1 EL Zitronensaft, 2 EL Rum und eventuell etwas heißes Wasser) bestreichen. Auf die noch warme Glasur Mandelblättchen setzen. Trocknen lassen und möglichst nicht vor dem 1.Adventssonntag aufessen.

Die Tradition

Wenn das Christkind im weiß-goldenen Kleid den "Christkindlesmarkt" in Nürnberg eröffnet, ist Heiligabend nicht mehr weit – und Menschen aus aller Welt stimmen sich auf dem Hauptmarkt mit Glitzer und Glühwein auf das Fest ein. Die fränkische Stadt ist ein Symbol für German Weihnacht und berühmt für ihre Lebkuchen, was mit dem Reichswald und der langen Geschichte als Geschäftsmetropole zusammenhängt. Der Dichter und Schuhmacher Hans Sachs beschrieb sie im 16. Jahrhundert als einen Ort, an dem ein „großer Theil“ der Bürger „Kaufmannshandel“ mit weit entfernten Ländern treibt, so kamen die Gewürze nach Nürnberg. Und da im nahen Reichswald reichlich Honig gewonnen wurde, blühte die Zunft der Lebzelter oder Lebküchner, deren Mitgliedern es erlaubt war, Produkte der Imkerei zu verarbeiten, also Wachs genauso wie Honig. Was braucht man mehr zur Adventszeit als Kerzen, gewürzten Met und duftende Honigkuchen?

Die Gewürze

Lebte Hippokrates vielleicht von einer Art Lebkuchen? Von dem griechischen Arzt der Antike soll der weise Satz stammen: „Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel sein, und eure Heilmittel sollen eure Nahrungsmittel sein.“ Wenn man bedenkt, welche Fülle von Gewürzen in Lebkuchen steckt – Hippokrates hätte das Gebäck wahrscheinlich als wertvolle Nahrung durchgehen lassen. Die typischen Weihnachtszutaten sind nichts anderes als getrocknete Pflanzenteile wie Blüten, Wurzeln und Rinden, die meisten der Gewächse stammen ursprünglich aus Asien. Anis wird ein antibakterieller Effekt zugeschrieben, Nelken sollen entzündungshemmend sein, Piment wirkt sich positiv auf Magen und Darm aus, Zimt kann den Blutzuckerspiegel regulieren. Und der Duft von Vanille ist, ja, der ist wie Nachhausekommen. Auch im Mittelalter wusste man um die heilende Wirkung von Kräutern und Pflanzenextraken, aber Safran, Zimt und andere Delikatessen waren in Europa lange ein kostbares Gut. Der Transport über Hindukusch und Kaukasus, über Alexandria, Venedig oder später über Portugal verteuerte die Waren erheblich. Und die Kaufleute in Handelszentren wie Nürnberg verdienten gut an Muskat, Pfeffer und Vanille, was ihnen die Bezeichnung „Pfeffersäcke“ einbrachte. Erst im 19. Jahrhundert konnten sich auch weniger Wohlhabende solche Zutaten leisten. Über ihren verfeinernden Effekt auf Gekochtes und Gebackenes sagte der französische Schriftsteller Victor Hugo: „Das Leben ist wie eine Speise, welche uns nur ihrer Gewürze wegen schmeckt.“

Das Haus

Dicke Eiszapfen aus Zucker, Fensterscheiben aus roter Gelatine, essbare Perlen auf dem Dach: Ein selbst gebasteltes Hexenhaus kann ein wahres Schmuckstück sein. Vorschläge und Anleitungen für ein Lebkuchenhaus findet man jede Menge im Netz. Die Architektur mag unterschiedlich sein, das Vorgehen ist immer gleich: Einen festen Lebkuchenteig kneten, nicht zu dünn ausrollen, Dach und Wände sowie die gewünschten Türen und Fenster entlang der Schablonen mit einem scharfen Messer ausschneiden, die Bauteile backen. Danach wird alles mit viel dickflüssigem Guss zusammengeklebt und mit Nüssen, Mandeln oder buntem Zuckerwerk dekoriert. Wer geschickt mit Teig und Spritztülle umgehen kann, hat am Ende ein Unikat neben dem Adventskranz oder auf dem Fensterbrett stehen, was natürlich schöner ist als ein gekauftes Set. Aber es braucht ein bisschen Geduld – und für alle Modelle gilt: Der Lebkuchen lässt sich nach Weihnachten nur noch in heißem Tee aufgeweicht essen.

Der Zauber

Bunte Glaskugeln, Zweige, Sterne, echte oder falsche Kerzen: Es kann gar nicht genug Schönes im Haus sein in der dunklen Jahreszeit. Und auch wenn die Schachteln mit Weihnachtsdeko schon übervoll sind, man entdeckt jedes Jahr wieder Ausgefallenes wie die Schneekugel im Shop des Museum of Modern Art in New York. Romantische Lebkuchenhaus-Kulisse im Inneren, Schnee, der auf Wunsch herabrieselt, dazu die Melodie von „We wish you a Merry Christmas“ - alles auf einmal! Das Lied stammt aus dem 17. Jahrhundert, etwas jüngeren Datums sind Schneekugeln. Eines der ersten Modelle wurde 1878 auf der Pariser Weltausstellung präsentiert. Der Wiener Werkzeugmacher Erwin Perzy ließ kurz darauf seine „Glaskugel mit Schnee-Effekt“ patentieren, wobei der Schnee in dem mit destillierten Wasser gefüllten Gefäß damals aus Grieß bestand. Im Jahr 1900 eröffnete er eine Manufaktur in Wien, die noch heute in Familienbesitz ist.
Text: Johanna Pfund; Digitales Storytelling: Stefanie Bende

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