Läuft!

In den Städten finden jetzt wieder die großen Marathons statt. Aber es muss nicht immer die lange Distanz sein. Schon wenige Minuten Joggen am Tag halten fit. Wie der Einstieg mit wenig Aufwand gelingt, worauf es bei Schuhen ankommt und was Laufen mit dem Fliegen zu tun hat.

9. Oktober 2025 | Lesezeit: 4 Min.

Fliegen lernen

Wer läuft, schwebt. Bei jedem Laufschritt gibt es einen Moment, in dem beide Füße gleichzeitig den Boden verlassen. Diese Flugphase dauert je nach Laufgeschwindigkeit unterschiedlich lang. Beim Gehen ist immer ein Fuß am Boden, beim Radfahren trägt das Gefährt das Körpergewicht – jeweils ein enormer Unterschied beim Energieverbrauch. Beim Laufen müssen die Muskeln ständig das komplette Körpergewicht gegen die Schwerkraft vom Boden weg katapultieren. Genau das macht das Laufen so anstrengend, so gesund – so effektiv. Denn für die gleiche Anzahl Kalorien, die es zu verbrennen gilt, müssen alle anderen Sportarten länger ausgeübt werden. Pommes mit Mayo: 35 Minuten laufen, 45 Minuten Rad fahren, 70 Minuten Nordic Walking. Tüte Chips: 65 Minuten laufen, 80 Minuten Rad fahren, 190 Minuten Spazieren gehen, 200 Minuten Yoga. Laufen stärkt das Herz, verbessert die Durchblutung, reduziert das Risiko für Herzkrankheiten, Bluthochdruck und Schlaganfälle erheblich. Es baut Fett ab, stärkt Beinmuskulatur und Rumpf, kräftigt die Knochen, stärkt Ausdauer und Lungen. Es hellt die Stimmung auf, baut Stress ab, schützt vor Depressionen und verbessert den Schlaf. Dafür muss es kein Marathon sein. Positive Effekte spürt man schon ab zehn bis 15 Minuten laufen täglich.

Die ersten Meter schaffen

Der größte Fehler, den Laufanfänger machen können, ist, zu schnell zu viel zu wollen. Dann wird es gleich anstrengend und frustrierend. Besser ist es, ganz langsam, aber stetig mit kurzen Etappen zu beginnen. Trainingsplan für total Unerfahrene: eine Minute laufen, eine Minute gehen, immer im Wechsel, 20 Minuten lang. Das erzeugt vielleicht noch keine Endorphinwellen im Körper, fühlt sich aber hinterher unter der Dusche schon super an. Und so immer weiter und länger. Anfänger sollten sich nicht an Kilometervorgaben orientieren, sondern an Minuten. Aus einer Minute werden drei, fünf, zehn am Stück und mehr. Das ideale Lauftempo: zügig, aber noch so, dass man sich problemlos mit einem Mitläufer unterhalten kann oder könnte, falls man lieber allein unterwegs ist. Wer hechelt, ist zu schnell. Geübtere Läufer trainieren in bestimmten Zonen ihrer Herzfrequenz, die sie mit einer Pulsuhr kontrollieren. Aber am Anfang muss das nicht sein.

Einfach loslaufen

Wer wissen will, welche Ausrüstung man fürs Laufen braucht, muss nur Kinder anschauen. Die sausen einfach drauflos, wenn ihnen danach ist, und ihnen ist ständig danach. Dazu brauchen sie: nichts. Laufen kann man sogar nackt. Es ist die ursprünglichste Bewegung der Welt, und der Drang dazu ist in jedem Menschen angelegt. Homo erectus jagte schon vor 1,8 Millionen Jahren seine Beute bis zur Erschöpfung – ein Riesenvorteil in der Evolution. Heute betreibt die Sportindustrie viel Aufwand, um den Hobbyathleten einzureden, sie müssten unbedingt dieses und jenes anschaffen, um es wirklich zu bringen. Klassiker der unnötigen Ausrüstung sind Trinkgürtel (außer beim Ultralauf durch die Sahara), Gewichtsmanschetten (belasten die Gelenke), Kompressionsstrümpfe (Placebos) und – ganz aktuell – Laufwesten (außer beim Trailrunning durch die Berge mit Schutzausrüstung). Sinnvoll sind dagegen: Funktionsklamotten, die den Schweiß abtransportieren und nicht auf der Haut scheuern, Sport-BHs, einfache Pulsuhren, um die richtige Trainingsintensität zu halten, und – das Wichtigste – gute Schuhe.

Sicher auftreten

Im Jahr 1966 erschien ein schmales Buch, das die Welt verändern sollte: „Jogging“. Der Autor, Bill Bowerman, war Leichtathletiktrainer an der Universität von Oregon und hatte das Dauerlaufen in Neuseeland bei dem erfolgreichen Coach Arthur Lydiard kennengelernt. Er machte die Methode in den USA und so weltweit als „körperliches Fitnessprogramm für alle Altersstufen“ populär. Damit vergrößerte Bowerman seinen eigenen Absatzmarkt: Er betrieb eine Sportartikelfirma, aus der 1971 Nike wurde. Insbesondere experimentierte er mit Materialien für Laufschuhe. Erste Gummimischungen für Sohlen soll er mit dem Waffeleisen seiner Frau ausgebacken haben. Gummi, Gelkissen, Luftpolster – Nike und andere Hersteller tüfteln heute noch fortlaufend an Dämpfung und Stabilität ihrer Schuhe. Ihre Ingenieure verbauen Carbonplatten in den Sohlen für verbesserte Energierückgabe, produzieren maßgeschneiderte Modelle aus dem 3D-Drucker und setzen verstärkt auf nachhaltige, bio-basierte Komponenten. Einsteiger-Modelle kosten ab etwa 60 Euro, Carbon in den Sohlen gibt es für an die 200 Euro. Die gute Nachricht für Kunden: Für sie ist der Schuhkauf keine Wissenschaft mehr. Nach jahrzehntelangen Debatten über Pronation und Stützelemente gilt als goldene Regel inzwischen schlicht: Gut ist ein Schuh, wenn er sich am Fuß gut anfühlt.

Fit ausschauen

Dem Modemacher Karl Lagerfeld wird das Zitat zugeschrieben: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ Das ist lustig, stimmt aber nicht. Im Gegenteil kann sportliche Kleidung auch Selbstbeherrschung und Leistungsbereitschaft signalisieren und stylisch sein. Seit den Achtzigerjahren sind Sportklamotten nicht nur praktisch, sondern auch modisch. Der Jogging-Boom spielte dabei eine wichtige Rolle, weil er den Sport aus den Leichtathletik-Stadien auf die Straße holte. Sneaker wurden vom Sportgerät zum Statussymbol. Jogger Pants, Hoodies und Sweatshirts komplettieren den Athleisure-Look und gehen im Büro wie beim Business-Termin oder bei formellen Anlässen. Die Corona-Pandemie mit Home-Office und mobilem Arbeiten hat den Trend zum funktionalen Schlabberoutfit noch verstärkt. Die Gen Z hat bequeme Unisex-Lauf-Quadratlatschen wie das New-Balance-Modell 530 zu ihrem bevorzugten Schuhwerk erkoren.

Läuft!

In den Städten finden jetzt wieder die großen Marathons statt. Aber es muss nicht immer die lange Distanz sein. Schon wenige Minuten Joggen am Tag halten fit. Wie der Einstieg mit wenig Aufwand gelingt, worauf es bei Schuhen ankommt und was Laufen mit dem Fliegen zu tun hat.

Fliegen lernen

Wer läuft, schwebt. Bei jedem Laufschritt gibt es einen Moment, in dem beide Füße gleichzeitig den Boden verlassen. Diese Flugphase dauert je nach Laufgeschwindigkeit unterschiedlich lang. Beim Gehen ist immer ein Fuß am Boden, beim Radfahren trägt das Gefährt das Körpergewicht – jeweils ein enormer Unterschied beim Energieverbrauch. Beim Laufen müssen die Muskeln ständig das komplette Körpergewicht gegen die Schwerkraft vom Boden weg katapultieren. Genau das macht das Laufen so anstrengend, so gesund – so effektiv. Denn für die gleiche Anzahl Kalorien, die es zu verbrennen gilt, müssen alle anderen Sportarten länger ausgeübt werden. Pommes mit Mayo: 35 Minuten laufen, 45 Minuten Rad fahren, 70 Minuten Nordic Walking. Tüte Chips: 65 Minuten laufen, 80 Minuten Rad fahren, 190 Minuten Spazieren gehen, 200 Minuten Yoga. Laufen stärkt das Herz, verbessert die Durchblutung, reduziert das Risiko für Herzkrankheiten, Bluthochdruck und Schlaganfälle erheblich. Es baut Fett ab, stärkt Beinmuskulatur und Rumpf, kräftigt die Knochen, stärkt Ausdauer und Lungen. Es hellt die Stimmung auf, baut Stress ab, schützt vor Depressionen und verbessert den Schlaf. Dafür muss es kein Marathon sein. Positive Effekte spürt man schon ab zehn bis 15 Minuten laufen täglich.

Die ersten Meter schaffen

Der größte Fehler, den Laufanfänger machen können, ist, zu schnell zu viel zu wollen. Dann wird es gleich anstrengend und frustrierend. Besser ist es, ganz langsam, aber stetig mit kurzen Etappen zu beginnen. Trainingsplan für total Unerfahrene: eine Minute laufen, eine Minute gehen, immer im Wechsel, 20 Minuten lang. Das erzeugt vielleicht noch keine Endorphinwellen im Körper, fühlt sich aber hinterher unter der Dusche schon super an. Und so immer weiter und länger. Anfänger sollten sich nicht an Kilometervorgaben orientieren, sondern an Minuten. Aus einer Minute werden drei, fünf, zehn am Stück und mehr. Das ideale Lauftempo: zügig, aber noch so, dass man sich problemlos mit einem Mitläufer unterhalten kann oder könnte, falls man lieber allein unterwegs ist. Wer hechelt, ist zu schnell. Geübtere Läufer trainieren in bestimmten Zonen ihrer Herzfrequenz, die sie mit einer Pulsuhr kontrollieren. Aber am Anfang muss das nicht sein.

Einfach loslaufen

Wer wissen will, welche Ausrüstung man fürs Laufen braucht, muss nur Kinder anschauen. Die sausen einfach drauflos, wenn ihnen danach ist, und ihnen ist ständig danach. Dazu brauchen sie: nichts. Laufen kann man sogar nackt. Es ist die ursprünglichste Bewegung der Welt, und der Drang dazu ist in jedem Menschen angelegt. Homo erectus jagte schon vor 1,8 Millionen Jahren seine Beute bis zur Erschöpfung – ein Riesenvorteil in der Evolution. Heute betreibt die Sportindustrie viel Aufwand, um den Hobbyathleten einzureden, sie müssten unbedingt dieses und jenes anschaffen, um es wirklich zu bringen. Klassiker der unnötigen Ausrüstung sind Trinkgürtel (außer beim Ultralauf durch die Sahara), Gewichtsmanschetten (belasten die Gelenke), Kompressionsstrümpfe (Placebos) und – ganz aktuell – Laufwesten (außer beim Trailrunning durch die Berge mit Schutzausrüstung). Sinnvoll sind dagegen: Funktionsklamotten, die den Schweiß abtransportieren und nicht auf der Haut scheuern, Sport-BHs, einfache Pulsuhren, um die richtige Trainingsintensität zu halten, und – das Wichtigste – gute Schuhe.

Sicher auftreten

Im Jahr 1966 erschien ein schmales Buch, das die Welt verändern sollte: „Jogging“. Der Autor, Bill Bowerman, war Leichtathletiktrainer an der Universität von Oregon und hatte das Dauerlaufen in Neuseeland bei dem erfolgreichen Coach Arthur Lydiard kennengelernt. Er machte die Methode in den USA und so weltweit als „körperliches Fitnessprogramm für alle Altersstufen“ populär. Damit vergrößerte Bowerman seinen eigenen Absatzmarkt: Er betrieb eine Sportartikelfirma, aus der 1971 Nike wurde. Insbesondere experimentierte er mit Materialien für Laufschuhe. Erste Gummimischungen für Sohlen soll er mit dem Waffeleisen seiner Frau ausgebacken haben. Gummi, Gelkissen, Luftpolster – Nike und andere Hersteller tüfteln heute noch fortlaufend an Dämpfung und Stabilität ihrer Schuhe. Ihre Ingenieure verbauen Carbonplatten in den Sohlen für verbesserte Energierückgabe, produzieren maßgeschneiderte Modelle aus dem 3D-Drucker und setzen verstärkt auf nachhaltige, bio-basierte Komponenten. Einsteiger-Modelle kosten ab etwa 60 Euro, Carbon in den Sohlen gibt es für an die 200 Euro. Die gute Nachricht für Kunden: Für sie ist der Schuhkauf keine Wissenschaft mehr. Nach jahrzehntelangen Debatten über Pronation und Stützelemente gilt als goldene Regel inzwischen schlicht: Gut ist ein Schuh, wenn er sich am Fuß gut anfühlt.

Fit ausschauen

Dem Modemacher Karl Lagerfeld wird das Zitat zugeschrieben: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ Das ist lustig, stimmt aber nicht. Im Gegenteil kann sportliche Kleidung auch Selbstbeherrschung und Leistungsbereitschaft signalisieren und stylisch sein. Seit den Achtzigerjahren sind Sportklamotten nicht nur praktisch, sondern auch modisch. Der Jogging-Boom spielte dabei eine wichtige Rolle, weil er den Sport aus den Leichtathletik-Stadien auf die Straße holte. Sneaker wurden vom Sportgerät zum Statussymbol. Jogger Pants, Hoodies und Sweatshirts komplettieren den Athleisure-Look und gehen im Büro wie beim Business-Termin oder bei formellen Anlässen. Die Corona-Pandemie mit Home-Office und mobilem Arbeiten hat den Trend zum funktionalen Schlabberoutfit noch verstärkt. Die Gen Z hat bequeme Unisex-Lauf-Quadratlatschen wie das New-Balance-Modell 530 zu ihrem bevorzugten Schuhwerk erkoren.

Text: Jochen Temsch; Redaktion: Birgit Kruse; Bildredaktion: Natalie Neomi Isser; Digitales Storytelling: Birgit Kruse

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