
Kaffee
Kleine Anregung
Weiter Weg
Kaffee ist das beliebteste Getränk in Deutschland. Im Schnitt schluckt hierzulande jeder 164 Liter pro Jahr – fast doppelt so viel wie Bier. Die Lust darauf ist alt. Sie hat ihren Ursprung in Ostafrika, wo die Kaffeepflanze wuchs, und auf der Arabischen Halbinsel, wo erstmals ein Getränk daraus gewonnen wurde.

Wie und wann genau sich Mensch und Kaffee begegneten, ist Kaffeesatzleserei. Der Legende nach beobachtete ein äthiopischer Ziegenhirte, wie seine Tiere Kaffeefrüchte aßen und verrücktspielten. Der Erzengel Gabriel soll dem todkranken Propheten Mohammed eine Schale Kaffee gereicht und so dessen Lebensgeister geweckt haben. Die Jemeniten bauten bereits im 14. Jahrhundert großflächig Kaffee an und handelten damit von ihrer Hafenstadt Mokka aus. Im Osmanischen Reich verbreitete sich der Trunk über Griechenland und die Türkei bis nach Mitteleuropa. Händler von dort berichteten erstmals im 16. Jahrhundert von Kahve, wie er auf Türkisch heißt, arabisch Qahwa. Bis heute wird Kahve weltweit phonetisch nachgebildet. Die Vietnamesen sagen Cà phê, die Maori Kawhe, die Japaner Kōhī.
Null die Bohne
Die Kaffeebohne ist eigentlich keine Bohne, sondern der Samen der Kaffeekirsche, die an den kleinen Bäumen und Sträuchern der Coffea-Pflanzen wächst. Von dieser Gattung gibt es etwa 100 Arten, von denen jedoch nur zwei annähernd 99 Prozent der weltweiten Produktion ausmachen: Coffea arabica und Coffea canephora, genannt Robusta.

Die Kirschen werden leuchtend rot geerntet. Robusta-Kaffee hat mehr Koffein und weniger Zucker, schmeckt intensiver und bitterer – ideal für Espresso, der mit Robusta auch eine dickere Crema bekommt. Arabica enthält mehr Zucker, schmeckt fruchtig, schokoladig, beerig. Um die Aromen zur Entfaltung zu bringen, müssen die Bohnen geröstet werden. Die Hitze formt etwa 1000 neue molekulare Verbindungen, unter anderem aus Aminosäuren, Proteinen, Peptiden und Zucker, die Geschmack, Textur und Geruch der Bohnen beeinflussen.
Weiche Mischung
Pulver mit Wasser zusammenbringen: Aus keiner anderen simplen Tätigkeit kann man eine derartige Wissenschaft machen wie aus der Zubereitung von Kaffee. Das Aroma der Bohnen lässt sich durch Pressen, Tauchen, Kochen oder Filtern extrahieren. Zum Einsatz kommen Napoletaner- und Mokka-Kannen, French Press, Handfilter und Schwanenhalskessel oder Maschinen, für die man bis zu 23 000 Euro ausgeben kann („Royal Coffee Maker“ aus 24-karätigem Gold).

Die wichtigsten Faktoren aber sind: gutes Wasser und guter Kaffee. Damit gelingt eine schöne Tasse auch mit einem Handfilter für wenige Cent. Das Wasser sollte weich sein – in München lieber kein Leitungswasser nehmen – und zwischen 90 und 96 Grad heiß, also nach dem Kochen etwa eine Minute lang abkühlen. Und passend zur jeweiligen Zubereitungsart sollte das Kaffeepulver feiner (Siebträger), gröber (Handfilter) oder mittelfein (French Press) gemahlen sein. So reguliert man, wie lange und intensiv das Wasser Kontakt zu den Kaffeepartikeln hat, damit das Getränk am Ende nicht zu bitter oder schwach und sauer schmeckt. Und: unbedingt frisch mahlen. Eine gute, wie zu Omas Zeiten per Hand gekurbelte Kaffeemühle bringt mehr für den Geschmack als eine angeberische, schlecht justierte Espressomaschine.
Freie Gedanken
Koffein ist eine psychoaktive Substanz. Sie wirkt auf das zentrale Nervensystem, blockiert den Neurotransmitter Adenosin, der dem Körper signalisiert, dass es Zeit ist, sich auszuruhen, und fördert die Wirkung von Dopamin, das wach und glücklich macht. Gut für Menschen, die gerne lange zusammensitzen und angeregt diskutieren – Besucher von Kaffeehäusern. Das erste in Deutschland eröffnete 1673 in der Handelsstadt Bremen, 1720 machte das Caffè Florian auf dem Markusplatz in Venedig auf, wo es heute noch steht.

Bach komponierte die „Kaffeekantate“ auf einen lustigen Liedtext über eine kaffeesüchtige junge Frau, Goethe verewigte den Kaffeeklatsch im „Faust“. In Wien, Paris, Prag oder München machten malende und schreibende Freigeister der Belle Époque die Kaffeehäuser zu Werkstätten und Lebensmittelpunkten. Henri de Toulouse-Lautrec oder Édouard Manet fingen die urbane Atmosphäre der Cafés in Gemälden ein, Honoré de Balzac schrieb über Kaffee als Treibstoff der Kreativität. Er soll 50 Tassen am Tag getrunken haben. Bob Dylan, Blur oder The White Stripes machten Songs über Kaffee. Ein Lied der bayerischen Combo La Brass Banda hat auf den Hintergedanken der Frage „Kommst du noch mit auf einen Kaffee?“ folgende Antwort parat: „Sei ned bös, aber i hätt lieber no a Bier / Bei dem Kaffee kannt a Blödsinn passieren.“
Hoher Preis
Kaffee ist eines der bedeutendsten Welthandelsgüter. Er wird in Ländern entlang des Äquators kultiviert, die Existenz von Millionen Menschen hängt am Anbau. Größter Produzent von Rohkaffee ist Brasilien, gefolgt von Vietnam, Deutschland ist weltweit größter Exporteur von verarbeiteten Kaffeeprodukten wie Röstkaffee.

Lange Zeit war Kaffee ein Produkt der Sklaverei. Der Aufklärer Jacques-Henri Bernardin de Saint-Pierre schrieb im 18. Jahrhundert: „Ich weiß nicht, ob Kaffee und Zucker für das Glück in Europa notwendig sind, aber ich weiß sehr wohl, dass diese beiden Produkte für das Unglück in zwei großen Teilen der Welt verantwortlich sind“, in Amerika und Afrika nämlich. Heute noch herrschen auf den Plantagen teils neokolonialistische Zustände, Ausbeutung, Kinderarbeit. Gleichzeitig steigen die Preise für die Kaffeetrinker. Nach den Teuerungen im vergangenen Jahr soll Kaffee 2025 noch kostspieliger werden. Ursache ist der Klimawandel, der Trockenheit und schlechte Ernten, etwa in Brasilien, bringt. Dazu kommen längere Transportwege wegen der unsicheren Lage in Nahost – und die weltweit steigende Nachfrage.

Kaffee


Weiter Weg
Kaffee ist das beliebteste Getränk in Deutschland. Im Schnitt schluckt hierzulande jeder 164 Liter pro Jahr – fast doppelt so viel wie Bier. Die Lust darauf ist alt. Sie hat ihren Ursprung in Ostafrika, wo die Kaffeepflanze wuchs, und auf der Arabischen Halbinsel, wo erstmals ein Getränk daraus gewonnen wurde.

Wie und wann genau sich Mensch und Kaffee begegneten, ist Kaffeesatzleserei. Der Legende nach beobachtete ein äthiopischer Ziegenhirte, wie seine Tiere Kaffeefrüchte aßen und verrücktspielten. Der Erzengel Gabriel soll dem todkranken Propheten Mohammed eine Schale Kaffee gereicht und so dessen Lebensgeister geweckt haben. Die Jemeniten bauten bereits im 14. Jahrhundert großflächig Kaffee an und handelten damit von ihrer Hafenstadt Mokka aus. Im Osmanischen Reich verbreitete sich der Trunk über Griechenland und die Türkei bis nach Mitteleuropa. Händler von dort berichteten erstmals im 16. Jahrhundert von Kahve, wie er auf Türkisch heißt, arabisch Qahwa. Bis heute wird Kahve weltweit phonetisch nachgebildet. Die Vietnamesen sagen Cà phê, die Maori Kawhe, die Japaner Kōhī.

Null die Bohne
Die Kaffeebohne ist eigentlich keine Bohne, sondern der Samen der Kaffeekirsche, die an den kleinen Bäumen und Sträuchern der Coffea-Pflanzen wächst. Von dieser Gattung gibt es etwa 100 Arten, von denen jedoch nur zwei annähernd 99 Prozent der weltweiten Produktion ausmachen: Coffea arabica und Coffea canephora, genannt Robusta.

Die Kirschen werden leuchtend rot geerntet. Robusta-Kaffee hat mehr Koffein und weniger Zucker, schmeckt intensiver und bitterer – ideal für Espresso, der mit Robusta auch eine dickere Crema bekommt. Arabica enthält mehr Zucker, schmeckt fruchtig, schokoladig, beerig. Um die Aromen zur Entfaltung zu bringen, müssen die Bohnen geröstet werden. Die Hitze formt etwa 1000 neue molekulare Verbindungen, unter anderem aus Aminosäuren, Proteinen, Peptiden und Zucker, die Geschmack, Textur und Geruch der Bohnen beeinflussen.

Weiche Mischung
Pulver mit Wasser zusammenbringen: Aus keiner anderen simplen Tätigkeit kann man eine derartige Wissenschaft machen wie aus der Zubereitung von Kaffee. Das Aroma der Bohnen lässt sich durch Pressen, Tauchen, Kochen oder Filtern extrahieren. Zum Einsatz kommen Napoletaner- und Mokka-Kannen, French Press, Handfilter und Schwanenhalskessel oder Maschinen, für die man bis zu 23 000 Euro ausgeben kann („Royal Coffee Maker“ aus 24-karätigem Gold).

Die wichtigsten Faktoren aber sind: gutes Wasser und guter Kaffee. Damit gelingt eine schöne Tasse auch mit einem Handfilter für wenige Cent. Das Wasser sollte weich sein – in München lieber kein Leitungswasser nehmen – und zwischen 90 und 96 Grad heiß, also nach dem Kochen etwa eine Minute lang abkühlen. Und passend zur jeweiligen Zubereitungsart sollte das Kaffeepulver feiner (Siebträger), gröber (Handfilter) oder mittelfein (French Press) gemahlen sein. So reguliert man, wie lange und intensiv das Wasser Kontakt zu den Kaffeepartikeln hat, damit das Getränk am Ende nicht zu bitter oder schwach und sauer schmeckt. Und: unbedingt frisch mahlen. Eine gute, wie zu Omas Zeiten per Hand gekurbelte Kaffeemühle bringt mehr für den Geschmack als eine angeberische, schlecht justierte Espressomaschine.

Freie Gedanken
Koffein ist eine psychoaktive Substanz. Sie wirkt auf das zentrale Nervensystem, blockiert den Neurotransmitter Adenosin, der dem Körper signalisiert, dass es Zeit ist, sich auszuruhen, und fördert die Wirkung von Dopamin, das wach und glücklich macht. Gut für Menschen, die gerne lange zusammensitzen und angeregt diskutieren – Besucher von Kaffeehäusern. Das erste in Deutschland eröffnete 1673 in der Handelsstadt Bremen, 1720 machte das Caffè Florian auf dem Markusplatz in Venedig auf, wo es heute noch steht.

Bach komponierte die „Kaffeekantate“ auf einen lustigen Liedtext über eine kaffeesüchtige junge Frau, Goethe verewigte den Kaffeeklatsch im „Faust“. In Wien, Paris, Prag oder München machten malende und schreibende Freigeister der Belle Époque die Kaffeehäuser zu Werkstätten und Lebensmittelpunkten. Henri de Toulouse-Lautrec oder Édouard Manet fingen die urbane Atmosphäre der Cafés in Gemälden ein, Honoré de Balzac schrieb über Kaffee als Treibstoff der Kreativität. Er soll 50 Tassen am Tag getrunken haben. Bob Dylan, Blur oder The White Stripes machten Songs über Kaffee. Ein Lied der bayerischen Combo La Brass Banda hat auf den Hintergedanken der Frage „Kommst du noch mit auf einen Kaffee?“ folgende Antwort parat: „Sei ned bös, aber i hätt lieber no a Bier / Bei dem Kaffee kannt a Blödsinn passieren.“

Hoher Preis
Kaffee ist eines der bedeutendsten Welthandelsgüter. Er wird in Ländern entlang des Äquators kultiviert, die Existenz von Millionen Menschen hängt am Anbau. Größter Produzent von Rohkaffee ist Brasilien, gefolgt von Vietnam, Deutschland ist weltweit größter Exporteur von verarbeiteten Kaffeeprodukten wie Röstkaffee.

Lange Zeit war Kaffee ein Produkt der Sklaverei. Der Aufklärer Jacques-Henri Bernardin de Saint-Pierre schrieb im 18. Jahrhundert: „Ich weiß nicht, ob Kaffee und Zucker für das Glück in Europa notwendig sind, aber ich weiß sehr wohl, dass diese beiden Produkte für das Unglück in zwei großen Teilen der Welt verantwortlich sind“, in Amerika und Afrika nämlich. Heute noch herrschen auf den Plantagen teils neokolonialistische Zustände, Ausbeutung, Kinderarbeit. Gleichzeitig steigen die Preise für die Kaffeetrinker. Nach den Teuerungen im vergangenen Jahr soll Kaffee 2025 noch kostspieliger werden. Ursache ist der Klimawandel, der Trockenheit und schlechte Ernten, etwa in Brasilien, bringt. Dazu kommen längere Transportwege wegen der unsicheren Lage in Nahost – und die weltweit steigende Nachfrage.