Sein Name ist Hase

Zu Ostern bringt er die Eier, die langen Löffel faszinieren Künstler und Designer, und im chinesischen Horoskop ist 2023 das „Jahr des Hasen“. Höchste Zeit, das Langohr hochleben zu lassen.

24. März 2023 - 4 Min. Lesezeit

Der Glücksbringer

Gute Nachrichten: Am 22. Januar hat das Jahr des Hasen begonnen, der für Friedfertigkeit steht. Zwölf Tierkreiszeichen prägen den chinesischen Kalender, der sich – anders als in Europa – an Mondphasen orientiert und damit jeweils erst zwischen 21. Januar und 20. Februar beginnt. Ratte, Büffel oder Schwein: Jedes Jahr wird einem Tier zugeordnet, dem bestimmte Eigenschaften nachgesagt werden – die sich wiederum auf den Menschen übertragen sollen, der in dem jeweiligen Jahr geboren wurde. Wer also 1939, 1951, 1963, 1975, 1987, 1999, 2011 oder eben 2023 geboren wurde oder wird, ist ein Hase und gilt als zurückhaltend und freundlich. 

Streit schätzt das Tier nicht, dafür hat es einen stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Und es soll für Langlebigkeit, Wohlstand und Frieden stehen, erwartet wird also ein Jahr der Konfliktlösung – was angesichts der Weltlage mehr als willkommen ist. Diesmal muss sich der Hase mit seinem Harmoniebedürfnis allerdings ein bisschen mehr anstrengen als zuletzt 2011, man denke etwa an den Arabischen Frühling oder die Nuklearkatastrophe in Japan. 2024 folgt dann der Drache, er gilt als besonders stark und temperamentvoll.

Die Fälschung

Wirklich einladend sieht der „Falsche Hase“ nicht aus. Ein großer Brocken, der eher an ein traurig graues Kastenbrot erinnert, aus dessen Mitte dann – immerhin – ein gekochtes Ei leuchtet. Hinter dem rätselhaften Namen verbirgt sich allerdings nur ein simpler Hackbraten. Entstanden sein soll dieses Gericht nach dem Zweiten Weltkrieg, als ein richtiger Sonntagsbraten nicht so einfach auf den Tisch zu zaubern war.

 Mit Hilfe von Gehacktem hat man dann immerhin so getan, als gäbe es doch ein ganzes Stück Fleisch – was seine Form erklärt. Bienenstich, das Schmalzgebäck Nonnenfürzle oder der Schokokuchen Kalter Hund: Fantasie haben die Deutschen bei der Namensfindung von Speisen immer schon bewiesen.

Die Verwechslung

Scheinbar kennt kaum jemand den Unterschied zwischen Hase und Kaninchen – jedenfalls erklärt das, warum Hasen als Figuren in Büchern oder als Designobjekte meist wie Kaninchen aussehen. Beide gehören zwar zur Familie der Hasenartigen, doch werden sie unterschiedlichen Gattungen zugeordnet. Damit haben sie nicht nur verschiedene Lebensweisen, sie können sich auch nicht miteinander paaren. Und sie würden, in der Sprache der Dating-Profile, ohnehin nicht zueinander passen. „Hase, groß, sportlich, mit langen Ohren, überzeugter Einzelgänger, sucht Häsin, die ihm Nachwuchs schenkt, der als Nestflüchter schnell das Elternhaus verlässt.“ 

Das Kaninchen sehnt sich hingegen nach einem Partner in klein und rund, einem Stubenhocker, der sich am wohlsten in einer unterirdischen WG aus gebuddelten Gräben fühlt, unter möglichst vielen Gleichgesinnten. Einzige Ausnahme im Kaninchenstall, was die Größe betrifft: Der Deutsche Riese, der bis zu elf Kilo wiegt. Das Wundertier hat weltweit Fans, 2007 haben nordkoreanische Diplomaten einem Züchter aus Eberswalde gleich mehrere der schwergewichtigen Tiere abgekauft („Kilo, Kilo, Fleisch, Fleisch“). 

Dafür darf der schlanke Hase die Ostereier bringen. Die älteste bekannte Quelle für den Brauch stammt aus dem Jahr 1682. Damals schrieb der Mediziner und Botaniker Georg Franck zu Franckenau seine Schrift „De ovis paschalibus - von Oster-Eyern“, die am meisten zitierte Stelle lautet: „Man macht einfältigeren Leuten und kleinen Kindern weis, diese Eier brüte der Osterhase aus und verstecke sie im Garten im Gras, im Gebüsch und so weiter, man will sie von den Buben um so eifriger suchen lassen zum erheiternden Gelächter der Älteren.“

Der Hingucker

Vase oder Kerze, Babyrassel oder Fußabstreifer: Es gibt nichts, was man nicht nach dem Vorbild des Tiers mit den markanten Ohren gestalten könnte. Nicht eingerechnet die vielen Varianten zu Ostern, bei denen der Hase als Anhänger am Frühlingskranz, als Figur auf der Kommode oder natürlich aus Schokolade auftaucht.

 Auf der Kunststoffversion von Stefano Giovannoni kann man es sich hingegen bequem machen. Die langen Löffel dienen bei dem Entwurf des italienischen Designers als Rückenlehne; wer sich andersherum hinsetzt, kann sich auf dem „Rabbit“ ein bisschen wie auf einem Spielzeug für Erwachsene fühlen. Wenig überraschend: Den Stuhl gibt es selbstverständlich auch als Lampe und Buchstütze (249 Euro, queebo.com).

Das Vorzeigemodell

Schon in der Antike galt der Hase als Symbol für sexuelle Begierde, Fruchtbarkeit und Lebenskraft und hatte bereits im 5. Jahrhundert vor Christus einen Stammplatz auf griechischen Vasen. Als Motiv hat er es seitdem in den unterschiedlichsten Varianten auf Leinwände geschafft, er ist als Skulptur verewigt worden oder ziert Gebäude, etwa in Form des spätgotischen „Dreihasenfensters“ im Paderborner Dom. 

Das bekannteste Exemplar dürfte der „Feldhase“ von Albrecht Dürer sein. Das Gemälde aus dem Jahr 1502 wurde vielfach kopiert, zum Beispiel von Sigmar Polke – oder aus Edelmarzipan von der Berliner Pralinenmanufaktur Sawade. Bei seiner Tierstudie legte Dürer vor allem Wert auf die Darstellung des Fells; dass das Tier so lebendig wirkt, liegt aber auch daran, dass sich in seinem Auge das Fenster reflektiert, vor dem er zu kauern scheint. Wen wundert es da noch, dass es Jahrhunderte später einem ähnlich berühmten, silberglänzenden Hasen gelang, einen Rekordpreis bei einer Auktion zu erzielen: 2019 wurde der „Rabbit“ des US-Künstlers Jeff Koons bei Christie’s für 91,1 Millionen Dollar verkauft.

Sein Name ist Hase

Zu Ostern bringt er die Eier, die langen Löffel faszinieren Künstler und Designer, und im chinesischen Horoskop ist 2023 das „Jahr des Hasen“. Höchste Zeit, das Langohr hochleben zu lassen.

Der Glücksbringer

Gute Nachrichten: Am 22. Januar hat das Jahr des Hasen begonnen, der für Friedfertigkeit steht. Zwölf Tierkreiszeichen prägen den chinesischen Kalender, der sich – anders als in Europa – an Mondphasen orientiert und damit jeweils erst zwischen 21. Januar und 20. Februar beginnt. Ratte, Büffel oder Schwein: Jedes Jahr wird einem Tier zugeordnet, dem bestimmte Eigenschaften nachgesagt werden – die sich wiederum auf den Menschen übertragen sollen, der in dem jeweiligen Jahr geboren wurde. Wer also 1939, 1951, 1963, 1975, 1987, 1999, 2011 oder eben 2023 geboren wurde oder wird, ist ein Hase und gilt als zurückhaltend und freundlich. 

Streit schätzt das Tier nicht, dafür hat es einen stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Und es soll für Langlebigkeit, Wohlstand und Frieden stehen, erwartet wird also ein Jahr der Konfliktlösung – was angesichts der Weltlage mehr als willkommen ist. Diesmal muss sich der Hase mit seinem Harmoniebedürfnis allerdings ein bisschen mehr anstrengen als zuletzt 2011, man denke etwa an den Arabischen Frühling oder die Nuklearkatastrophe in Japan. 2024 folgt dann der Drache, er gilt als besonders stark und temperamentvoll.

Die Fälschung

Wirklich einladend sieht der „Falsche Hase“ nicht aus. Ein großer Brocken, der eher an ein traurig graues Kastenbrot erinnert, aus dessen Mitte dann – immerhin – ein gekochtes Ei leuchtet. Hinter dem rätselhaften Namen verbirgt sich allerdings nur ein simpler Hackbraten. Entstanden sein soll dieses Gericht nach dem Zweiten Weltkrieg, als ein richtiger Sonntagsbraten nicht so einfach auf den Tisch zu zaubern war.

 Mit Hilfe von Gehacktem hat man dann immerhin so getan, als gäbe es doch ein ganzes Stück Fleisch – was seine Form erklärt. Bienenstich, das Schmalzgebäck Nonnenfürzle oder der Schokokuchen Kalter Hund: Fantasie haben die Deutschen bei der Namensfindung von Speisen immer schon bewiesen.

Die Verwechslung

Scheinbar kennt kaum jemand den Unterschied zwischen Hase und Kaninchen – jedenfalls erklärt das, warum Hasen als Figuren in Büchern oder als Designobjekte meist wie Kaninchen aussehen. Beide gehören zwar zur Familie der Hasenartigen, doch werden sie unterschiedlichen Gattungen zugeordnet. Damit haben sie nicht nur verschiedene Lebensweisen, sie können sich auch nicht miteinander paaren. Und sie würden, in der Sprache der Dating-Profile, ohnehin nicht zueinander passen. „Hase, groß, sportlich, mit langen Ohren, überzeugter Einzelgänger, sucht Häsin, die ihm Nachwuchs schenkt, der als Nestflüchter schnell das Elternhaus verlässt.“ 

Das Kaninchen sehnt sich hingegen nach einem Partner in klein und rund, einem Stubenhocker, der sich am wohlsten in einer unterirdischen WG aus gebuddelten Gräben fühlt, unter möglichst vielen Gleichgesinnten. Einzige Ausnahme im Kaninchenstall, was die Größe betrifft: Der Deutsche Riese, der bis zu elf Kilo wiegt. Das Wundertier hat weltweit Fans, 2007 haben nordkoreanische Diplomaten einem Züchter aus Eberswalde gleich mehrere der schwergewichtigen Tiere abgekauft („Kilo, Kilo, Fleisch, Fleisch“). 

Dafür darf der schlanke Hase die Ostereier bringen. Die älteste bekannte Quelle für den Brauch stammt aus dem Jahr 1682. Damals schrieb der Mediziner und Botaniker Georg Franck zu Franckenau seine Schrift „De ovis paschalibus - von Oster-Eyern“, die am meisten zitierte Stelle lautet: „Man macht einfältigeren Leuten und kleinen Kindern weis, diese Eier brüte der Osterhase aus und verstecke sie im Garten im Gras, im Gebüsch und so weiter, man will sie von den Buben um so eifriger suchen lassen zum erheiternden Gelächter der Älteren.“

Der Hingucker

Vase oder Kerze, Babyrassel oder Fußabstreifer: Es gibt nichts, was man nicht nach dem Vorbild des Tiers mit den markanten Ohren gestalten könnte. Nicht eingerechnet die vielen Varianten zu Ostern, bei denen der Hase als Anhänger am Frühlingskranz, als Figur auf der Kommode oder natürlich aus Schokolade auftaucht.

 Auf der Kunststoffversion von Stefano Giovannoni kann man es sich hingegen bequem machen. Die langen Löffel dienen bei dem Entwurf des italienischen Designers als Rückenlehne; wer sich andersherum hinsetzt, kann sich auf dem „Rabbit“ ein bisschen wie auf einem Spielzeug für Erwachsene fühlen. Wenig überraschend: Den Stuhl gibt es selbstverständlich auch als Lampe und Buchstütze (249 Euro, queebo.com).

Das Vorzeigemodell

Schon in der Antike galt der Hase als Symbol für sexuelle Begierde, Fruchtbarkeit und Lebenskraft und hatte bereits im 5. Jahrhundert vor Christus einen Stammplatz auf griechischen Vasen. Als Motiv hat er es seitdem in den unterschiedlichsten Varianten auf Leinwände geschafft, er ist als Skulptur verewigt worden oder ziert Gebäude, etwa in Form des spätgotischen „Dreihasenfensters“ im Paderborner Dom. 

Das bekannteste Exemplar dürfte der „Feldhase“ von Albrecht Dürer sein. Das Gemälde aus dem Jahr 1502 wurde vielfach kopiert, zum Beispiel von Sigmar Polke – oder aus Edelmarzipan von der Berliner Pralinenmanufaktur Sawade. Bei seiner Tierstudie legte Dürer vor allem Wert auf die Darstellung des Fells; dass das Tier so lebendig wirkt, liegt aber auch daran, dass sich in seinem Auge das Fenster reflektiert, vor dem er zu kauern scheint. Wen wundert es da noch, dass es Jahrhunderte später einem ähnlich berühmten, silberglänzenden Hasen gelang, einen Rekordpreis bei einer Auktion zu erzielen: 2019 wurde der „Rabbit“ des US-Künstlers Jeff Koons bei Christie’s für 91,1 Millionen Dollar verkauft.

Team
Text Julia Rothhaas
Bildredaktion Natalie Neomi Isser
Digitales Storytelling Elisa von Grafenstein, Ayça Balcı