Als Dämmstoff, Speiseöl oder zur Herstellung von Seilen: Jahrtausendelang gehörte Cannabis zum Alltag der Menschen. Heute wird Hanf sogar für 3-D-Druck genutzt.
Seit Jahrtausenden gehört die Hanfpflanze – der botanische Name lautet Cannabis – in vielen Kulturen zum Alltag. Aus Nutzhanf lassen sich Dämmstoffe, Papier oder Textilien herstellen, aus den Samen wird Speiseöl gewonnen. Funde in Asien bezeugen, dass die Menschen dort spätestens seit 4000 vor Christus aus Hanffasern Kleidung fertigten. Der weltweit verbreitete Anbau lag auch an der Robustheit der Pflanze: Hanf hält Temperaturschwankungen aus, wächst rasch, braucht wenig Wasser. Als Dämmmaterial und in der Schifffahrt spielte er eine zentrale Rolle – Segel, Taue und Netze der Flotte von Christoph Kolumbus bestanden aus Hanf, der in der Feuchtigkeit kaum modert. Die ersten Gutenberg-Bibeln wurden auf Hanfpapier gedruckt. Mit der Industrialisierung und dem Aufkommen erdölbasierter Kunststoffe nahm die Bedeutung von Hanf ab, die Verwendung mancher Sorten als Rauschmittel führte zu Anbauvorschriften und -verboten. Wegen der geplanten Cannabis-Legalisierung geraten in Deutschland die Vorzüge von Nutzhanf inzwischen erneut in den Blick. Firmen produzieren wieder Textilien aus Hanf – wegen des kleinen ökologischen Fußabdrucks. Und vielleicht auch, weil sich ein Shirt oder Kissen aus Hanf in der aktuellen „Legalize it!“-Stimmung gut verkauft.
Foto: Alberto Terenghi/imago
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Das Blatt
Die Mode-und Glitzerwelt liebt Cannabis. Snoop Dogg rappte in ein Mikrofon, auf das ein diamantbesetztes Blatt geklebt war. Um den Hals von Model Bella Hadid und ihrer spanischen Kollegin Nieves Álvarez schmiegte sich das gefiederte Grün als Collier aus dem ehrwürdigen Juwelierhaus Bulgari. Die Sängerin Miley Cyrus trug das Marihuana-Symbol auf T-Shirts, Socken, Taschen. Das Hanfblatt gehörte seit Jahrzehnten zur Pop- und lange eher zur Subkultur, es wird besungen, gemalt – und jetzt sogar in teure Steine gefasst. Die geplante Legalisierung in europäischen Ländern, die Freigabe 2021 in New York und anderen Bundesstaaten haben der Annäherung zwischen Mode und Cannabis neuen Schub gegeben. Hanf soll ein Lifestyleprodukt werden, „fashion’s cannabis boom“ nennt es der Branchendienst Business of Fashion. Zum beiderseitigen Vorteil natürlich: Modemarken geben sich mit dem Blattmotiv betont jugendlich. Und die Hersteller von Cannabisprodukten, ob Raucher-Utensilien oder Hanföl, werden mit jedem Hochglanzbild ein Stück vom verqualmten WG-Image los.
Foto: Auriey
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Das Zubehör
Marihuana soll raus aus der Schmuddelecke. Das sagen zumindest die Unternehmen, die mit hochwertigem Zubehör viel Geld verdienen möchten. Ein lukrativer Markt: In den USA hat der Konsum von Cannabis einen neuen Rekord erreicht und ist laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup beliebter als Tabak. 16 Prozent der Befragten gaben an, Marihuana zu rauchen, elf Prozent griffen zur Zigarette. Zu den beliebten Utensilien gehören Grinder, kleine Mühlen, mit denen die Cannabisblüte zerkleinert und mit Tabak zu einem Joint vermischt wird. Der amerikanische Schauspieler Seth Rogen gründete 2019 die Firma Houseplant, deren Accessoires aus Keramik in einem Designmuseum stehen könnten. Das Münchner Start-up Auriey bietet würfelförmige Pfeifen, rosa bedrucktes Zigarettenpapier oder Mühlen aus Walnussholz.
Foto: Cavan/imago
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Das Öl
CBD-Öl, gewonnen aus der Cannabisblüte, als Allheilmittel? So liest es sich fast, wenn man den Angaben der Hersteller glaubt. Es soll Entzündungen lindern, den Schlaf verbessern, die Nerven beruhigen oder Menstruationsbeschwerden reduzieren. CBD, kurz für Cannabidiol, ist eine Verbindung, die in der Blüte der Hanfpflanze enthalten ist und gerade einen Hype als freiverkäufliches Wellnessprodukt erlebt. Im Gegensatz zu Tetrahydrocannabinol (THC), das als Bestandteil von Haschisch und Marihuana high macht, wirkt CBD nicht psychoaktiv. Das Öl – nicht zu verwechseln mit Speiseöl aus Hanfsamen – wird durch Extraktion oder Pressung gewonnen und zu Schlaftropfen oder „Anti-Stress-Roll-on“ verarbeitet. In Internetforen schwören viele Menschen auf die positiven Effekte, wissenschaftlich erforscht wird vor allem die Wirksamkeit bei Epilepsie. Der Satiriker Jan Böhmermann sagte in einer Sendung über Betrug mit CBD-Ölen: „Das ist Homöopathie für Menschen, die denken, sie sind zu schlau für Homöopathie.“
Foto: hemprinted.com
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Das Experiment
3-D-Druck funktioniert mit Filament: Das Material, mit dem der Drucker befüllt wird, besteht meistens aus Kunststoff. Aber einige Hersteller experimentieren auch mit Hanf. Start-ups wie Hemprinted arbeiten an der Entwicklung biologisch abbaubarer Alternativen zu 3-D-Filamenten aus Plastik. Dafür wird die getrocknete Pflanze gemahlen und mit Komponenten auf Zuckerrohr- oder Maisbasis vermischt. Allerdings darf der geltende THC-Grenzwert nicht überschritten werden. In Deutschland wäre ein Filament nur legal, wenn es unter 0,2 Prozent psychoaktives THC enthält. Man könnte ja theoretisch auf die Idee kommen, es zu rauchen.
Foto: Tsareva.pro/Shutterstock
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Nutzhanf
Alleskönner
Foto: Tsareva.pro/Shutterstock
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Als Dämmstoff, Speiseöl oder zur Herstellung von Seilen: Jahrtausendelang gehörte Cannabis zum Alltag der Menschen. Heute wird Hanf sogar für 3-D-Druck genutzt.
Foto: Tsareva.pro/Shutterstock
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Foto: Evans/Getty Images
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Die Faser
Seit Jahrtausenden gehört die Hanfpflanze – der botanische Name lautet Cannabis – in vielen Kulturen zum Alltag. Aus Nutzhanf lassen sich Dämmstoffe, Papier oder Textilien herstellen, aus den Samen wird Speiseöl gewonnen. Funde in Asien bezeugen, dass die Menschen dort spätestens seit 4000 vor Christus aus Hanffasern Kleidung fertigten. Der weltweit verbreitete Anbau lag auch an der Robustheit der Pflanze: Hanf hält Temperaturschwankungen aus, wächst rasch, braucht wenig Wasser. Als Dämmmaterial und in der Schifffahrt spielte er eine zentrale Rolle – Segel, Taue und Netze der Flotte von Christoph Kolumbus bestanden aus Hanf, der in der Feuchtigkeit kaum modert. Die ersten Gutenberg-Bibeln wurden auf Hanfpapier gedruckt. Mit der Industrialisierung und dem Aufkommen erdölbasierter Kunststoffe nahm die Bedeutung von Hanf ab, die Verwendung mancher Sorten als Rauschmittel führte zu Anbauvorschriften und -verboten. Wegen der geplanten Cannabis-Legalisierung geraten in Deutschland die Vorzüge von Nutzhanf inzwischen erneut in den Blick. Firmen produzieren wieder Textilien aus Hanf – wegen des kleinen ökologischen Fußabdrucks. Und vielleicht auch, weil sich ein Shirt oder Kissen aus Hanf in der aktuellen „Legalize it!“-Stimmung gut verkauft.
Foto: Tsareva.pro/Shutterstock
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Foto: Alberto Terenghi/imago
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Das Blatt
Die Mode-und Glitzerwelt liebt Cannabis. Snoop Dogg rappte in ein Mikrofon, auf das ein diamantbesetztes Blatt geklebt war. Um den Hals von Model Bella Hadid und ihrer spanischen Kollegin Nieves Álvarez schmiegte sich das gefiederte Grün als Collier aus dem ehrwürdigen Juwelierhaus Bulgari. Die Sängerin Miley Cyrus trug das Marihuana-Symbol auf T-Shirts, Socken, Taschen. Das Hanfblatt gehörte seit Jahrzehnten zur Pop- und lange eher zur Subkultur, es wird besungen, gemalt – und jetzt sogar in teure Steine gefasst. Die geplante Legalisierung in europäischen Ländern, die Freigabe 2021 in New York und anderen Bundesstaaten haben der Annäherung zwischen Mode und Cannabis neuen Schub gegeben. Hanf soll ein Lifestyleprodukt werden, „fashion’s cannabis boom“ nennt es der Branchendienst Business of Fashion. Zum beiderseitigen Vorteil natürlich: Modemarken geben sich mit dem Blattmotiv betont jugendlich. Und die Hersteller von Cannabisprodukten, ob Raucher-Utensilien oder Hanföl, werden mit jedem Hochglanzbild ein Stück vom verqualmten WG-Image los.
Foto: Tsareva.pro/Shutterstock
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Foto: Auriey
Foto: Auriey
Das Zubehör
Marihuana soll raus aus der Schmuddelecke. Das sagen zumindest die Unternehmen, die mit hochwertigem Zubehör viel Geld verdienen möchten. Ein lukrativer Markt: In den USA hat der Konsum von Cannabis einen neuen Rekord erreicht und ist laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup beliebter als Tabak. 16 Prozent der Befragten gaben an, Marihuana zu rauchen, elf Prozent griffen zur Zigarette. Zu den beliebten Utensilien gehören Grinder, kleine Mühlen, mit denen die Cannabisblüte zerkleinert und mit Tabak zu einem Joint vermischt wird. Der amerikanische Schauspieler Seth Rogen gründete 2019 die Firma Houseplant, deren Accessoires aus Keramik in einem Designmuseum stehen könnten. Das Münchner Start-up Auriey bietet würfelförmige Pfeifen, rosa bedrucktes Zigarettenpapier oder Mühlen aus Walnussholz.
Foto: Tsareva.pro/Shutterstock
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Foto: Cavan/imago
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Das Öl
CBD-Öl, gewonnen aus der Cannabisblüte, als Allheilmittel? So liest es sich fast, wenn man den Angaben der Hersteller glaubt. Es soll Entzündungen lindern, den Schlaf verbessern, die Nerven beruhigen oder Menstruationsbeschwerden reduzieren. CBD, kurz für Cannabidiol, ist eine Verbindung, die in der Blüte der Hanfpflanze enthalten ist und gerade einen Hype als freiverkäufliches Wellnessprodukt erlebt. Im Gegensatz zu Tetrahydrocannabinol (THC), das als Bestandteil von Haschisch und Marihuana high macht, wirkt CBD nicht psychoaktiv. Das Öl – nicht zu verwechseln mit Speiseöl aus Hanfsamen – wird durch Extraktion oder Pressung gewonnen und zu Schlaftropfen oder „Anti-Stress-Roll-on“ verarbeitet. In Internetforen schwören viele Menschen auf die positiven Effekte, wissenschaftlich erforscht wird vor allem die Wirksamkeit bei Epilepsie. Der Satiriker Jan Böhmermann sagte in einer Sendung über Betrug mit CBD-Ölen: „Das ist Homöopathie für Menschen, die denken, sie sind zu schlau für Homöopathie.“
Foto: Tsareva.pro/Shutterstock
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Foto: hemprinted.com
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Das Experiment
3-D-Druck funktioniert mit Filament: Das Material, mit dem der Drucker befüllt wird, besteht meistens aus Kunststoff. Aber einige Hersteller experimentieren auch mit Hanf. Start-ups wie Hemprinted arbeiten an der Entwicklung biologisch abbaubarer Alternativen zu 3-D-Filamenten aus Plastik. Dafür wird die getrocknete Pflanze gemahlen und mit Komponenten auf Zuckerrohr- oder Maisbasis vermischt. Allerdings darf der geltende THC-Grenzwert nicht überschritten werden. In Deutschland wäre ein Filament nur legal, wenn es unter 0,2 Prozent psychoaktives THC enthält. Man könnte ja theoretisch auf die Idee kommen, es zu rauchen.