Zimt ist seit Jahrtausenden als Gewürz bekannt und macht jetzt auch im Design als wohltuender Farbton Karriere. Ein Überblick über die Vielseitigkeit der aromatischen Baumrinde.
Obwohl Zimt seit 4000 Jahren als Gewürz genutzt wird, gibt es bis heute Verwirrung darüber, dass im Laden meist zwei Sorten nebeneinanderstehen: Ceylon-Zimt aus der Rinde vom „echten“ Zimtbaum, der vor allem auf Sri Lanka angebaut wird. Und der billigere Cassia-Zimt von der Zimtkassie, auch chinesischer Zimtbaum genannt. Wichtiger Unterschied: Cassia-Zimt enthält mehr Cumarin, ein würziger sekundärer Pflanzenstoff, der als gesundheitsschädlich gilt, bei geringen Zimtmengen aber meist nicht ins Gewicht fällt. Das Aroma von Cassia-Zimt – süßlich, pfeffrig, bitter – passt gut zu kräftigen Lebkuchen oder Fleischgerichten. Der pudrig-süßliche bis holzige und zitronige Ceylon-Zimt eher zu Gebäck und Desserts. Beim „Alten Gewürzamt“ in Klingenberg, einer der besten Gewürzmühlen des Landes, empfehlen sie Zimtblüten. Die unreifen Früchte des Cassia-Zimtbaumes werden auch Zimtnelken genannt, sind komplexer und feiner im Geschmack als herkömmlicher Zimt. Ideal zu Wild, Krustentieren oder Gebäck. Für 150 g „Zimtblüten-Schokoladen-Salz“ der Kochbuchautorin Bettina Matthaei („Workshop Würzen“) mischt man 100 g grobes Steinsalz mit je 1 EL Zimtblüten, Kakaobohnensplittern und Langpfeffer sowie mit 2 TL Pimentkörnern und 1 TL getrocknetem Rosmarin in einer Gewürzmühle. Die Mischung verleiht Rind, Schwein und Geflügel, aber auch Blaukraut oder Roter Bete eine warme, runde Tiefe.
Die Farbe
Foto: Massimo Gardone by Azimut
Foto: Massimo Gardone by Azimut
Zimt spielt in der Küche nicht nur als Gewürz eine Rolle, sondern immer mehr auch als Farbton für die Wände oder Schrankfronten. Und beides hat viel miteinander zu tun. Wie sehr Sinneswahrnehmungen und insbesondere Farben unser Verhalten lenken, ist heute gut erforscht. Mehr als 99 Prozent dieser Beeinflussung laufen zwar unterbewusst ab, aber die Wirkung ist weitreichend: Wir glauben, Farben zu riechen, sie leiten unser Kaufverhalten bei Lebensmitteln (Grün etwa steht für Frische), und in Krankenhäusern mit angenehmem Interieur kann die Dosis von Beruhigungsmitteln um bis zu 30 Prozent gesenkt werden. Wenn bei Designmessen wie dem „Salone del Mobile“ dieses Jahr so viele Zimt- und andere Erdtöne zu sehen waren, dann liegt das an ihrem Marketingpotenzial. Über das Aroma assoziieren wir mit warmen Nuancen Wohlgefühl, zudem bedienen sie einen Megatrend: Naturnähe. Einrichtungsgegenstände in Naturfarben erscheinen uns automatisch nachhaltiger. Wenn wir also im Schein unserer terrakottafarbenen Lampe (im Bild der Klassiker Lumiere von Foscarini in neuer Variante) auf dem zimtfarbenen Sofa sitzen, erscheint uns die Welt gerade am ehesten in Ordnung. Und eigentlich waren wir satt, aber was könnte jetzt besser passen als ein, zwei Zimtsterne?
Der Geschmack
Foto: Elisabeth Cölfen/imago images
Foto: Elisabeth Cölfen/imago images
Wenn es so etwas wie ein It-Gebäck gibt, ein Lieblingsteilchen der Foodhipster von Kopenhagen bis New York, dann die Zimtschnecke. Obwohl sie schon vor etwa 100 Jahren in Schweden erfunden wurde, wird der Hype immer noch größer. Liegt es an der Rückbesinnung aufs Bäckerhandwerk? Oder daran, dass Hefeteig, Zucker und Zimt in vielen Küchen der Welt eine Rolle spielen? Sandra Wickert findet, dass die Kombination aus den drei Zutaten schlicht fantastisch ist – und damit unschlagbar mehrheitsfähig. Wickert ist Foodbloggerin in der deutschen Zimtschneckenhauptstadt Berlin. Inspiriert durch die Cinnamon-Roll-Sehnsucht ihres amerikanischen Freundes testete sie sich durch Cafés, Bäckereien und Delis und erstellte ein Qualitätsranking. Ihr Ergebnis: Die ideale Zimtschnecke ist luftig und trotzdem leicht knautschig, nicht zu süß, nicht zu zimtig, zart butterig. Ohne Künstlichkeiten wie Vanillinzucker oder Schnickschnack wie Schoko-Topping. Berlins beste Zimtschnecke fand Sandra Wickert im „Lula“ (lula-berlin.de) in Friedenau, früher eher ein Sahnetortenhabitat. Nach ihrem Test legte sie einen zuckerfreien Monat ein und probierte danach weiter – um ihre Liste (tracksandthecity.de/berlins-beste-zimtschnecke/) ständig aktuell zu halten.
Schon die alten Ägypter balsamierten Adelige nach dem Tod mit Zimt ein, frei nach dem Motto: Was so wertvoll für den lebendigen Körper ist, wird ihn auch im Jenseits erhalten. Kaum einem Gewürz wurden derart viele Heilkräfte zugeschrieben, im Mittelalter galt Zimtrinde sogar als Mittel gegen die Pest. Bis heute wird Zimt gegen Rheuma, bei Massagen und zur Magenberuhigung eingesetzt, da er die Durchblutung anregt. Und viele Plantagenarbeiter nutzen den Saft von Zimtblättern wegen seiner antimikrobiellen Wirkung gegen Insektenstiche. Diskussionen gibt es um die Bedeutung der blutzuckersenkenden Eigenschaften von Zimt, da entscheidende klinische Studien dazu fehlen. Unbestritten dagegen: Allein der Duft seiner ätherischen Öle löst Wohlgefühle aus. Ob diese auch die Denkleistung verbessern, wie ein amerikanischer Doktorand herausgefunden haben will, der zum Einfluss von Gerüchen auf das Gehirn forscht, ist eine andere ungeklärte Frage.
Foto: Memento/Florilegius/mauritius images
Foto: Memento/Florilegius/mauritius images
Wohlfühlen
Wunderbaum
Foto: Zimt-bild
Foto: Zimt-bild
Zimt ist seit Jahrtausenden als Gewürz bekannt und macht jetzt auch im Design als wohltuender Farbton Karriere. Ein Überblick über die Vielseitigkeit der aromatischen Baumrinde.
Foto: Zimt-bild
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Die Blüte
Foto: foodcollection/mauritius images
Foto: foodcollection/mauritius images
Obwohl Zimt seit 4000 Jahren als Gewürz genutzt wird, gibt es bis heute Verwirrung darüber, dass im Laden meist zwei Sorten nebeneinanderstehen: Ceylon-Zimt aus der Rinde vom „echten“ Zimtbaum, der vor allem auf Sri Lanka angebaut wird. Und der billigere Cassia-Zimt von der Zimtkassie, auch chinesischer Zimtbaum genannt. Wichtiger Unterschied: Cassia-Zimt enthält mehr Cumarin, ein würziger sekundärer Pflanzenstoff, der als gesundheitsschädlich gilt, bei geringen Zimtmengen aber meist nicht ins Gewicht fällt. Das Aroma von Cassia-Zimt – süßlich, pfeffrig, bitter – passt gut zu kräftigen Lebkuchen oder Fleischgerichten. Der pudrig-süßliche bis holzige und zitronige Ceylon-Zimt eher zu Gebäck und Desserts. Beim „Alten Gewürzamt“ in Klingenberg, einer der besten Gewürzmühlen des Landes, empfehlen sie Zimtblüten. Die unreifen Früchte des Cassia-Zimtbaumes werden auch Zimtnelken genannt, sind komplexer und feiner im Geschmack als herkömmlicher Zimt. Ideal zu Wild, Krustentieren oder Gebäck. Für 150 g „Zimtblüten-Schokoladen-Salz“ der Kochbuchautorin Bettina Matthaei („Workshop Würzen“) mischt man 100 g grobes Steinsalz mit je 1 EL Zimtblüten, Kakaobohnensplittern und Langpfeffer sowie mit 2 TL Pimentkörnern und 1 TL getrocknetem Rosmarin in einer Gewürzmühle. Die Mischung verleiht Rind, Schwein und Geflügel, aber auch Blaukraut oder Roter Bete eine warme, runde Tiefe.
Foto: Zimt-bild
Foto: Zimt-bild
Die Farbe
Foto: Massimo Gardone by Azimut
Foto: Massimo Gardone by Azimut
Zimt spielt in der Küche nicht nur als Gewürz eine Rolle, sondern immer mehr auch als Farbton für die Wände oder Schrankfronten. Und beides hat viel miteinander zu tun. Wie sehr Sinneswahrnehmungen und insbesondere Farben unser Verhalten lenken, ist heute gut erforscht. Mehr als 99 Prozent dieser Beeinflussung laufen zwar unterbewusst ab, aber die Wirkung ist weitreichend: Wir glauben, Farben zu riechen, sie leiten unser Kaufverhalten bei Lebensmitteln (Grün etwa steht für Frische), und in Krankenhäusern mit angenehmem Interieur kann die Dosis von Beruhigungsmitteln um bis zu 30 Prozent gesenkt werden. Wenn bei Designmessen wie dem „Salone del Mobile“ dieses Jahr so viele Zimt- und andere Erdtöne zu sehen waren, dann liegt das an ihrem Marketingpotenzial. Über das Aroma assoziieren wir mit warmen Nuancen Wohlgefühl, zudem bedienen sie einen Megatrend: Naturnähe. Einrichtungsgegenstände in Naturfarben erscheinen uns automatisch nachhaltiger. Wenn wir also im Schein unserer terrakottafarbenen Lampe (im Bild der Klassiker Lumiere von Foscarini in neuer Variante) auf dem zimtfarbenen Sofa sitzen, erscheint uns die Welt gerade am ehesten in Ordnung. Und eigentlich waren wir satt, aber was könnte jetzt besser passen als ein, zwei Zimtsterne?
Foto: Zimt-bild
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Der Geschmack
Foto: Elisabeth Cölfen/imago images
Foto: Elisabeth Cölfen/imago images
Wenn es so etwas wie ein It-Gebäck gibt, ein Lieblingsteilchen der Foodhipster von Kopenhagen bis New York, dann die Zimtschnecke. Obwohl sie schon vor etwa 100 Jahren in Schweden erfunden wurde, wird der Hype immer noch größer. Liegt es an der Rückbesinnung aufs Bäckerhandwerk? Oder daran, dass Hefeteig, Zucker und Zimt in vielen Küchen der Welt eine Rolle spielen? Sandra Wickert findet, dass die Kombination aus den drei Zutaten schlicht fantastisch ist – und damit unschlagbar mehrheitsfähig. Wickert ist Foodbloggerin in der deutschen Zimtschneckenhauptstadt Berlin. Inspiriert durch die Cinnamon-Roll-Sehnsucht ihres amerikanischen Freundes testete sie sich durch Cafés, Bäckereien und Delis und erstellte ein Qualitätsranking. Ihr Ergebnis: Die ideale Zimtschnecke ist luftig und trotzdem leicht knautschig, nicht zu süß, nicht zu zimtig, zart butterig. Ohne Künstlichkeiten wie Vanillinzucker oder Schnickschnack wie Schoko-Topping. Berlins beste Zimtschnecke fand Sandra Wickert im „Lula“ (lula-berlin.de) in Friedenau, früher eher ein Sahnetortenhabitat. Nach ihrem Test legte sie einen zuckerfreien Monat ein und probierte danach weiter – um ihre Liste (tracksandthecity.de/berlins-beste-zimtschnecke/) ständig aktuell zu halten.
Schon die alten Ägypter balsamierten Adelige nach dem Tod mit Zimt ein, frei nach dem Motto: Was so wertvoll für den lebendigen Körper ist, wird ihn auch im Jenseits erhalten. Kaum einem Gewürz wurden derart viele Heilkräfte zugeschrieben, im Mittelalter galt Zimtrinde sogar als Mittel gegen die Pest. Bis heute wird Zimt gegen Rheuma, bei Massagen und zur Magenberuhigung eingesetzt, da er die Durchblutung anregt. Und viele Plantagenarbeiter nutzen den Saft von Zimtblättern wegen seiner antimikrobiellen Wirkung gegen Insektenstiche. Diskussionen gibt es um die Bedeutung der blutzuckersenkenden Eigenschaften von Zimt, da entscheidende klinische Studien dazu fehlen. Unbestritten dagegen: Allein der Duft seiner ätherischen Öle löst Wohlgefühle aus. Ob diese auch die Denkleistung verbessern, wie ein amerikanischer Doktorand herausgefunden haben will, der zum Einfluss von Gerüchen auf das Gehirn forscht, ist eine andere ungeklärte Frage.