Foto: GMVozd/Getty Images
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Honig
Götterspeise
Von Marie Gundlach
5. Dezember 2024 - 4 Min. Lesezeit
Sortenvielfalt
Hell oder dunkel, flüssig oder fest, klar oder cremig: Es gibt viele Gründe für unterschiedliche Farben und Konsistenzen. Für Blütenhonige saugen die Bienen den Nektar direkt aus den Pflanzen, meist hat der Honig am Ende eine eher helle bis gelbe Farbe. Bei sogenanntem Honigtauhonig saugen Insekten wie Läuse oder Zikaden nährstoffreichen Saft aus Pflanzen, häufig aus Nadelbäumen. Die Bienen sammeln die Ausscheidungen der Kleintiere ein. Dieser Honig färbt sich nach Einlagerung in die Waben dunkler. Das hat auch Auswirkungen auf das Aroma: Helle Sorten gelten als zart und dezent, während dunkle eher würzig-warm schmecken. Auch die Bearbeitung durch den Imker kann das Aussehen beeinflussen. Besonders in hellem Honig bilden sich mit der Zeit natürliche Zuckerkristalle, durch minimalste Verunreinigungen und durch die chemische Struktur des Honigs. Imker verhindern dies meist, indem sie ihr Produkt bereits bei der Herstellung cremig rühren. Um Kristalle wieder zu lösen, den Honig einfach anwärmen, das muss allerdings schonend geschehen. Ab einer Temperatur von 40 Grad zerfallen wertvolle Nährstoffe. Am besten geht das unter Rühren in einem Wasserbad – oder auf der Heizung. Manchen schmeckt aber gerade die leicht knusprige Textur der Kristalle besonders gut.Reinheitsgebot
Wo Honig draufsteht, ist auch Honig drin – sollte man meinen, Honig ist schließlich ein einfaches, sogenanntes unverarbeitetes Erzeugnis, das nur aus einer Zutat besteht. Besser gesagt: bestehen sollte. Seit Jahren gibt es immer wieder Probleme mit gepanschtem Honig, dem während der Herstellung unerlaubt Zuckersirup beigemengt wird – das macht die Produktion deutlich billiger. Auch die Herkunft wird oft verschleiert. Die Europäische Kommission hat Ende 2023 bei einer Untersuchung 320 verschiedene Proben analysiert, bei 147 waren die Angaben zum Ursprung nicht korrekt oder unvollständig, hauptsächlich bei Import-Honig aus nichteuropäischen Ländern. Deshalb soll sich etwas ändern: Spätestens von 2026 an müssen Hersteller exakt angeben, woher ihr Honig kommt. Außerdem soll es in der EU systematisch Tests geben, um möglichen Betrug aufzudecken. Wer jetzt schon sichergehen will, achtet etwa auf Gläser mit der Kennzeichnung „Echter Deutscher Honig“.Kulturgut
Die Bibel beschreibt das verheißene Land als eines, in dem „Milch und Honig fließen“, im alten Ägypten galt Honig als Speise der Götter. Als Süßungsmittel stand er mit seiner sanften Farbe und dem wohligen Duft über Jahrhunderte für Luxus. Der goldene Honig symbolisierte schon optisch Reichtum und Wohlstand. Eine der ältesten Darstellungen stammt aus Bicorp im Osten Spaniens: Sie zeigt einen Menschen bei der Honigernte auf einem Baum, umschwärmt von Bienen. Historiker schätzen, dass die Felsmalerei zwischen den Jahren 10 000 und 6000 v. Chr. entstanden ist. Wegen seiner antibakteriellen Eigenschaften wurde mel, so die lateinische Bezeichnung, in der Antike und im Mittelalter auch zu heilenden Zwecken genutzt, zum Beispiel gemischt mit Essig als „Oxymel“ zur Behandlung von Wunden oder Atemwegserkrankungen. Heute erlebt die Mixtur und überhaupt Honig als Arznei ein Revival: Der aus Neuseeland stammende Manuka-Honig wird seit einigen Jahren als Medizinprodukt angeboten. Er soll etwa bei Entzündungen im Magen-Darm-Bereich helfen.Stadtgebiet
Produziert wird Honig längst nicht mehr nur auf dem Land, auch in Straßenfluchten oder zwischen Hochhäusern schwirren Bienen von Blüte zu Blüte. Stadthonig unterscheidet sich vor allem durch seine Zusammensetzung. Ein Sortenhonig, etwa mit Akazien- oder Lindenaroma, muss zu mindestens 60 Prozent aus dem Nektar oder Honigtau der namensgebenden Pflanze bestehen. Vor allem auf dem Land können Bienenvölker große Kulturen anfliegen, Rapsfelder oder Akazienwälder. Im urbanen Raum bedienen sich die Bienen hingegen an unterschiedlichsten Gewächsen – und man kann die Unterschiede sogar zwischen einzelnen Stadtvierteln deutlich erschmecken. Die Wiener Bezirksimkerei ermöglicht mit ihrem Set eine Aromareise quer durch die österreichische Metropole: Jeder der 23 Bezirke ist mit einem eigenen Honig vertreten. Lokalen Honig gibt es auch in fast jeder größeren Stadt in Deutschland. Wer Abgase befürchtet: Bei der Aufnahme des Nektars filtern Bienen potenziell gesundheitsgefährdende Partikel heraus, die Schadstoffbelastung liegt unter dem zulässigen Grenzwert und wird regelmäßig überprüft. Und da in der Stadt deutlich weniger Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen als in landwirtschaftlichen Gebieten, ist Stadthonig sogar weniger belastet.Zukunftschancen
Auch die Honigproduktion wird vom Klimawandel bedroht. Griechenland etwa rechnet wegen Hitzewellen und Trockenheit in diesem Jahr in einigen Regionen mit bis zu 90 Prozent weniger Honigernte, berichten griechische Medien. „Die Honigbiene selbst kann sich recht gut an veränderte klimatische Bedingungen anpassen“, sagt Kaspar Bienefeld, Direktor des Länderinstituts für Bienenkunde in Brandenburg. Schwierig werde es dann, wenn sich das Verhalten der Pflanzen ändere: „Da durch den Klimawandel die Blühphase früher anfängt, ist die Synchronisation zwischen Bienenvolk und Pflanzen nicht mehr gegeben.“ Auch Parasiten könnten sich durch mildere Winter besser vermehren. Aktuell würden viele Honigbienen in Deutschland gezüchtet und dann exportiert, so Bienefeld weiter. Diese Rassen sind aber nicht auf die klimatischen Bedingungen in anderen Ländern vorbereitet. Deshalb sei es wichtig, die verschiedenen Bienenarten überall auf der Welt zu schützen.Foto: GMVozd/Getty Images
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Honig
Götterspeise
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Sortenvielfalt
Hell oder dunkel, flüssig oder fest, klar oder cremig: Es gibt viele Gründe für unterschiedliche Farben und Konsistenzen. Für Blütenhonige saugen die Bienen den Nektar direkt aus den Pflanzen, meist hat der Honig am Ende eine eher helle bis gelbe Farbe. Bei sogenanntem Honigtauhonig saugen Insekten wie Läuse oder Zikaden nährstoffreichen Saft aus Pflanzen, häufig aus Nadelbäumen. Die Bienen sammeln die Ausscheidungen der Kleintiere ein. Dieser Honig färbt sich nach Einlagerung in die Waben dunkler. Das hat auch Auswirkungen auf das Aroma: Helle Sorten gelten als zart und dezent, während dunkle eher würzig-warm schmecken. Auch die Bearbeitung durch den Imker kann das Aussehen beeinflussen. Besonders in hellem Honig bilden sich mit der Zeit natürliche Zuckerkristalle, durch minimalste Verunreinigungen und durch die chemische Struktur des Honigs. Imker verhindern dies meist, indem sie ihr Produkt bereits bei der Herstellung cremig rühren. Um Kristalle wieder zu lösen, den Honig einfach anwärmen, das muss allerdings schonend geschehen. Ab einer Temperatur von 40 Grad zerfallen wertvolle Nährstoffe. Am besten geht das unter Rühren in einem Wasserbad – oder auf der Heizung. Manchen schmeckt aber gerade die leicht knusprige Textur der Kristalle besonders gut.Foto: GMVozd/Getty Images
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Reinheitsgebot
Wo Honig draufsteht, ist auch Honig drin – sollte man meinen, Honig ist schließlich ein einfaches, sogenanntes unverarbeitetes Erzeugnis, das nur aus einer Zutat besteht. Besser gesagt: bestehen sollte. Seit Jahren gibt es immer wieder Probleme mit gepanschtem Honig, dem während der Herstellung unerlaubt Zuckersirup beigemengt wird – das macht die Produktion deutlich billiger. Auch die Herkunft wird oft verschleiert. Die Europäische Kommission hat Ende 2023 bei einer Untersuchung 320 verschiedene Proben analysiert, bei 147 waren die Angaben zum Ursprung nicht korrekt oder unvollständig, hauptsächlich bei Import-Honig aus nichteuropäischen Ländern. Deshalb soll sich etwas ändern: Spätestens von 2026 an müssen Hersteller exakt angeben, woher ihr Honig kommt. Außerdem soll es in der EU systematisch Tests geben, um möglichen Betrug aufzudecken. Wer jetzt schon sichergehen will, achtet etwa auf Gläser mit der Kennzeichnung „Echter Deutscher Honig“.Foto: GMVozd/Getty Images
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Kulturgut
Die Bibel beschreibt das verheißene Land als eines, in dem „Milch und Honig fließen“, im alten Ägypten galt Honig als Speise der Götter. Als Süßungsmittel stand er mit seiner sanften Farbe und dem wohligen Duft über Jahrhunderte für Luxus. Der goldene Honig symbolisierte schon optisch Reichtum und Wohlstand. Eine der ältesten Darstellungen stammt aus Bicorp im Osten Spaniens: Sie zeigt einen Menschen bei der Honigernte auf einem Baum, umschwärmt von Bienen. Historiker schätzen, dass die Felsmalerei zwischen den Jahren 10 000 und 6000 v. Chr. entstanden ist. Wegen seiner antibakteriellen Eigenschaften wurde mel, so die lateinische Bezeichnung, in der Antike und im Mittelalter auch zu heilenden Zwecken genutzt, zum Beispiel gemischt mit Essig als „Oxymel“ zur Behandlung von Wunden oder Atemwegserkrankungen. Heute erlebt die Mixtur und überhaupt Honig als Arznei ein Revival: Der aus Neuseeland stammende Manuka-Honig wird seit einigen Jahren als Medizinprodukt angeboten. Er soll etwa bei Entzündungen im Magen-Darm-Bereich helfen.Foto: GMVozd/Getty Images
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Stadtgebiet
Produziert wird Honig längst nicht mehr nur auf dem Land, auch in Straßenfluchten oder zwischen Hochhäusern schwirren Bienen von Blüte zu Blüte. Stadthonig unterscheidet sich vor allem durch seine Zusammensetzung. Ein Sortenhonig, etwa mit Akazien- oder Lindenaroma, muss zu mindestens 60 Prozent aus dem Nektar oder Honigtau der namensgebenden Pflanze bestehen. Vor allem auf dem Land können Bienenvölker große Kulturen anfliegen, Rapsfelder oder Akazienwälder. Im urbanen Raum bedienen sich die Bienen hingegen an unterschiedlichsten Gewächsen – und man kann die Unterschiede sogar zwischen einzelnen Stadtvierteln deutlich erschmecken. Die Wiener Bezirksimkerei ermöglicht mit ihrem Set eine Aromareise quer durch die österreichische Metropole: Jeder der 23 Bezirke ist mit einem eigenen Honig vertreten. Lokalen Honig gibt es auch in fast jeder größeren Stadt in Deutschland. Wer Abgase befürchtet: Bei der Aufnahme des Nektars filtern Bienen potenziell gesundheitsgefährdende Partikel heraus, die Schadstoffbelastung liegt unter dem zulässigen Grenzwert und wird regelmäßig überprüft. Und da in der Stadt deutlich weniger Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen als in landwirtschaftlichen Gebieten, ist Stadthonig sogar weniger belastet.Foto: GMVozd/Getty Images
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Zukunftschancen
Auch die Honigproduktion wird vom Klimawandel bedroht. Griechenland etwa rechnet wegen Hitzewellen und Trockenheit in diesem Jahr in einigen Regionen mit bis zu 90 Prozent weniger Honigernte, berichten griechische Medien. „Die Honigbiene selbst kann sich recht gut an veränderte klimatische Bedingungen anpassen“, sagt Kaspar Bienefeld, Direktor des Länderinstituts für Bienenkunde in Brandenburg. Schwierig werde es dann, wenn sich das Verhalten der Pflanzen ändere: „Da durch den Klimawandel die Blühphase früher anfängt, ist die Synchronisation zwischen Bienenvolk und Pflanzen nicht mehr gegeben.“ Auch Parasiten könnten sich durch mildere Winter besser vermehren. Aktuell würden viele Honigbienen in Deutschland gezüchtet und dann exportiert, so Bienefeld weiter. Diese Rassen sind aber nicht auf die klimatischen Bedingungen in anderen Ländern vorbereitet. Deshalb sei es wichtig, die verschiedenen Bienenarten überall auf der Welt zu schützen. Text: Marie Gundlach; Redaktion: Anne Goebel; Digitales Storytelling: Stefanie Bende