Eis

Zum Dahinschmelzen

Vorfreude auf wärmere Tage: Um in die Eis-Saison zu starten, reichen ein paar Frühlings-Sonnenstrahlen. Über das Lieblingsdessert der alten Römer, frittierte Austern in der Waffel und warum eine Kugel zum Frühstück gar keine so dumme Idee ist.

12. Mai 2023 - 4 Min. Lesezeit

Gib mir die Kugel

Es würde einen sehr wundern, wenn nicht schon Steinzeitmenschen an einem Schneeball oder Eiszapfen geleckt hätten, auch wenn das Ganze damals nicht vergleichbar gewesen sein dürfte mit dem aktuellen Foodtrend aus Hawaii: „Shaved Ice“. Dafür werden Raspeln von einem Eisblock geschabt und mit Sirup in Regenbogenfarben übergossen. Überliefert ist, dass sich vor Jahrtausenden erst die Chinesen, später die Griechen und dann die alten Römer den Sommerabend mit Schnee samt Früchten, Honig oder Rosenwasser versüßten. Kaiser Nero soll das Dessert so geliebt haben, dass er Nachschub aus den Alpen in Kisten vergraben ließ für heiße Tage. Im 13. Jahrhundert beschreibt Marco Polo eine chinesische Rezeptur für Speiseeis, Caterina de’ Medici bringt es nach Frankreich, 1672 eröffnet in Paris das erste Eiscafé. Doch die frostige Cremespeise bleibt lange ein Luxus der Reichsten. Als 1876 der Ingenieur Carl von Linde die erste Kältemaschine entwirft, die mit Ammoniak arbeitet, kann Eis in großen Mengen hergestellt werden. In den 1930er-Jahren starten Firmen wie Langnese und Schöller die Massenproduktion. Ein Renner wird im Nachkriegs-Deutschland „Spaghetti-Eis“. Dafür macht Dario Fontanella aus Mannheim mit einer tiefgekühlten Spätzlepresse aus Eis: Pasta. Die Nudeln aus Vanilleeis mit Erdbeersoße stehen in seiner Eisdiele seit 1969 auf der Karte – so wie in wohl jedem der rund 5200 Eissalons hierzulande auch. Nächste Station in Sachen gelato: Forscher untersuchen, wie Pflanzenproteine eingesetzt werden können, um noch bessere vegane Eiscreme herzustellen.

Eis

Zum Dahinschmelzen

Vorfreude auf wärmere Tage: Um in die Eis-Saison zu starten, reichen ein paar Frühlings-Sonnenstrahlen. Über das Lieblingsdessert der alten Römer, frittierte Austern in der Waffel und warum eine Kugel zum Frühstück gar keine so dumme Idee ist.

Gib mir die Kugel

Es würde einen sehr wundern, wenn nicht schon Steinzeitmenschen an einem Schneeball oder Eiszapfen geleckt hätten, auch wenn das Ganze damals nicht vergleichbar gewesen sein dürfte mit dem aktuellen Foodtrend aus Hawaii: „Shaved Ice“. Dafür werden Raspeln von einem Eisblock geschabt und mit Sirup in Regenbogenfarben übergossen. Überliefert ist, dass sich vor Jahrtausenden erst die Chinesen, später die Griechen und dann die alten Römer den Sommerabend mit Schnee samt Früchten, Honig oder Rosenwasser versüßten. Kaiser Nero soll das Dessert so geliebt haben, dass er Nachschub aus den Alpen in Kisten vergraben ließ für heiße Tage. Im 13. Jahrhundert beschreibt Marco Polo eine chinesische Rezeptur für Speiseeis, Caterina de’ Medici bringt es nach Frankreich, 1672 eröffnet in Paris das erste Eiscafé. Doch die frostige Cremespeise bleibt lange ein Luxus der Reichsten. Als 1876 der Ingenieur Carl von Linde die erste Kältemaschine entwirft, die mit Ammoniak arbeitet, kann Eis in großen Mengen hergestellt werden. In den 1930er-Jahren starten Firmen wie Langnese und Schöller die Massenproduktion. Ein Renner wird im Nachkriegs-Deutschland „Spaghetti-Eis“. Dafür macht Dario Fontanella aus Mannheim mit einer tiefgekühlten Spätzlepresse aus Eis: Pasta. Die Nudeln aus Vanilleeis mit Erdbeersoße stehen in seiner Eisdiele seit 1969 auf der Karte – so wie in wohl jedem der rund 5200 Eissalons hierzulande auch. Nächste Station in Sachen gelato: Forscher untersuchen, wie Pflanzenproteine eingesetzt werden können, um noch bessere vegane Eiscreme herzustellen.

Qual der Wahl

Wenn schon die Eisdiele um die Ecke Gurke-Dill, Aperol Spritz und Pitahaya-Granatapfel in der Auslage anbietet, ahnt man, dass das im internationalen Vergleich wahrscheinlich noch ziemlich brav wirkt. Wenig überraschend: Besonders groß ist die Sortenvielfalt in Japan. Neben traditionellem Sakura (Kirschblüten-Eis) und Kinako (geröstetes Sojabohnen-Mehl) kann man sich etwa bei Kani Doraku, einer auf Krebse spezialisierten Restaurantkette, ein Krebs-Eis bestellen – auf Basis von Vanilleeis und mit richtigen Fleischstückchen. Anderswo werden frittierte Austern in die Waffel gesteckt oder es gibt die Klassiker der japanischen Küche in geeister Form, Natto (fermentierte Sojabohnen), Wasabi (Meerrettich) oder Ramen (japanische Nudelsuppe). Einen kleinen Eindruck dieser Eiskultur bietet das Café Tenzan Lab in Berlin. 

Wer so viele Sorten wie möglich auf einmal probieren möchte, ist beim nächsten Thailand-Urlaub im Übrigen gut im Mo & Moshi in Bangkok aufgehoben. Im „Scoop Sundae“ finden sich 22 verschiedene Sorten, dazu wird das riesige Glas aufgefüllt mit Mini-Waffeln, Vanille-Creme, dickem Kuchenboden und drei Packungen Erdbeeren. Überschaubarer bleibt es hierzulande, trotz der Experimentierfreude heimischer Eiskonditoren. Die Union der italienischen Speiseeishersteller (Uniteis) hat „Tiziano“ zur Kreation des Jahres 2023 erklärt, ein tiefrotes Erdbeertrauben-Sorbet mit Prosecco.
Der Sommer kann kommen, gern auch in weniger fancy mit den guten alten Vertrauten Capri, Kaktus, Flutschfinger – dazu passt das Poster „The Popsicle Project“ von Julia Marquardt-Lott (ab 9,99 Euro, junique.de).

Ice Ice Baby

Hilft Eis wirklich gegen Liebeskummer? Diese Frage wollte ein User vor einigen Jahren auf dem Portal gutefrage.net beantwortet wissen. Die Nutzer waren sich einig: tröstet nur kurz. In Hollywood scheint man das anders zu sehen, da wird – mit Vorliebe auf Bett oder Sofa umgeben von einem Haufen Kissen – aus einem großen Becher ausdauernd gegen die bitteren Tränen angelöffelt, etwa bei „Bridget Jones – Am Rande des Wahnsinns“ oder immer wieder in der Serie „Friends“. Alternativ steht das Eis in Filmen für Freiheit („Kevin allein zu Haus“) oder Freundschaft („Forrest Gump“); in der Musikbranche hingegen will man damit besonders cool rüberkommen (siehe Ice T, Ice Cube, Vanilla Ice, Ice Prince). Was die Herren wohl nicht bedacht haben bei ihrer Namenswahl: Eis schmilzt sehr schnell.

Ice Ice Baby

Hilft Eis wirklich gegen Liebeskummer? Diese Frage wollte ein User vor einigen Jahren auf dem Portal gutefrage.net beantwortet wissen. Die Nutzer waren sich einig: tröstet nur kurz. In Hollywood scheint man das anders zu sehen, da wird – mit Vorliebe auf Bett oder Sofa umgeben von einem Haufen Kissen – aus einem großen Becher ausdauernd gegen die bitteren Tränen angelöffelt, etwa bei „Bridget Jones – Am Rande des Wahnsinns“ oder immer wieder in der Serie „Friends“. Alternativ steht das Eis in Filmen für Freiheit („Kevin allein zu Haus“) oder Freundschaft („Forrest Gump“); in der Musikbranche hingegen will man damit besonders cool rüberkommen (siehe Ice T, Ice Cube, Vanilla Ice, Ice Prince). Was die Herren wohl nicht bedacht haben bei ihrer Namenswahl: Eis schmilzt sehr schnell.

Stilvoll löffeln

Banana Split, Coupe Dänemark und Pinocchio: Natürlich geht nichts über einen kunstvoll aufgetürmten Eisbecher im Café (zu letzterem gibt es einen fantastischen Bildband, für den die Autoren neun Tage lang durch alle Bundesländer gefahren sind, um so viele Pinocchio-Eisbecher wie möglich zu fotografieren und zu essen: „Mostro. Pinocchio-Eis in Deutschland“ – und wer den Rekord in „am meisten Eiskugeln in einer Waffel übereinander stapeln“ brechen möchte: offiziell sind es 125 Kugeln).

Wer zu Hause Lust auf ein Eis hat, muss sich die Kugel nicht zwingend in die angeschlagene Müslischale legen. Deutlich ansprechender löffelt es sich aus der klassischen Kelchform, die schon im Schrank „Italia!“ schreit. In dem Becher mit Stiel aus Edelstahl von Hay lässt sich auch prima Pudding oder rote Grütze servieren (ab 20 Euro von Hay z. B. über connox.de).

Team
Text Julia Rothhaas
Bildredaktion Natalie Isser, Claudia Eggl
Digitales Storytelling Christian Tönsmann