Blattgold

Glanzvoll

Ob in der Kunst, in der Kirche oder auf dem Teller: Blattgold fasziniert die Menschen seit jeher. Eine Hommage an Weihnachten.

19. Dezember 2024 - 3 Min. Lesezeit

Hauchdünn

Schon vor 5000 Jahren wurde in Indien Blattgold hergestellt. Um 1400 sind die ersten Goldschlägereien in Deutschland bekannt. Im Mittelalter waren es oft Mönche, die die Arbeiten ausübten, später übernahmen Handwerker. Besonders viele siedelten sich im mittelfränkischen Schwabach an. Die Stadt trägt noch heute den Beinamen „Goldschlägerstadt“. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren hier etwa 130 Betriebe tätig, heute sind es nach Angaben der Stadt nur noch fünf. Zur Herstellung von Blattgold wird das Metall geschmolzen und in Barren gegossen, bevor es zu einem dünnen Band gerollt und in kleine Würfel geschnitten wird. Anschließend wird es zu Blättern geschlagen, früher von Hand, heute maschinell. Die fertigen Blätter sind ein Zehntausendstel Millimeter dünn und werden in kleinen Heften oder als Flocken verkauft. Auch Weißgold, Platin und Silber werden in Blattform verarbeitet.

Wirkungsvoll

Gold war im alten Ägypten den Pharaonen vorbehalten. Schon damals wurden Gräber mit Blattgold geschmückt, berühmtestes Beispiel ist die Totenmaske des Pharaos Tutanchamun. Klassische griechische Statuen wurden mit Blattgold verziert, aus der Spätantike sind sogenannte illuminierte Handschriften mit teils goldenen Ornamenten bekannt. In Kirchen findet man prächtige Altäre und Stuckaturen, vergoldete Turmspitzen und -uhren. „Mit Gold wurde schon immer Macht und Reichtum demonstriert“, sagt die Vergoldermeisterin Elke Gleim. „Nicht umsonst besteht die Wand im großen Saal der UN-Vollversammlung teils aus Blattgold“, sagt sie. Gleim fertigt und restauriert in ihrer Werkstatt Ehmer Rahmen in München Bilderrahmen von Hand. „Das ist weniger material- als zeitaufwändig“, erklärt sie. Mit einem Pinsel legt sie das feine Blattgold auf den vorbereiteten Holz- oder Stuckuntergrund auf. Danach wird es mit einem Kunststein poliert und lackiert. „Wir bringen die Rahmen erst zum Strahlen“, sagt Gleim. „Aber die Kunst ist, dass sie am Schluss ‚alt‘ wirken.“

Delikat

Gold auf dem Teller hat nicht das beste Image, in der Spitzenküche wird es kaum noch verwendet. Als vor einigen Jahren Fotos von Franck Ribérys vergoldetem Steak kursierten, kommentierte die Köchin Sarah Wiener es mit den Worten „dekadente Schwachsinnsküche“. Dass es aber auch elegant geht, beweist die gelernte Konditormeisterin und Bildhauerin Kristiane Kegelmann. Die Pralinen ihres Berliner Labels Pars sind kleine Kunstwerke. „Eigentlich macht Blattgold in der Küche für mich wenig Sinn, weil es nicht nachhaltig ist und nach nichts schmeckt“, sagt sie. „Doch bei kantigen Formen wie unseren gibt es mehr Bruchstellen und Luftblasen als bei runden Pralinen. Das wollte ich aber nicht kaschieren, sondern hervorheben.“ Für ihre Pralinen verwendet sie ganz kleine Mengen Blattgold und trägt sie in Handarbeit mit einem Pinsel auf, die Pralinen wirken dadurch noch edler. Die Kreationen, unter anderem mit geräuchertem Heu oder einer Apfelreduktion und Tanne, schmecken nicht so süß, aber hocharomatisch. Am Ende des Menüs in ihrem gleichnamigen Restaurant in Berlin kann man ihre Pralinen zum Kaffee verkosten.

Prächtig

Im Mittelalter wurde Blattgold häufig als Bildhintergrund verwendet, unter anderem für Ikonenmalerei und Tafelbilder. Ab dem 15. Jahrhundert wurde das Material unbeliebter, wegen seines elitären Images – und weil es alle anderen Farben überstrahlt. Im 20. Jahrhundert dann das Comeback in der Kunst: Der Jugendstil-Maler Gustav Klimt schuf während seiner „goldenen Phase“ Werke mit Blattgold, das berühmteste ist „Der Kuss“. Die deutsch-amerikanische Künstlerin Kiki Smith nutzt Kartoffeldruck mit Blattgoldauflagen, und der Konzeptkünstler Damien Hirst erschuf vergoldete Skulpturen. Auch Yves Klein, vor allem bekannt für das von ihm entwickelte Ultramarinblau, oder der Pop-Art-Künstler Robert Rauschenberg arbeiteten mit Blattgold.

Kostbar

Der Goldpreis erreichte im November ein neues Rekordhoch. In fünf Jahren ist der Preis von 1344 Euro je Feinunze (31,1 Gramm) auf mehr als 2700 Euro gestiegen. Für Blattgold braucht man nur sehr geringe Mengen, ein Heft mit fünf Blättchen kann man ab etwa 20 Euro kaufen. Im Design ist Blattgold bis heute beliebt, mit verschiedenen Techniken werden damit unter anderem Porzellan und Gläser verziert - oder repariert: Bei der japanischen Technik Kintsugi werden Keramikscherben geklebt und kunstvoll mit gemahlenem Blattgold überzogen. Der 2023 gestorbene Couturier Paco Rabanne oder das Label Versace sind für ihre goldfarbenen Looks berühmt. Nach dem Hype der 1990er-Jahre war Gold erstmal out. Seit Kurzem kann man ein Revival beobachten, unter anderem bei Hermès oder Akris, die Vogue rief sogar den „Liquid Gold“-Trend aus. Für die Sommerkollektion 2025 zeigte die Marke Rabanne ein Kleid aus goldfarbenen Blättern.

Blattgold

Glanzvoll

Ob in der Kunst, in der Kirche oder auf dem Teller: Blattgold fasziniert die Menschen seit jeher. Eine Hommage an Weihnachten.

Hauchdünn

Schon vor 5000 Jahren wurde in Indien Blattgold hergestellt. Um 1400 sind die ersten Goldschlägereien in Deutschland bekannt. Im Mittelalter waren es oft Mönche, die die Arbeiten ausübten, später übernahmen Handwerker. Besonders viele siedelten sich im mittelfränkischen Schwabach an. Die Stadt trägt noch heute den Beinamen „Goldschlägerstadt“. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren hier etwa 130 Betriebe tätig, heute sind es nach Angaben der Stadt nur noch fünf. Zur Herstellung von Blattgold wird das Metall geschmolzen und in Barren gegossen, bevor es zu einem dünnen Band gerollt und in kleine Würfel geschnitten wird. Anschließend wird es zu Blättern geschlagen, früher von Hand, heute maschinell. Die fertigen Blätter sind ein Zehntausendstel Millimeter dünn und werden in kleinen Heften oder als Flocken verkauft. Auch Weißgold, Platin und Silber werden in Blattform verarbeitet.

Wirkungsvoll

Gold war im alten Ägypten den Pharaonen vorbehalten. Schon damals wurden Gräber mit Blattgold geschmückt, berühmtestes Beispiel ist die Totenmaske des Pharaos Tutanchamun. Klassische griechische Statuen wurden mit Blattgold verziert, aus der Spätantike sind sogenannte illuminierte Handschriften mit teils goldenen Ornamenten bekannt. In Kirchen findet man prächtige Altäre und Stuckaturen, vergoldete Turmspitzen und -uhren. „Mit Gold wurde schon immer Macht und Reichtum demonstriert“, sagt die Vergoldermeisterin Elke Gleim. „Nicht umsonst besteht die Wand im großen Saal der UN-Vollversammlung teils aus Blattgold“, sagt sie. Gleim fertigt und restauriert in ihrer Werkstatt Ehmer Rahmen in München Bilderrahmen von Hand. „Das ist weniger material- als zeitaufwändig“, erklärt sie. Mit einem Pinsel legt sie das feine Blattgold auf den vorbereiteten Holz- oder Stuckuntergrund auf. Danach wird es mit einem Kunststein poliert und lackiert. „Wir bringen die Rahmen erst zum Strahlen“, sagt Gleim. „Aber die Kunst ist, dass sie am Schluss ‚alt‘ wirken.“

Delikat

Gold auf dem Teller hat nicht das beste Image, in der Spitzenküche wird es kaum noch verwendet. Als vor einigen Jahren Fotos von Franck Ribérys vergoldetem Steak kursierten, kommentierte die Köchin Sarah Wiener es mit den Worten „dekadente Schwachsinnsküche“. Dass es aber auch elegant geht, beweist die gelernte Konditormeisterin und Bildhauerin Kristiane Kegelmann. Die Pralinen ihres Berliner Labels Pars sind kleine Kunstwerke. „Eigentlich macht Blattgold in der Küche für mich wenig Sinn, weil es nicht nachhaltig ist und nach nichts schmeckt“, sagt sie. „Doch bei kantigen Formen wie unseren gibt es mehr Bruchstellen und Luftblasen als bei runden Pralinen. Das wollte ich aber nicht kaschieren, sondern hervorheben.“ Für ihre Pralinen verwendet sie ganz kleine Mengen Blattgold und trägt sie in Handarbeit mit einem Pinsel auf, die Pralinen wirken dadurch noch edler. Die Kreationen, unter anderem mit geräuchertem Heu oder einer Apfelreduktion und Tanne, schmecken nicht so süß, aber hocharomatisch. Am Ende des Menüs in ihrem gleichnamigen Restaurant in Berlin kann man ihre Pralinen zum Kaffee verkosten.

Prächtig

Im Mittelalter wurde Blattgold häufig als Bildhintergrund verwendet, unter anderem für Ikonenmalerei und Tafelbilder. Ab dem 15. Jahrhundert wurde das Material unbeliebter, wegen seines elitären Images – und weil es alle anderen Farben überstrahlt. Im 20. Jahrhundert dann das Comeback in der Kunst: Der Jugendstil-Maler Gustav Klimt schuf während seiner „goldenen Phase“ Werke mit Blattgold, das berühmteste ist „Der Kuss“. Die deutsch-amerikanische Künstlerin Kiki Smith nutzt Kartoffeldruck mit Blattgoldauflagen, und der Konzeptkünstler Damien Hirst erschuf vergoldete Skulpturen. Auch Yves Klein, vor allem bekannt für das von ihm entwickelte Ultramarinblau, oder der Pop-Art-Künstler Robert Rauschenberg arbeiteten mit Blattgold.

Kostbar

Der Goldpreis erreichte im November ein neues Rekordhoch. In fünf Jahren ist der Preis von 1344 Euro je Feinunze (31,1 Gramm) auf mehr als 2700 Euro gestiegen. Für Blattgold braucht man nur sehr geringe Mengen, ein Heft mit fünf Blättchen kann man ab etwa 20 Euro kaufen. Im Design ist Blattgold bis heute beliebt, mit verschiedenen Techniken werden damit unter anderem Porzellan und Gläser verziert - oder repariert: Bei der japanischen Technik Kintsugi werden Keramikscherben geklebt und kunstvoll mit gemahlenem Blattgold überzogen. Der 2023 gestorbene Couturier Paco Rabanne oder das Label Versace sind für ihre goldfarbenen Looks berühmt. Nach dem Hype der 1990er-Jahre war Gold erstmal out. Seit Kurzem kann man ein Revival beobachten, unter anderem bei Hermès oder Akris, die Vogue rief sogar den „Liquid Gold“-Trend aus. Für die Sommerkollektion 2025 zeigte die Marke Rabanne ein Kleid aus goldfarbenen Blättern.
Text: Kathrin Hollmer; Redaktion: Anne Goebel; Digitales Storytelling: Stefanie Bende

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