Köstlich wild

Jetzt sprießt er wieder, und die Sammler zieht es in die Wälder: Der Bärlauch hat eine erstaunliche Karriere hingelegt. Fünf Fakten rund um das grüne Kraut – wo man es findet und warum es manchen stinkt.

6. März 2025 | Lesezeit: 4 Min.

Heilsam

Der Bär und der Lauch, das ist schon ein ungleiches Paar. Aber irgendwie müssen sie zusammengefunden haben, schließlich lautet auch der lateinische Name des Trend-Krauts Allium ursinum. Und Allium bedeutet Lauch, ursinum leitet sich von ursus, dem Bären, ab. Zwei Erklärungsversuche gibt es: Der Name könnte Ausdruck der Hoffnung gewesen sein, dass der Genuss von Bärlauch bärenstark macht. Oder aber: Das junge Grün diente im Frühling den Bären als erster Vitamin-Shot nach dem Winterschlaf. Immerhin, Vitamin C ist tatsächlich drin, ebenso Kalium, Kalzium und Eisen. Bärlauch hat schon lange einen guten Ruf als Heilpflanze, soll hilfreich sein bei Magen-Darm-Beschwerden, außerdem antibakteriell wirken und Blutfette abbauen.

Bärlauch ist eng verwandt mit Knoblauch, Zwiebel, Schnittlauch, das merkt man auf den ersten Biss. Aus kleinen weißen Zwiebeln sprießen ab Ende Februar die würzigen grünen Blätter, ab April dann zierliche weiße Blüten. Am wohlsten fühlen sich die Pflanzen in Laub- und Auwäldern, besonders unter schattigen Buchen.

Zu finden ist Bärlauch in fast ganz Europa bis nach Westasien, allerdings sehr ungleich verteilt, auch innerhalb Deutschlands: Während im Süden im Frühjahr oft der gesamte Wald nach Bärlauch riecht und weitläufige grüne Teppiche unter den Bäumen wachsen, steht er in Brandenburg und Hamburg auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Pflanzen.

Aromatisch

Rezepte mit Bärlauch wird man in Urgroßmutters Kochbuch vergeblich suchen. Rund um die Jahrtausendwende erst wurde das Wildkraut aus dem Wald für die Küche wiederentdeckt, dann ging es mit viel Schub bis hinauf in die Spitzengastronomie. Der legendäre Koch Eckart Witzigmann widmete ihm ein ganzes Kochbuch. Wobei das Kochen im eigentlichen Sinn dem Bärlauch gar nicht guttut: Hitze tötet das Aroma. Es erinnert an Knoblauch, wobei die Intensität immer eine kleine Überraschung bleibt: Mal schmecken die Blätter schärfer, mal frischer, je nach Standort, Alter und Größe. Der Rezept-Klassiker ist das Bärlauchpesto: 100 Gramm Bärlauch, 100 ml Olivenöl, 50 Gramm Walnuss-, Sonnenblumen- oder Pinienkerne und 50 Gramm Parmesan – auf ein paar Gramm mehr oder weniger kommt es nicht an – in einen Standmixer werfen und zu einer cremigen Masse verarbeiten. Schmeckt gut zu Nudeln. Oder zu frischem Weißbrot – das man allerdings auch mit Bärlauchbutter bestreichen könnte. Dafür nur die fein geschnittenen Blätter mit zimmerwarmer Butter vermischen. Oder man rührt das frische Grün kurz vor dem Servieren unter ein Risotto oder einen Kartoffelbrei. Nicht nur die Blätter sind essbar. Mit Bärlauchblüten lässt sich Öl aromatisieren. Die Knospen werden, eingelegt in einen Sud aus Wein und Essig, zu „Bärlauchkapern“. Und ja, es stimmt, man riecht nach dem Genuss von Bärlauch nicht nach Knoblauch – aber nach Bärlauch, und das ist für Umstehende im Ergebnis so ziemlich dasselbe.

Eifrig

Waldspaziergänger mit Körbchen in der Hand sind im Frühling ein sicheres Indiz: Irgendwo ganz in der Nähe sprießt der Bärlauch. Und den darf man, sofern es sich nicht um Schutzgebiete handelt, in aller Regel auch ernten – in kleinen Mengen, für den Eigenbedarf, wie man so schön sagt. Geregelt ist das in Paragraf 39 des Bundesnaturschutzgesetzes. Wild lebende Pflanzen aus der Natur darf man „an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen und sich aneignen“. Als Anhaltspunkt für die Menge gibt es die sogenannte „Handstraußregel“: Das grüne Bündel darf nur so groß sein, dass man es mit Daumen und Zeigefinger umschließen kann. Professionelle Bärlauchdiebe – ja, so etwas gibt es – haben da ganz andere Mengen im Gepäck. Gerade erst wurden bei Leipzig drei Männer mit 100 Kilogramm Bärlauchzwiebeln erwischt: Der Duft aus dem Kofferraum verriet sie. Leipzig hat sich in den vergangenen Jahren zum Hotspot der Bärlauch-Wilderei entwickelt. Für Kontrollen im Auwald wird dort eigens eine Polizeistaffel abgestellt.

Giftig

Mit dem Bärlauch aus dem Wald ist es wie mit den Pilzen: sich nie in Sicherheit wiegen, sondern mindestens zweimal hinschauen. Oder jemanden fragen, der sich auskennt. Denn es gibt gleich mehrere Doppelgänger, deren Verzehr fatal wäre: Die Blätter von Maiglöckchen und Herbstzeitlosen haben eine sehr ähnliche Form. Wichtigstes Erkennungsmerkmal ist der Geruch. Reibt man Bärlauchblätter zwischen den Fingern, duften sie typisch nach Knoblauch. Darauf allein sollte man sich allerdings nicht verlassen, denn haftet der Geruch erst einmal an der Haut, wird einem kaum mehr auffallen, wenn ein geruchloses Maiglöckchenblatt zwischen die Ernte gerät. Deshalb gleich weiter zu Merkmal Nummer zwei: Die Unterseite der Blätter ist beim Bärlauch matt, bei Maiglöckchen und Herbstzeitlosen glänzt sie. Bärlauch hat außerdem pro Stängel nur ein Blatt, bei Maiglöckchen sind es zwei. Und die Blätter der Herbstzeitlosen schieben sich ganz ohne Stiel aus dem Boden. So ganz ungefährlich ist übrigens auch der Bärlauch nicht: Für Hunde und Pferde ist er giftig.

Hartnäckig

Der schnellste Weg zu frischem Bärlauch sind ein paar Pflänzchen im eigenen Garten. Aber Achtung: Fühlt er sich wohl, was vor allem auf feuchtem, nährstoffreichen Boden im Schatten von Laubbäumen der Fall ist, gewinnt man einen sehr anhänglichen Mitbewohner mit Tendenz zur geruchsintensiven Aufdringlichkeit. Bärlauch produziert reichlich Samen und breitet sich rasch aus. Aus den Pflänzchen wird ruckzuck ein grüner Teppich. Vorbeugen kann man, indem man nach der Blüte die grünen Samenkapseln abschneidet, bevor sie sich öffnen. Ansonsten hilft nur: Spaten holen und die Zwiebeln ausbuddeln. Und Geduld bewahren, denn die Samen liegen gern auch mal zwei, drei, vier Jahre untätig im Boden, bevor sie keimen. Aber vielleicht hat man dann auch schon wieder Lust auf Bärlauch.
Köstlich wild

Jetzt sprießt er wieder, und die Sammler zieht es in die Wälder: Der Bärlauch hat eine erstaunliche Karriere hingelegt. Fünf Fakten rund um das grüne Kraut – wo man es findet und warum es manchen stinkt.

Heilsam

Der Bär und der Lauch, das ist schon ein ungleiches Paar. Aber irgendwie müssen sie zusammengefunden haben, schließlich lautet auch der lateinische Name des Trend-Krauts Allium ursinum. Und Allium bedeutet Lauch, ursinum leitet sich von ursus, dem Bären, ab. Zwei Erklärungsversuche gibt es: Der Name könnte Ausdruck der Hoffnung gewesen sein, dass der Genuss von Bärlauch bärenstark macht. Oder aber: Das junge Grün diente im Frühling den Bären als erster Vitamin-Shot nach dem Winterschlaf. Immerhin, Vitamin C ist tatsächlich drin, ebenso Kalium, Kalzium und Eisen. Bärlauch hat schon lange einen guten Ruf als Heilpflanze, soll hilfreich sein bei Magen-Darm-Beschwerden, außerdem antibakteriell wirken und Blutfette abbauen.

Bärlauch ist eng verwandt mit Knoblauch, Zwiebel, Schnittlauch, das merkt man auf den ersten Biss. Aus kleinen weißen Zwiebeln sprießen ab Ende Februar die würzigen grünen Blätter, ab April dann zierliche weiße Blüten. Am wohlsten fühlen sich die Pflanzen in Laub- und Auwäldern, besonders unter schattigen Buchen.

Zu finden ist Bärlauch in fast ganz Europa bis nach Westasien, allerdings sehr ungleich verteilt, auch innerhalb Deutschlands: Während im Süden im Frühjahr oft der gesamte Wald nach Bärlauch riecht und weitläufige grüne Teppiche unter den Bäumen wachsen, steht er in Brandenburg und Hamburg auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Pflanzen.

Aromatisch

Rezepte mit Bärlauch wird man in Urgroßmutters Kochbuch vergeblich suchen. Rund um die Jahrtausendwende erst wurde das Wildkraut aus dem Wald für die Küche wiederentdeckt, dann ging es mit viel Schub bis hinauf in die Spitzengastronomie. Der legendäre Koch Eckart Witzigmann widmete ihm ein ganzes Kochbuch. Wobei das Kochen im eigentlichen Sinn dem Bärlauch gar nicht guttut: Hitze tötet das Aroma. Es erinnert an Knoblauch, wobei die Intensität immer eine kleine Überraschung bleibt: Mal schmecken die Blätter schärfer, mal frischer, je nach Standort, Alter und Größe. Der Rezept-Klassiker ist das Bärlauchpesto: 100 Gramm Bärlauch, 100 ml Olivenöl, 50 Gramm Walnuss-, Sonnenblumen- oder Pinienkerne und 50 Gramm Parmesan – auf ein paar Gramm mehr oder weniger kommt es nicht an – in einen Standmixer werfen und zu einer cremigen Masse verarbeiten. Schmeckt gut zu Nudeln. Oder zu frischem Weißbrot – das man allerdings auch mit Bärlauchbutter bestreichen könnte. Dafür nur die fein geschnittenen Blätter mit zimmerwarmer Butter vermischen. Oder man rührt das frische Grün kurz vor dem Servieren unter ein Risotto oder einen Kartoffelbrei. Nicht nur die Blätter sind essbar. Mit Bärlauchblüten lässt sich Öl aromatisieren. Die Knospen werden, eingelegt in einen Sud aus Wein und Essig, zu „Bärlauchkapern“. Und ja, es stimmt, man riecht nach dem Genuss von Bärlauch nicht nach Knoblauch – aber nach Bärlauch, und das ist für Umstehende im Ergebnis so ziemlich dasselbe.

Eifrig

Waldspaziergänger mit Körbchen in der Hand sind im Frühling ein sicheres Indiz: Irgendwo ganz in der Nähe sprießt der Bärlauch. Und den darf man, sofern es sich nicht um Schutzgebiete handelt, in aller Regel auch ernten – in kleinen Mengen, für den Eigenbedarf, wie man so schön sagt. Geregelt ist das in Paragraf 39 des Bundesnaturschutzgesetzes. Wild lebende Pflanzen aus der Natur darf man „an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen und sich aneignen“. Als Anhaltspunkt für die Menge gibt es die sogenannte „Handstraußregel“: Das grüne Bündel darf nur so groß sein, dass man es mit Daumen und Zeigefinger umschließen kann. Professionelle Bärlauchdiebe – ja, so etwas gibt es – haben da ganz andere Mengen im Gepäck. Gerade erst wurden bei Leipzig drei Männer mit 100 Kilogramm Bärlauchzwiebeln erwischt: Der Duft aus dem Kofferraum verriet sie. Leipzig hat sich in den vergangenen Jahren zum Hotspot der Bärlauch-Wilderei entwickelt. Für Kontrollen im Auwald wird dort eigens eine Polizeistaffel abgestellt.

Giftig

Mit dem Bärlauch aus dem Wald ist es wie mit den Pilzen: sich nie in Sicherheit wiegen, sondern mindestens zweimal hinschauen. Oder jemanden fragen, der sich auskennt. Denn es gibt gleich mehrere Doppelgänger, deren Verzehr fatal wäre: Die Blätter von Maiglöckchen und Herbstzeitlosen haben eine sehr ähnliche Form. Wichtigstes Erkennungsmerkmal ist der Geruch. Reibt man Bärlauchblätter zwischen den Fingern, duften sie typisch nach Knoblauch. Darauf allein sollte man sich allerdings nicht verlassen, denn haftet der Geruch erst einmal an der Haut, wird einem kaum mehr auffallen, wenn ein geruchloses Maiglöckchenblatt zwischen die Ernte gerät. Deshalb gleich weiter zu Merkmal Nummer zwei: Die Unterseite der Blätter ist beim Bärlauch matt, bei Maiglöckchen und Herbstzeitlosen glänzt sie. Bärlauch hat außerdem pro Stängel nur ein Blatt, bei Maiglöckchen sind es zwei. Und die Blätter der Herbstzeitlosen schieben sich ganz ohne Stiel aus dem Boden. So ganz ungefährlich ist übrigens auch der Bärlauch nicht: Für Hunde und Pferde ist er giftig.

Hartnäckig

Der schnellste Weg zu frischem Bärlauch sind ein paar Pflänzchen im eigenen Garten. Aber Achtung: Fühlt er sich wohl, was vor allem auf feuchtem, nährstoffreichen Boden im Schatten von Laubbäumen der Fall ist, gewinnt man einen sehr anhänglichen Mitbewohner mit Tendenz zur geruchsintensiven Aufdringlichkeit. Bärlauch produziert reichlich Samen und breitet sich rasch aus. Aus den Pflänzchen wird ruckzuck ein grüner Teppich. Vorbeugen kann man, indem man nach der Blüte die grünen Samenkapseln abschneidet, bevor sie sich öffnen. Ansonsten hilft nur: Spaten holen und die Zwiebeln ausbuddeln. Und Geduld bewahren, denn die Samen liegen gern auch mal zwei, drei, vier Jahre untätig im Boden, bevor sie keimen. Aber vielleicht hat man dann auch schon wieder Lust auf Bärlauch.
Text: Eva Dignös; Redaktion: Anne Goebel; Fotos: [1] [2] brebca Getty Images[3] mauritius images Westend61 [4] TravelCavan Images; Digitales Storytelling: Birgit Kruse

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