Nur wenige werden sich an die Weltmeisterschaft 1962 in Chile errinnen, in Deutschland gilt das Turnier als "vergessene WM". Einzig die Begegnung zwischen dem Gastgeber und Italien, die als „Weltkrieg der Fußtritte“ eingehen sollte, blieb im Gedächtnis. Die verschwommenen Bilder von den Prügelein auf dem Platz und vom enttäuschenden Abschneiden der Herberger-Elf flimmerten erst Tage später über die deutschen Bildschirme, Live-Bilder gab es nicht.
Und trotzdem sollte man sich an dieses Turnier erinnern, denn Brasilien gelang etwas, was seitdem keine Mannschaft mehr schaffte. Obwohl Pelé verletzt fehlte, von den Anhängern als "Halbgott in Fußballschuhen" verehrt, fegte Brasilien über die damalige Tschechoslowakei hinweg - und verteidigte den WM-Titel.
Schafft es Deutschland wieder ins Finale? Oder endet die Mission Titelverteidigung vorzeitig? Verschiedene Daten können darauf Hinweise geben.
Gemessen an den Marktwerten der einzelnen Teams ist die Sache klar: Den WM-Titel spielen die üblichen Verdächtigen unter sich aus. Frankreichs und Spaniens Kader knacken diesmal sogar die Marke von einer Milliarde Euro, schätzt das Internetportal Transfermarkt.de. Doch auch Brasilien, Deutschland und England sind davon nicht weit entfernt. Zum Vergleich: Der Kader von WM-Neuling Panama hat einen geschätzten Marktwert von 8,43 Millionen Euro.

SZ-Grafik/Quelle: Transfermarkt.de
Wie stark die Marktwerte in den vergangenen vier Jahren explodiert sind, verdeutlicht ein Blick auf die Werte von 2014. Damals galt Spanien als das wertvollste Team, mit einer Summe von 622 Millionen. Heute läge Spanien damit nur noch auf Platz neun, der deutsche Kader mit 562 Millionen auf Platz zehn. Spektakulär ist die Entwicklung von Frankreich: In Rio wurde die Mannschaft noch auf 411,75 Millionen taxiert, vier Jahre später liegt der Wert um 600 Millionen höher.
Der Klub der Weltmeister ist ein elitärer Kreis, in den kaum ein Neuling eindringen kann: Von den acht Nationen, die sich die Weltmeistertitel aufteilen, stehen auch 2018 fünf an der Spitze der Marktwert-Tabelle.
Und so liegt der Schluss nahe, dass es wieder eine WM der Millionen wird, in der Überraschungen rar werden - auch wenn in manchem Kader hochtalentierte Spieler stehen. Doch die müssen die Hoffnung ihres Landes fast alleine auf ihren Schultern tragen.
Fußball wird immer als Mannschaftssport gepriesen, doch manchmal verdichtet sich das Spiel auf einen entscheidenden Moment - und einen entscheidenden Spieler. So wie Mario Götze nach seiner Einwechslung im WM-Finale 2014 gegen Argentinien in den Ball flog und das Tor zum WM-Sieg schoss. Doch als er in der 88. Minute den Platz betrat, standen insgesamt sieben Bayern-Spieler auf dem Platz, im Kader waren auch noch vier Spieler von Borussia Dortmund. Eine eingespielte Mannschaft. Aus Spielern, die zusammen viel erlebt hatten und deren Mannschaften sich gerade auf einem Höhepunkt befanden und 2013 den Champions-League-Titel untereinander ausgespielt hatten. Zwei Blöcke, die sich in der Bundesliga und Champions League herausgefordert hatten - und dann zusammen Weltmeister wurden.
Auch 2018 sind wieder sieben Bayern-Profis dabei, doch nur noch ein einziger Dortmunder: Marco Reus. Die zweitgrößte Gruppe kommt von Paris Saint-Germain. Wobei Gruppe übertrieben ist - es sind zwei Spieler: Ersatztorhüter Kevin Trapp und Julian Draxler.

DFB/dpa
Marktwert und Eingespieltheit sind Anhaltspunkte für das Abschneiden im Turnier. Ein weiterer: die aktuelle Spielstärke und Form. Doch wie lässt sich das messen?
Elo-Rating soll das umstrittene Fifa-Ranking ablösen
Eine mögliche Antwort auf diese Frage liefert das sogenannte Elo-Rating – benannt nach seinem Erfinder, dem amerikanischen Statistiker Arpad Elo. Er entwickelte Ende der 1950er-Jahre ein Wertungssystem, das für Schachspieler mithilfe ihrer bisherigen Spielergebnisse einen Wert berechnet. Das System lässt sich relativ einfach auch auf den Fußball übertragen.
Für jedes Spiel zweier Nationalteams wird dieser Elo-Wert berechnet. Er berücksichtigt zum Beispiel die Tordifferenz, wie wichtig ein Wettbewerb ist und ob der Gegner besser oder schlechter ist.
Für einen hohen Sieg in einem wichtigen Spiel gegen einen starken Gegner bekommt eine Mannschaft mehr Punkte als bei einem knappen Sieg in einem Testspiel gegen einen schwachen Gegner. Bei einer überraschenden Niederlage gegen einen Außenseiter bekommt der Favorit Punkte abgezogen. So entsteht über die Zeit ein Rating, das die aktuelle Spielstärke der Mannschaften abbilden soll.
Bei den Frauennationalteams verwendet die Fifa bereits das Elo-Konzept für die Weltrangliste. Nach der WM 2018, so hat der Verband angekündigt, soll diese Berechnungsformel auch das umstrittene Männer-Ranking ersetzen.
Ein Vergleich der Elo-Werte seit der WM 2014 zeigt, wie sich die besten Nationalteams seitdem geschlagen haben.
Viele messbare Faktoren spielen eine Rolle bei der Frage, wer Weltmeister wird. Eine Größe darf man allerdings auch nicht außer Acht lassen, und gerade die ist schwer zu ermitteln: Glück.