Transparenz-Blog

Wie läuft ein SZ-Volontariat ab?

Acht Auszubildende lernen jedes Jahr in der SZ-Redaktion das journalistische Handwerk. David Wünschel über schwierige Fragen im Bewerbungsgespräch, alltägliche Herausforderungen und die Notwendigkeit größerer personeller Diversität.

David Wünschel, SZ-Volontär
6. Juni 2022 - 5 Min. Lesezeit

Mein Bewerbungsgespräch bei der SZ ist eines dieser Erlebnisse, die ich wohl nie vergessen werde. Es war ein eisblauer Januartag, die Luft so klar wie selten. Ich war zum ersten Mal in der Redaktion. Vom Büro des Chefredakteurs reichte der Blick bis auf die Alpengipfel und seine erste Frage war, welcher von denen denn die Zugspitze sei. Ich wusste es nicht und zeigte auf einen der höchsten Berge, glücklicherweise den richtigen. „Na dann“, sagte der Chefredakteur mit einem Augenzwinkern, „kann es mit dem Volontariat ja noch was werden.“

Die anderen Fragen bezogen sich zum Glück auf meine journalistischen Erfahrungen und meinen Lebensweg. Ein paar Wochen später kam die Zusage, mittlerweile arbeite ich seit 16 Monaten für die SZ. Es ist die bisher anstrengendste Zeit meines Lebens, aber wohl auch die lehrreichste und spannendste. Denn von Beginn an ist man in den Redaktionsalltag integriert, übernimmt Verantwortung und betreut eigene Projekte. Ich kann mir keine andere Ausbildung vorstellen, in der die Aufgaben so vielfältig sind und man so häufig in ungewohnten Situationen landet wie während des Volontariats.

Das bringt zum einen die journalistische Arbeit mit sich, die einen täglich mit neuen Themen und Menschen konfrontiert. Zum anderen aber auch der Aufbau der Ausbildung, denn in der Regel wechseln Volontäre alle ein bis drei Monate das Ressort. Während der zwei Jahre arbeitet man also in rund einem Dutzend verschiedenen Teams. Wenn plötzlich mal wieder viele unbekannte Menschen in den Meetings sitzen, kann sich das anfühlen wie eine Abfolge mehrerer Praktika. Aber mit jeder Station versteht man die SZ und ihre Strukturen ein wenig besser. Und zu den schönsten Dingen des Volontariats zählt, dass man ständig tolle Kolleginnen und Kollegen kennenlernt.

Welche das sind, hängt von den eigenen Interessen ab. Jeder Volontär und jede Volontärin kann sich unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Einige Stationen sind Pflicht: Zum Beispiel der Newsdesk, an dem man viele, vor allem schnelle Nachrichten über das Weltgeschehen verfasst. Oder der Lokalteil, in dem über alles berichtet wird, das gerade in München und den umliegenden Landkreisen passiert. Einmal kommen alle acht Volos eines Jahrgangs für einen Monat zusammen und produzieren in Eigenregie eine Ausgabe des Gesellschaftsteils, in den vergangenen beiden Jahren beispielsweise zu den Themen Unvernunft und Identität. Darüber hinaus zieht es manche in ihren Wahlstationen eher ins Politikressort, andere ins Datenteam oder die Reiseredaktion.

Dort liegt der Fokus dann meist darauf, lesenswerte Texte zu produzieren. Wer gute Ideen mitbringt, kann sie auch umsetzen. Manche Volontäre arbeiten an großen Recherchen zum Krieg in der Ukraine, andere verfassen Essays über die finanziellen Auswüchse des Profifußballs. Ich selbst habe ein Projekt dazu koordiniert, was Google eigentlich mit all den Daten aus unseren Suchverläufen anstellt. Vor allem solch größere Stücke entstehen stets in Zusammenarbeit mit erfahrenen Redakteurinnen und Redakteuren – zum Beispiel, indem man gemeinsam recherchiert oder sich nach dem Schreiben über den Text austauscht. Und alle Volontäre haben Mentoren, die einen während der zwei Jahre als Ansprechpartner begleiten. So kann man sich von den Kolleginnen und Kollegen vieles abschauen.

Aber natürlich geht es nicht nur ums Schreiben. Die SZ ist schließlich mehr als die gedruckte Zeitung. Volontäre lernen auch, wie man die digitale Ausgabe produziert oder Texte für die Webseite aufbereitet. Es gibt ein Podcast-Team, ein Video-Team und einen Visual Desk, an dem Designerinnen, Bild- und Textredakteure gemeinsam Multimedia-Kunstwerke erschaffen. Künftig sollen diese Teile der Redaktion gestärkt werden. Deshalb sind unter den acht Volontariaten, die die SZ 2023 ausschreibt, zwei mit Datenschwerpunkt, eines mit Audio-Schwerpunkt und eines mit dem Schwerpunkt Design, Foto und Animation.

Was uns bei allen Stellenausschreibungen wichtig ist: Wir wollen als Redaktion diverser werden. Neue Blickwinkel bereichern die Berichterstattung. Wir wünschen uns also Kolleginnen und Kollegen mit Perspektiven, die in der SZ bislang zu selten vorkommen, und freuen uns über jede Bewerbung von Menschen mit Migrationsgeschichte oder untypischen Bildungswegen. Es braucht keine fünf Praktika plus Master, um eine Stelle zu bekommen. Auch mit einer Ausbildung und ersten Arbeitsproben von einem kleinen Medium hat man Chancen.

Das einzige unabdingbare Kriterium ist journalistisches Talent. Das Volontariat bietet genügend Zeit, es weiterzuentwickeln. Dabei helfen nicht nur die Kolleginnen und Kollegen, sondern auch der große Schatz an Erfahrungen, den man während der zwei Jahre in den verschiedenen Ressorts sammelt.

Bewerben kann man sich noch bis 31. Juli 2022 über das Stellenportal der SWMH. Fragen zu den aktuellen Ausschreibungen beantworten unsere Volontärsbeauftragten Iris Spiegelberger und Karin Kampwerth unter volontariat@sz.de.

Team
Digitales Design Lea Gardner
Illustration Bernd Schifferdecker
Redaktion Karin Kampwerth, Iris Spiegelberger
Videos Johannes Korsche, Katharina Rabl, Sina-Maria Schweikle, Lea Weinmann