Wer zu Lebzeit gut auf Erden

Wilfried Fesselmann war elf, als er von einem Priester missbraucht wurde. Der aber durfte jahrzehntelang weiter mit Kindern arbeiten. Und die Verantwortlichen?

Waren vor allem damit beschäftigt, alles zu vertuschen. Wie ein Gutachten jetzt neue Abgründe offenlegt.

Wer zu Lebzeit gut auf Erden

Wilfried Fesselmann war elf, als er von einem Priester missbraucht wurde. Der aber durfte jahrzehntelang weiter mit Kindern arbeiten. Und die Verantwortlichen?

Waren vor allem damit beschäftigt, alles zu vertuschen. Wie ein Gutachten jetzt neue Abgründe offenlegt.

Text: Bernd Kastner, Nicolas Richter, Annette Zoch Fotos: Alessandra Schellnegger
20. Januar 2022 - 16 Min. Lesezeit

Es klang wie eine Ehre für den elfjährigen Wilfried Fesselmann: Im Sommer 1979 klingelte bei seinen Eltern das Telefon, Peter H., der Geistliche der örtlichen Gemeinde war dran. Er sagte, der Wilfried sei so nett, er dürfe zur Belohnung im Pfarrhaus übernachten. Die Eltern dachten sich nichts, der junge Geistliche war beliebt in der Gemeinde St. Andreas in Essen. Doch in dieser Nacht im Juli 1979, sagt Fesselmann heute, habe Peter H. ihn missbraucht.

Am Abend hätten sie erst miteinander geredet, dann habe ihm der Priester „was Tolles“ zu trinken gegeben. Später habe Peter H. die Türen abgeschlossen und das Gespräch aufs Geschlechtsteil gelenkt. Dann habe H. sich ausgezogen – und es sei geschehen. „Am anderen Morgen lag ein Zettel am Bett“, erinnert sich Fesselmann: „Bitte geh nach Hause und vergesse es schnell.“

Aber Wilfried Fesselmann kann nicht vergessen, er leidet unter dieser Tat. Priester Peter H. aber macht in dieser Zeit Karriere. Dass er pädophil ist, ist den Verantwortlichen der katholischen Kirche früh bekannt, aber nie stellt sich ihm jemand in den Weg. Es ist wohl vor allem Fesselmann zu verdanken, dass H. Jahrzehnte später endlich aus der Seelsorge entfernt wird.