80 Jahre SZ

Wie das SZ-Korrespondentennetz entstand

Vom maoistischen China über legendäre Berliner Kanzlerduelle bis zum Krieg in der Ukraine: Seit 80 Jahren ordnen SZ-Korrespondenten das Geschehen auf der ganzen Welt ein. 

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2. Oktober 2025 | Lesezeit: 7 Min.

Der Korrespondent erfuhr die News beiläufig, von einem Hotelangestellten in Amman: Der Krieg habe soeben begonnen. Es war der 5. Juni 1967. Rudolph Chimelli wusste: Hier von Jordanien aus, das womöglich Teil dieses Krieges würde, konnte er keine Nachricht absetzen – und Internet, SMS, Twitter waren noch lange nicht erfunden. Also raste er mit zwei Kollegen 300 Kilometer nach Libanon, wo es freier zuging. Später erinnerte er sich: „Am Berg Hermon vorbei flogen israelische Jagdbomber, während der Umfahrung von Damaskus waren ferne Explosionen zu hören, aus dem Radio kamen arabische Siegesmeldungen über Riesenverluste der Israeli.“

Der Sechstagekrieg hatte begonnen, Israel kam den aufmarschierten arabischen Armeen mit einem massiven Präventivschlag zuvor. 

Chimelli erfuhr von einem Top-Kontakt, einem Diplomaten, dass in Wahrheit die Ägypter und Syrer völlig überrumpelt und bereits auf der Flucht waren. Und der Korrespondent hatte all dieses Wissen genau so, wie es jeder Berichterstatter am liebsten hätte: exklusiv, für sich allein. Sein Bericht, von Beirut per Telex gesendet, begann mit: „Krieg in der ersten Stunde entschieden.“ Es war der Scoop eines Journalistenlebens. Oder besser: Er wäre es gewesen.

In der Süddeutschen Zeitung vom 6. Juni 1967 stand kein Wort davon, nur Agenturmeldungen, alle falsch. Verlegen teilte die Nachrichtenredaktion Chimelli nachher mit: „Wir haben gedacht, Sie als Einzelkämpfer würden die Lage nicht so überschauen. Da haben wir lieber Agentur genommen.“

Korrespondenten haben es, wie viele von ihnen gern bestätigen würden, eben nicht leicht mit der Zentrale. Und ihr Job ist heute nicht weniger anspruchsvoll als damals, auch wenn ein Satellitentelefon derartige Breaking News heute binnen Minuten in die Redaktion übermitteln würde. Vor zehn Jahren schrieb Stefan Kornelius, heute Sprecher der Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz, damals Ressortleiter Außenpolitik und ehemaliger USA-Korrespondent der SZ: „Dieser Welt kann sich keiner mehr entziehen. Sie muss also geordnet werden (…) Krisen müssen erklärt und verstanden werden. Es braucht journalistische Handwerkskunst in einer Zeit, in der sich zu jeder Meinung auch vermeintliche Fakten finden lassen.“

Das gilt heute in einer Welt voller Desinformation und Fake News mehr denn je, zumal eine treibende Kraft dieser Welt inzwischen auch das Weiße Haus in Washington ist.

Dort, wo nach Donald Trumps erstem Amtsantritt 2016 der orwellhafte Begriff der „alternativen Fakten“ geprägt wurde, alternative facts. Die Spreu vom Weizen zu sortieren: Das ist die Aufgabe der Korrespondentinnen und Korrespondenten, die aus den Bundesländern, vielen Hauptstädten Europas und der Welt berichten.

In den ersten beiden Jahrzehnten nach Gründung der SZ am 6. Oktober 1945 gab es allerdings noch kaum eigene Korrespondenten. Manche Journalisten berichteten gleich für mehrere Zeitungen, bei weltbewegenden Ereignissen schickte die SZ Reporter aus der Zentrale los.

Da war zum Beispiel Hans Ulrich Kempski, der 1949 Chefreporter der Süddeutschen Zeitung wurde und über Jahrzehnte hinweg einer ihrer profiliertesten Journalisten blieb. Immer wieder reiste er nach China und hielt seine Eindrücke in Reportagen fest.

1957 besuchte Kempski Peking, das damals mit drei Millionen Einwohnern noch weit entfernt von der futuristisch anmutenden Metropole war, in der heute 21 Millionen Menschen leben. Auf Kempski machte die Hauptstadt von Maos China eher einen provinziellen Eindruck.

Die Einwohner Pekings lebten auf engstem Raum, stellte er fest. „Man kann ihre alte Stadt ohne sonderliche Mühe zu Fuß durchqueren.“ Begeistert war Kempski davon, wie die chinesische Bevölkerung ihrer sonst eher kargen Kleidung mit bunten Socken eine individuelle Note verlieh.

Aus Wuhan, das heute hauptsächlich mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Verbindung gebracht wird, berichtete Kempski über den Bau einer gewaltigen Brücke über den Jangtse.

Aus Anlass seines Besuchs erhielt er einen Orden, für den er im restlichen Land bewundert wurde, weil er das Bauwerk tatsächlich mit eigenen Augen gesehen hatte. Über die Arbeitsbedingungen schrieb Kempski: „Gleichbedeutend mit der Hölle mag dem Europäer das Los eines chinesischen Arbeiters erscheinen.“ Die Monatslöhne lagen bei umgerechnet 60 bis 100 Mark, zehn bis zwölf Stunden Arbeit täglich, wenig Essen und kaum freie Tage.

1965 war es dann so weit: Die SZ begann, das Netz von Auslandskorrespondenten aufzubauen, wie es heute noch besteht (siehe Karte). Erste Stellen wurden in London, Wien, Rom und Moskau geschaffen. 

Außerdem berichteten Korrespondenten aus Washington und Rio de Janeiro. 

Der bereits erwähnte Rudolph Chimelli behielt von Beirut aus den Nahen Osten im Blick. Und von Delhi und Singapur wurde über Indien und Südostasien berichtet. Seitdem hat die SZ ihr Korrespondentennetzwerk erweitert und verändert.

Die meisten Korrespondenten berichten heute aus Deutschland: aus den Hauptstädten der Bundesländer und aus Berlin, wo 19 Korrespondenten arbeiten. 

Auf dieser interaktiven Karte können Sie alle Standorte und Korrespondenten sehen. Klicken Sie sie an, um zu erfahren, wer dort worüber berichtet.

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80 Jahre SZ

Wie das SZ-Korrespondentennetz entstand

Vom maoistischen China über legendäre Berliner Kanzlerduelle bis zum Krieg in der Ukraine: Seit 80 Jahren ordnen SZ-Korrespondenten das Geschehen auf der ganzen Welt ein. 

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Der Korrespondent erfuhr die News beiläufig, von einem Hotelangestellten in Amman: Der Krieg habe soeben begonnen. Es war der 5. Juni 1967. Rudolph Chimelli wusste: Hier von Jordanien aus, das womöglich Teil dieses Krieges würde, konnte er keine Nachricht absetzen – und Internet, SMS, Twitter waren noch lange nicht erfunden. Also raste er mit zwei Kollegen 300 Kilometer nach Libanon, wo es freier zuging. Später erinnerte er sich: „Am Berg Hermon vorbei flogen israelische Jagdbomber, während der Umfahrung von Damaskus waren ferne Explosionen zu hören, aus dem Radio kamen arabische Siegesmeldungen über Riesenverluste der Israeli.“

Der Sechstagekrieg hatte begonnen, Israel kam den aufmarschierten arabischen Armeen mit einem massiven Präventivschlag zuvor. 

Chimelli erfuhr von einem Top-Kontakt, einem Diplomaten, dass in Wahrheit die Ägypter und Syrer völlig überrumpelt und bereits auf der Flucht waren. Und der Korrespondent hatte all dieses Wissen genau so, wie es jeder Berichterstatter am liebsten hätte: exklusiv, für sich allein. Sein Bericht, von Beirut per Telex gesendet, begann mit: „Krieg in der ersten Stunde entschieden.“ Es war der Scoop eines Journalistenlebens. Oder besser: Er wäre es gewesen.

In der Süddeutschen Zeitung vom 6. Juni 1967 stand kein Wort davon, nur Agenturmeldungen, alle falsch. Verlegen teilte die Nachrichtenredaktion Chimelli nachher mit: „Wir haben gedacht, Sie als Einzelkämpfer würden die Lage nicht so überschauen. Da haben wir lieber Agentur genommen.“

Korrespondenten haben es, wie viele von ihnen gern bestätigen würden, eben nicht leicht mit der Zentrale. Und ihr Job ist heute nicht weniger anspruchsvoll als damals, auch wenn ein Satellitentelefon derartige Breaking News heute binnen Minuten in die Redaktion übermitteln würde. Vor zehn Jahren schrieb Stefan Kornelius, heute Sprecher der Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz, damals Ressortleiter Außenpolitik und ehemaliger USA-Korrespondent der SZ: „Dieser Welt kann sich keiner mehr entziehen. Sie muss also geordnet werden (…) Krisen müssen erklärt und verstanden werden. Es braucht journalistische Handwerkskunst in einer Zeit, in der sich zu jeder Meinung auch vermeintliche Fakten finden lassen.“

Das gilt heute in einer Welt voller Desinformation und Fake News mehr denn je, zumal eine treibende Kraft dieser Welt inzwischen auch das Weiße Haus in Washington ist.

Dort, wo nach Donald Trumps erstem Amtsantritt 2016 der orwellhafte Begriff der „alternativen Fakten“ geprägt wurde, alternative facts. Die Spreu vom Weizen zu sortieren: Das ist die Aufgabe der Korrespondentinnen und Korrespondenten, die aus den Bundesländern, vielen Hauptstädten Europas und der Welt berichten.

In den ersten beiden Jahrzehnten nach Gründung der SZ am 6. Oktober 1945 gab es allerdings noch kaum eigene Korrespondenten. Manche Journalisten berichteten gleich für mehrere Zeitungen, bei weltbewegenden Ereignissen schickte die SZ Reporter aus der Zentrale los.

Da war zum Beispiel Hans Ulrich Kempski, der 1949 Chefreporter der Süddeutschen Zeitung wurde und über Jahrzehnte hinweg einer ihrer profiliertesten Journalisten blieb. Immer wieder reiste er nach China und hielt seine Eindrücke in Reportagen fest.

1957 besuchte Kempski Peking, das damals mit drei Millionen Einwohnern noch weit entfernt von der futuristisch anmutenden Metropole war, in der heute 21 Millionen Menschen leben. Auf Kempski machte die Hauptstadt von Maos China eher einen provinziellen Eindruck.

Die Einwohner Pekings lebten auf engstem Raum, stellte er fest. „Man kann ihre alte Stadt ohne sonderliche Mühe zu Fuß durchqueren.“ Begeistert war Kempski davon, wie die chinesische Bevölkerung ihrer sonst eher kargen Kleidung mit bunten Socken eine individuelle Note verlieh.

Aus Wuhan, das heute hauptsächlich mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Verbindung gebracht wird, berichtete Kempski über den Bau einer gewaltigen Brücke über den Jangtse.

Aus Anlass seines Besuchs erhielt er einen Orden, für den er im restlichen Land bewundert wurde, weil er das Bauwerk tatsächlich mit eigenen Augen gesehen hatte. Über die Arbeitsbedingungen schrieb Kempski: „Gleichbedeutend mit der Hölle mag dem Europäer das Los eines chinesischen Arbeiters erscheinen.“ Die Monatslöhne lagen bei umgerechnet 60 bis 100 Mark, zehn bis zwölf Stunden Arbeit täglich, wenig Essen und kaum freie Tage.

1965 war es dann so weit: Die SZ begann, das Netz von Auslandskorrespondenten aufzubauen, wie es heute noch besteht (siehe Karte). Erste Stellen wurden in London, Wien, Rom und Moskau geschaffen. 

Außerdem berichteten Korrespondenten aus Washington und Rio de Janeiro. 

Der bereits erwähnte Rudolph Chimelli behielt von Beirut aus den Nahen Osten im Blick. Und von Delhi und Singapur wurde über Indien und Südostasien berichtet. Seitdem hat die SZ ihr Korrespondentennetzwerk erweitert und verändert.

Die meisten Korrespondenten berichten heute aus Deutschland: aus den Hauptstädten der Bundesländer und aus Berlin, wo 19 Korrespondenten arbeiten. 

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Oft waren es die kleinen Dinge, welche Korrespondenten entdeckten, in denen man das Große verstand. 1978 berichtete Italien-Korrespondent Carlos Widmann über den überraschenden Tod von Papst Johannes Paul I: „Der Portier und der Zeitungsverkäufer lächeln nicht bei der Begrüßung, im Bus reden die Leute nicht miteinander, und die Frau hinter dem Bankschalter weint still vor sich hin, während sie Geldscheine zählt.“ Nur 33 Tage lang hatte das Pontifikat dieses Papstes gedauert und doch einen bleibenden Eindruck hinterlassen. „Seine Einfachheit, seine Menschlichkeit, seine Gabe, das Volk an sich heranzuziehen, haben hierzulande Maßstäbe gesetzt“, schrieb Widmann.

Immer wieder berichteten SZ-Korrespondenten aus den Krisen und Kriegen der Welt: Werner Hofer aus Vietnam, Manfred von Conta über das gewaltsame Ende des Prager Frühlings 1968, wieder Kempski 1973 über den Jom-Kippur-Krieg, in dem Israel erstmals am Rande einer Niederlage stand. Später standen und stehen Namen wie Peter Münch (Israel), oder Cathrin Kahlweit, Sonja Zekri und Florian Hassel (alle Ukraine) für Berichte, welche die Wirklichkeit moderner Kriege aus nächster Nähe zeigen. Und die Korrespondentinnen Lea Sahay und Silke Bigalke meistern heute die sehr herausfordernde Aufgabe, aus China beziehungsweise dem Krieg führenden Russland zu berichten. Sie halten für die Leser in Erinnerung, dass diese Staaten als Gegner des Westens nicht nur aus ihren Regierungen bestehen.

Silke Bigalke schrieb zuletzt über Dmitrij Skurichin, einen der wenigen Bürger, die es noch wagten, den Angriffskrieg ihrer Regierung gegen die Ukraine zu kritisierten: „Als er sich am ersten Jahrestag der Invasion dann in den Schnee kniete, schauten trotzdem alle hin:

‚Verzeih, Ukraine‘, stand auf dem Schild, das er hochhielt. Das war damals der letzte Tropfen, danach wurde er eingesperrt.“

‚Verzeih, Ukraine‘, stand auf dem Schild, das er hochhielt. Das war damals der letzte Tropfen, danach wurde er eingesperrt.“

1991 verlor die Süddeutsche Zeitung ihren Reporter Egon Scotland, der zu Beginn des jugoslawischen Bruderkrieges von einem serbischen Scharfschützen ermordet wurde. Der Schock saß tief und bleibt unvergessen. Der Täter wurde 2016 in Split zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Scotlands Witwe, die SZ-Journalistin und spätere Türkei-Korrespondentin Christiane Schlötzer-Scotland, war 1994 Mitbegründerin des Hilfswerkes „Journalisten helfen Journalisten“, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, in Not geratene Journalistinnen und Journalisten und ihre Familien in Kriegs- und Krisenregionen zu unterstützen. 

In der SZ schrieb einmal der heutige Kriegs- und Krisenreporter Tomas Avenarius, der allein 2025 aus den Kriegen in der Ukraine, Israel und Gaza und Syrien berichtete, über das Dilemma seiner Zunft: „Wer im Krieg Fragen stellt, wird die Wahrheit nicht hören, sondern bestenfalls Wahrheiten: die der jeweils einen Seite. (…) Nur ein Narr kann anderes erwarten. Aus den widersprüchlichen Facetten ein Bild zu formen, das dem Geschehen möglichst nahekommt, kann dennoch gelingen. Manchmal besser, manchmal schlechter, aber oft den Einsatz lohnend.“

Das größte Korrespondentenbüro befindet sich traditionell, schon seit alten Bonner Zeiten, am Regierungssitz der Bundesrepublik. Dem heutigen Parlamentsbüro in Berlin gehören 14 Kolleginnen und Kollegen an, die jeweils eigene Sachthemen bearbeiten: zum Beispiel den Kanzler, die Not leidende SPD, die noch größere Not leidende Bundeswehr. Der spätere SZ-Chefredakteur Kurt Kister, US-Korrespondent in den Neunzigern, leitete zwischen 1998 und 2004 das Bonner und dann Berliner Parlamentsbüro, wo sich 2002 der damalige Kanzler Gerhard Schröder und sein Herausforderer Edmund Stoiber zu einem Streitgespräch einfanden. Schröder kam eine halbe Stunde zu spät und brach am Schluss schon auf, als Stoiber gerade noch mit einer Antwort zugange war. Die Botschaft war deutlich.

In dem dazugehörigen preisgekrönten Artikel fasste Kister die Begegnung so zusammen: „Ja nun, sie haben sich belauert, sie haben sich gestritten und sie haben sich nicht allzu häufig direkt angeschaut.“ 2007 übernahm Nico Fried die Leitung des Parlamentsbüros, der in seiner Berliner Kolumne einmal gestand, vor dem G-7-Gipfel auf Schloss Elmau 2015 wegen einer Massage fast den Besuch der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel verpasst und daher – angeblich – um seinen Job bei der SZ gefürchtet zu haben. Fried durfte selbstredend bleiben und schrieb später zur Frage, was den nachfolgenden Kanzler Olaf Scholz von seiner Vorgängerin unterscheide: „Merkel kann über sich lachen, Scholz kichert gerne über seine Witze. Das ist nicht ganz dasselbe.“

Es war das kleine Detail, das eine Welt erklärt. Dasselbe gilt für eine Reportage des SZ-Lateinamerika-Korrespondenten Peter Burghardt (heute in Washington), der 2004 die Kolumbianerin Leidy Tabares in ihrer Gefängniszelle besuchte. Die junge Frau aus elenden Verhältnissen hatte es zur berühmten Schauspielerin gebracht und war dann tief gefallen. Ein Gericht hatte sie trotz mangelnder Indizien wegen Beihilfe zum Mord zu 26 Jahren Haft verurteilt. „Der Tod war ihr immer nahe, so nahe wie den meisten, die in den Straßen von Medellín groß geworden sind. Er hatte sie schon begleitet, bevor sie vom Gossenkind zum Filmstar wurde und danach zur Strafgefangenen“, schrieb Burghardt.

Wenn Korrespondentin oder Korrespondent von der Redaktion heute über Teams-Bildschalte schon am Vormittag Dinge gefragt werden wie „Na, wie schmeckt der Caipi am Strand?“ – dann wissen sie (meistens), dass das nur ein alberner Scherz ist. Für die Kollegen draußen bedeutet die allgegenwärtige Erreichbarkeit, die Informationsflut und der Wunsch der Zentrale, neue Entwicklungen am besten als Erste oder mindestens so zügig wie möglich zu bekommen, eine zusätzliche Herausforderung, die Rudolph Chimelli 1967 nicht ahnen konnte. Er verzieh den Schuldigen in München, die seinen Scoop ruiniert hatten, wenn auch leicht ungnädig: „Gegenüber eigenen Leuten neigte die SZ gern zu der Haltung: Der ist einer von uns, mit ihm kann es nicht weit her sein.“ Aber wenigstens hier irrte der große Reporter. Denn das stimmte damals so wenig wie heute.

Text: Simon Groß, Joachim Käppner; Entwicklung: Stefan Kloiber; Infografik und Design: Sarah Unterhitzenberger; Digitales Storytelling: Christian Helten; Testing: Malte Hornbergs

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