Chronologie

Israel und Iran - Geschichte eines Konflikts

Teheran am frühen Morgen des 26. Oktober 2024.
Teheran am frühen Morgen des 26. Oktober 2024.

Israels Angriff auf Iran ist das jüngste Kapitel einer langen Feindschaft. Ein Überblick über entscheidende Ereignisse der vergangenen Jahrzehnte.

26. Oktober 2024 - 5 Min. Lesezeit

Israel hat in der Nacht zum 26. Oktober 2024 militärische Ziele in Iran angegriffen. Zuvor hatte die iranische Armee am 1. Oktober Raketen auf Israel gefeuert und damit nach eigenen Angaben Vergeltung für die gezielte Tötung des Hisbollah-Chefs Hassan Nasrallah und des Politik-Chefs der Hamas, Ismail Hanijah, geübt. Die beiden Staaten sind die erbittertsten Feinde in der Region und haben eine lange Geschichte von Schattenkriegen sowie verdeckten oder offenen Angriffen zu Land, zu Wasser, in der Luft und im Cyberspace.

Wie kam es so weit? Die wichtigsten Ereignisse der jüngeren Geschichte im Überblick.

1979

Gründung der Islamischen Republik

Der prowestliche und von den USA unterstützte Machthaber Mohammad Reza Schah Pahlavi hatte 1941 in Teheran den Thron bestiegen und den 1948 gegründeten Staat Israel als Verbündeten angesehen. Nun wird der Schah im Zuge der Islamischen Revolution gestürzt. Der aus dem französischen Exil zurückgekehrte Ayatollah Ruhollah Khomeini gründet die Islamische Republik Iran. Von nun an ist die Feindschaft gegen Israel Gebot.

1982

Libanonkrieg und Gründung der Hisbollah

Israels Armee marschiert 1982 im nördlichen Nachbarland Libanon ein, wo seit 1975 Bürgerkrieg herrscht. Die iranischen Revolutionsgarden gründen dort im selben Jahr die Hisbollah-Miliz, um ihre Revolution zu exportieren. Ziel ist es auch, das israelische Militär wieder zurückzudrängen. Die Hisbollah (Partei Gottes) entwickelt sich im weiteren Verlauf des Bürgerkriegs bis 1990 von einer kleinen schiitischen Gruppe zu einem einflussreichen Akteur in der Region. Israel betrachtet die Miliz schließlich als den gefährlichsten Gegner an seinen Grenzen.

1983

Hisbollah schlägt Israel zurück

Die von Iran unterstützte Hisbollah vertreibt mit Selbstmordattentaten westliche und israelische Streitkräfte aus Libanon. Im November fährt ein mit Sprengstoff bepacktes Auto in das Hauptquartier des israelischen Militärs in Tyros. Israel zieht sich später aus großen Teilen Libanons zurück.

1992 und 1994

Anschläge in Argentinien

In den beiden Jahren kommt es in Buenos Aires zu Selbstmordanschlägen auf die israelische Botschaft sowie auf ein jüdisches Zentrum. Dutzende Menschen sterben. Argentinien und Israel werfen Iran und der Hisbollah vor, hinter den Attentaten zu stecken. Beide weisen jede Verantwortung zurück.

2002

Konflikt um Uran-Anreicherung in Iran

Die Enthüllung, dass Iran ein geheimes Programm zur Anreicherung von Uran betreibt, löst Befürchtungen aus, die Islamische Republik könne eine Atomwaffe entwickeln. Iran bestreitet dies zwar, doch Israel fordert harte Maßnahmen gegen die Führung in Teheran. Israel selbst wird international zu den faktischen Atommächten gezählt, hat den Besitz von Atomwaffen allerdings nie offiziell bestätigt. Das Land hat den Atomwaffensperrvertrag, der die Nichtverbreitung von Atomwaffen vorsieht, nicht unterzeichnet. Dies haben unter anderem auch Pakistan und Indien nicht getan, die aber solche Waffen offiziell besitzen.

2006

Libanonkrieg

In einem monatelangen Krieg kämpft das israelische Militär erneut offen gegen die Hisbollah in Libanon. Es kann die schwer bewaffnete Miliz jedoch nicht besiegen und zieht die Truppen schließlich wieder ab.

2009

Chamenei nennt Israel „Krebs“

Khomeini (links) und Chamenei verewigt auf einem Wandgemälde in Teheran, fotografiert im Jahr 2023.
Khomeini (links) und Chamenei verewigt auf einem Wandgemälde in Teheran, fotografiert im Jahr 2023.

Ayatollah Ali Chamenei bezeichnet Israel in einer Rede als „gefährlichen und tödlichen Krebs“. Chamenei ist seit dem Tod Khomeinis im Jahr 1989 das politische und religiöse Oberhaupt Irans.

2010

Cyber-Angriff auf iranische Atomanlage

„Stuxnet“, ein mutmaßlich von den USA und Israel entwickelter Computervirus, wird für einen Angriff auf die Urananreicherungsanlage im iranischen Natans eingesetzt. Es ist der erste öffentlich bekannte Cyber-Angriff auf eine Industrieanlage.

2012

Anschlag auf iranischen Atomwissenschaftler

Der iranische Atomwissenschaftler Mostafa Ahmadi-Roschan wird in Teheran durch eine Bombe getötet, die ein Motorradfahrer an seinem Auto angebracht hatte. Die örtlichen Behörden machen Israel für den Anschlag verantwortlich.

Mai 2018

Netanjahu begrüßt US-Rückzug aus Atomabkommen

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu begrüßt den Rückzug der USA unter Präsident Donald Trump aus dem Atomabkommen mit Iran. Jahrelang hatte Netanjahu gegen das internationale Abkommen gekämpft. Trumps Entscheidung nennt er „einen historischen Schritt“.

Mai 2018

Konfrontation in Syrien

Im selben Monat erklärt Israel, es habe die iranische Militärinfrastruktur in Syrien angegriffen. Dort unterstützt Iran im Bürgerkrieg Präsident Baschar al-Assad. Iranische Streitkräfte hatten von syrischem Boden aus Raketen auf die Golanhöhen abgefeuert. Diese strategisch wichtige syrische Hügelkette hatte Israel 1967 im Sechstagekrieg besetzt und 1981 annektiert – was international nicht anerkannt ist.

2020

Israel lobt Tötung von General Soleimani

Kassem Soleimani bei einer Versammlung in Teheran, Archivaufnahme aus dem Jahr 2016.
Kassem Soleimani bei einer Versammlung in Teheran, Archivaufnahme aus dem Jahr 2016.

General Kassem Soleimani wird durch einen US-Drohnenangriff in der irakischen Hauptstadt Bagdad gezielt getötet. Der Iraner war Kommandeur der Al-Kuds-Brigaden, einer Sondereinheit für Auslandseinsätze der mächtigen iranischen Revolutionsgarden. Israel begrüßt die Tötung öffentlich.

Iran schlägt mit Raketenangriffen auf irakische Stützpunkte zurück, in denen US-Truppen stationiert sind. Etwa 100 US-Soldaten werden verletzt.

November 2020

Ermordung von Mohsen Fachrisadeh

Ein Bild, veröffentlicht vom iranischen Staatsfernsehen, zeigt im November 2020 den Ort des Anschlags auf Mohsen Fachrisadeh.
Ein Bild, veröffentlicht vom iranischen Staatsfernsehen, zeigt im November 2020 den Ort des Anschlags auf Mohsen Fachrisadeh.

Iran macht Israel für die Ermordung von Mohsen Fachrisadeh verantwortlich. Der iranische Kernphysiker war Mitglied der Revolutionsgarde und wurde von westlichen Geheimdiensten als Drahtzieher des von ihnen vermuteten geheimen iranischen Programms zur Entwicklung von Atomwaffen angesehen.

2022

Israel und USA unterzeichnen „Jerusalem-Erklärung“

US-Präsident Joe Biden und der israelische Ministerpräsident Jair Lapid unterzeichnen im Juli eine gemeinsame Verpflichtungserklärung zur Ablehnung iranischer Atomwaffen. Damit demonstrieren die Verbündeten, die lange Zeit über die Diplomatie gegenüber Iran uneins waren, nun Einigkeit. 

Die Zusage ist Teil der „Jerusalem-Erklärung“, mit der Biden seinen ersten Besuch in Israel als US-Präsident krönt. Sie erfolgt einen Tag, nachdem er gegenüber einem lokalen Fernsehsender erklärt hat, er sei offen für den Einsatz von Gewalt gegen Iran als „letztes Mittel“ – ein Schritt, um Israels Forderungen nach einer „glaubwürdigen militärischen Drohung“ entgegenzukommen.

April 2024

Anschlag in Damaskus, Drohnen auf Israel

Bei einem mutmaßlichen israelischen Luftangriff auf das Gelände der iranischen Botschaft in Damaskus werden am 1. April sieben Offiziere der Revolutionsgarde getötet, darunter zwei ranghohe Kommandeure. Israel hat eine Verantwortung dafür weder bestätigt noch bestritten. Iran droht Israel mit Vergeltung. In der Nacht vom 13. zum 14. April feuert das iranische Militär mehr als 300 Drohnen und Raketen in Richtung Israel ab, die nach israelischen Angaben aber zu 99 Prozent abgefangen werden. Danach bemühen sich beide Seiten um Deeskalation.

Juli 2024

Tötung Hanijas in Teheran

Ayatollah Chamenei (M) spricht am 1. August 2024 während der staatlich organisierten Trauerzeremonie an der Teheraner Universität ein Gebet über den Särgen Hanijas und seines Leibwächters.
Ayatollah Chamenei (M) spricht am 1. August 2024 während der staatlich organisierten Trauerzeremonie an der Teheraner Universität ein Gebet über den Särgen Hanijas und seines Leibwächters.

Am 31. Juli tötet Israel Ismail Hanija nach Angaben der Hamas gezielt in Teheran. Irans Präsident Mussad Peseschkian kündigt Vergeltung an, und auch Ayatollah Chamenei droht Israel mit Rache. Das sei die Pflicht Irans, da Hanija auf iranischem Boden getötet worden sei. Israel habe selbst den Grund für eine harte Bestrafung geliefert.

1. Oktober 2024

Israel marschiert in Libanon ein, Iran startet Vergeltungsangriff

In der Nacht zum 1. Oktober marschiert das israelische Militär in den Süden Libanons ein, um dort einmal mehr die Hisbollah-Miliz zu bekämpfen. Diese hatte immer wieder Ziele in Israel angegriffen. Am Abend des 1. Oktobers feuert Iran mehr als 180 Raketen auf Israel.

Eine Aufnahme zeigt die israelische Stadt Ashdod am 1. Oktober 2024 unter Beschuss.
Eine Aufnahme zeigt die israelische Stadt Ashdod am 1. Oktober 2024 unter Beschuss.

Die iranische Führung übt damit nach eigenen Angaben Vergeltung für die gezielte Tötung von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah und Hanija. Die Hisbollah und die Hamas im Gazastreifen sind Teil der sogenannten Achse des Widerstandes, die von Iran geführt wird. Israel behält sich einen Gegenschlag auf Iran vor.

26. Oktober 2024

Israel attackiert Iran

Teheran am frühen Morgen des 26. Oktober 2024.
Teheran am frühen Morgen des 26. Oktober 2024.

In den Morgenstunden des 26. Oktober greift das israelische Militär eigenen Angaben zufolge gezielt militärische Ziele in Iran an. Die Angriffe seien eine Reaktion auf „monatelange kontinuierliche Angriffe“ aus Iran. Die Schäden seien begrenzt, teilt die dortige Führung zunächst mit, gibt etwas später den Tod von zwei iranischen Soldaten bekannt. Mehrere Staaten, darunter die USA und Frankreich, rufen Iran in ersten Stellungnahmen dazu auf, eine weitere Eskalation zu vermeiden.

Text: mit Material der Agentur Reuters; Redaktion und digitales Storytelling: Irene Helmes

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