Was noch zu singen wäre

Pazifismus hat auf einmal eine dunkle Seite, und das Friedenslied steht gerade verdammt quer in der Landschaft. Herman van Veen ist mal wieder auf Tournee. Die Frage ist, was er seinem Publikum in diesen Zeiten zu sagen hat?

Von Holger Gertz (Text) und Anne Hamers (Fotos)
29. April 2022 - 14 Min. Lesezeit

Nicht lange her, da hat er mit seinen Tourmanagern zusammengerechnet, wie oft er schon in Bremen aufgetreten ist. „Die Glocke“ heißt das Konzerthaus an der Domsheide, beste Adresse, schönes altes Gebäude, und diese Akustik. Als sie ihre Kalender checkten, die im Kopf und die aus Papier, kamen sie auf 65 Konzerte, das erste am 29. Oktober 1975. In dieser Ewigkeit ist die Bühne der Glocke zum Wohnzimmer geworden für ihn, so wie in besseren Zeiten der Center Court von Wimbledon für Boris Becker. Der öffentlichste Raum kann privat sein, wenn man ihn sich erst mal vertraut gemacht hat. Kein Wunder, dass er einen ausgerechnet auf der Bühne der Glocke zum Interview begrüßt, ein Vormittag früh im April, der Publikumsraum unten ganz leer, am Abend wird er gut gefüllt sein. So sieht er die Welt, seit mehr als einem halben Jahrhundert. Herman van Veen ist wieder auf Tournee.