Transparenz-Blog

Ein KI-Assistent für Ihre Fragen zur Bundestagswahl

Warum und wie die SZ vor der Bundestagswahl Leserfragen mit Hilfe künstlicher Intelligenz beantwortet.

6. Februar 2025 | Lesezeit: 4 Min.

Sie können sich eine Zeitung vorstellen wie ein gutes Buffet: Es gibt viel zu probieren, Salate, Vor- und Hauptspeisen, Schweres und Leichtes, Bekanntes und Überraschendes. Die Schwierigkeit dabei: Sie können unmöglich alles kosten oder gar aufessen.

Wenn Sie sich für die Bundestagswahl interessieren, aber in den vergangenen Monaten nicht täglich Zeit hatten, am Buffet der SZ-Politikberichterstattung vorbeizuschauen, fragen Sie sich nun vielleicht, so kurz vor der Wahl: Wo finde ich die Informationen, die für mich, in meiner Lebenssituation bei der Bundestagswahl interessant sind?

Wenn man so will, haben wir für dieses Problem nun eine weitere Lösung entwickelt, die künstliche Intelligenz (KI) nutzt: den KI-Wahlassistenten der SZ. Eine Art Kellner, um im Buffet-Bild zu bleiben.

Ihn können Sie fragen, was immer Sie interessiert. 

Er durchsucht dann Zehntausende SZ-Artikel sowie die Wahlprogramme der Parteien und liefert ihnen eine Antwort – und die entsprechenden Quellen dazu gleich mit.

Ihn können Sie fragen, was immer Sie interessiert. 

Er durchsucht dann Zehntausende SZ-Artikel sowie die Wahlprogramme der Parteien und liefert ihnen eine Antwort – und die entsprechenden Quellen dazu gleich mit.

Zu wissen, was Sie fragen, hilft der Redaktion

Uns als Redaktion liefert das auch Erkenntnisse darüber, was Sie, liebe Leserinnen und Leser, interessiert. Gleich am ersten Nachmittag haben Sie unserem Assistenten mehr als 1500 Fragen gestellt. Viele davon bezogen sich auf die Vorhaben der Parteien in der Klimapolitik – womöglich auch, weil diese am Tag zuvor im TV-Duell zwischen Scholz und Merz so gut wie gar nicht thematisiert wurde.

Die wichtigsten Themen und Probleme, nach denen Sie fragen, unterscheiden sich deutlich von Umfragen in der Gesamtbevölkerung. Neben allgemeinen Fragen nach den Wahlversprechen und Kernproblemen bei der Bundestagswahl interessieren Sie sich sehr dafür, welche Parteien wohl die nächste Regierung bilden könnten.

Wen Sie denn nun am besten wählen sollten, kann Ihnen der KI-Assistent freilich nicht beantworten. Sie bekommen zwar Informationen an die Hand, die Ihnen bei der Entscheidung helfen können. Eine Wahlempfehlung kann und darf Ihnen die künstliche Intelligenz nicht geben.

Sie können ausführliche Fragen zu den Forderungen der Parteien stellen und sich selbst ein eigenes Bild machen. Bislang sind Sie, unsere Leserinnen und Leser, besonders an den Grünen interessiert. Auch das Interesse an der Linken und der Kleinpartei Volt ist größer, als ihre Zustimmungswerte in der Sonntagsfrage es vermuten lassen würden.

Dieses gesteigerte Interesse an Volt kennen wir bereits von einem ähnlichen KI-Tool der SZ bei der Europawahl. Zu Beginn des Jahres haben wir deshalb die Partei in einem eigenen Artikel genauer unter die Lupe genommen. Auch diesmal nutzen wir Ihre Fragen, um Lücken in unserer Berichterstattung zu erkennen.

Journalisten und Medienhäuser haben heute eine andere Rolle als früher. Wir sind nicht mehr die klassischen „Gatekeeper“, die weitgehend allein entscheiden, was wichtig ist. Die Platzierung eines Textes auf einer Zeitungsseite oder Homepage ist längst nicht mehr allein entscheidend dafür, was viel gelesen wird und was nicht. Im Medienkonsum jüngerer Leserinnen und Leser kommen solche Plattformen unter Umständen gar nicht mehr vor.

Deshalb ist es für uns spannend und wichtig, damit zu experimentieren, wie wir den Leuten unseren Journalismus näherbringen können – zum Beispiel, indem sie eine Konversation mit einem SZ-Chatbot führen und sich so personalisiert Informationen holen.

Der Einsatz von KI-gestützten Assistenten und Chatbots im Kontext von Wahlen nimmt stetig zu – vor allem jetzt zur Bundestagswahl. Oft entwickeln wenige Privatpersonen sie als private Experimente oder ehrenamtlichen Dienst an der Demokratie. Nachrichtenmedien blieben – und bleiben – bislang eher zurückhaltend, da KI naturgemäß nicht fehlerfrei arbeitet und Risiken mit sich bringt. Trotzdem kamen im vergangenen Jahr einige Wahl-Chatbots zum Einsatz, zu der Europawahl und den US-Wahlen, von uns ebenso wie von internationalen Kollegen. Unser Ziel ist es, diesen Weg mutig weiterzugehen, neue Ansätze auszuprobieren und kontinuierlich zu verbessern. Wir möchten herausfinden, ob und wie wir Teile unserer Leserschaft damit informieren und noch gezielter auf ihre Fragen und Anliegen eingehen können.

In diesem Projekt haben wir dafür gleich mit mehreren KIs gearbeitet. Genauer gesagt mit sogenannten Large Language Models (LLM). Diese werden mit großen Datenmengen trainiert, um menschliche Sprache zu verstehen und Texte zu analysieren und, basierend darauf, zum Beispiel eigene Texte zu schreiben. Das wohl bekannteste LLM ist Chat-GPT. Wir haben uns bei diesem Projekt für Claude von Anthropic sowie Amazon Nova entschieden.

Wochenlange Tests

Unser KI-Assistent ist ein sogenanntes „Retrieval Augmented Generation“-System. Das bedeutet, wir haben unsere Sprachmodelle mit einer zusätzlichen Wissensdatenbank aus Wahlprogrammen und SZ-Artikeln optimiert. So stellen wir sicher, dass die Antworten vor allem auf unseren journalistischen Texten basieren, deren Informationen verifiziert sind – anders, als es bei einem allgemeineren Chatbot der Fall wäre. Das Sprachmodell analysiert jede Frage, die ein Nutzer stellt, und entscheidet, welche Informationen gebraucht werden, um sie zu beantworten. Danach wird die Wissensdatenbank nach diesen Informationen durchsucht. Ein weiteres Sprachmodell generiert damit eine Antwort, gibt die genutzten Quellen an und verlinkt sie.

Dieser Prozess ist und bleibt fehleranfällig. Es kann passieren, dass die KI unpassende Informationen für die Antwort verwendet, Informationen unsinnig kombiniert oder schlicht keine passenden Textpassagen zu der gestellten Frage findet. Wir haben den Assistenten daher mehrere Wochen getestet. Ein Dutzend SZ-Kollegen stellten ihm Fragen, versuchten auch, ihn auszutricksen und zu Fehlern zu verleiten, die wir dann analysieren und abstellen konnten. So fiel zum Beispiel auf, dass der KI-Assistent einen unserer Autoren für einen SPD-Politiker hielt. Oder dass er die Information, dass die Abkürzung BSW für das Bündnis Sahra Wagenknecht steht, nicht immer fand und stattdessen kurzerhand mit einiger Fantasie Namen erfand: Bündnis Sicherheit und Wohlstand, Bündnis Sozialer Widerstand, Bündnis Soziale Wende.

Um derlei Fehler so weit wie möglich zu vermeiden, haben wir den Sprachmodellen sorgfältig formulierte Anweisungen gegeben, wie sie auf die Fragen und Eingaben der Nutzer antworten sollen. Auch haben wir den Launch des Bots um ein paar Tage verschoben, bis wir die Wahrscheinlichkeit solcher grober Fehler als ziemlich gering einschätzen konnten. Auch nach der Veröffentlichung arbeiten wir kontinuierlich daran weiter.

Sollten Sie in Ihrer Konversation mit dem KI-Wahlassistenten Fehler bemerken, wären wir Ihnen daher dankbar, wenn Sie uns darauf hinweisen: per Mail an ki@sz.de. Unter dieser Adresse ist natürlich auch jegliches Feedback jenseits von Fehlern willkommen.

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