Tiefe Narben

Erst ein Erdbeben, dann ein Sturm; Haiti wird gleich von mehreren Naturkatastrophen heimgesucht – und das nicht zum ersten Mal.

Satellitenbilder zeigen das Ausmaß der Verwüstung.

Tiefe Narben

Erst ein Erdbeben, dann ein Sturm; Haiti wird gleich von mehreren Naturkatastrophen heimgesucht – und das nicht zum ersten Mal.

Satellitenbilder zeigen das Ausmaß der Verwüstung.

Von Peter Burghardt, Julian Hosse und Lea Weinmann

18. August 2021 - 4 Min. Lesezeit

Man kann die Verwüstung sogar aus dem Weltraum erkennen. Wieder Haiti, immer wieder Haiti, dieses tragische Land. Drei Tage, zwei Katastrophen. Erst das Erdbeben, erneut ein Erdbeben. Dann ein Tropensturm, erneut ein Tropensturm.

Die Nasa zeigt zum Beispiel, wie der Nationalpark Pic Macaya im Südwesten im Januar 2021 aussah.

Nun, nach den Erschütterungen der Stärke 7,2 vom 14. August, sind viele grüne Flächen verschwunden.

Die Nasa zeigt zum Beispiel, wie der Nationalpark Pic Macaya im Südwesten im Januar 2021 aussah.

Nun, nach den Erschütterungen der Stärke 7,2 vom 14. August, sind viele grüne Flächen verschwunden.

Die schweren Regenfälle nach dem folgenden Unwetter mit Namen Grace könnten weitere Erdrutsche auslösen, ein Unglück kommt in Haiti selten allein. Aber natürlich wird es noch viel schlimmer, wenn der Blick sich nähert.

Fast 2000 Tote und 10 000 Verletzte wurden bis zuletzt gezählt, es werden immer mehr. Mindestens 37 000 Häuser sollen eingestürzt und 47 000 beschädigt worden sein, alles Schätzungen, die genauen Zahlen kennt niemand.

Besonders schwer wurde die Küstenstadt Les Cayes im Süden der Insel getroffen, das zeigen auch die Satellitenbilder vom Tag danach.

Vor dem Beben stand dort etwa das Hotel „Le Manguier“.

Danach ist es ein Haufen Trümmer.

Die Bagger räumen die Überreste weg.

Oder die Place d’Armes, unweit vom Hafen und der Karibik.

Rund um den Platz sind mehrere Gebäude in sich zusammen gefallen, die Kathedrale trug Schäden davon, steht aber noch.

Anders als die Kirche Sácre-Coeur weiter nördlich.

Deren Seitenschiff zerbrach.

Es begrub auch die Mauer unter sich, die die Kirche umgab.

Und diese Schule.

Als am 15. August wieder aus großer Höhe fotografiert wurde, da war sie wie ausradiert, als hätte es sie nie gegeben.

Vor dem Beben stand dort etwa das Hotel „Le Manguier“.

Danach ist es ein Haufen Trümmer.

Die Bagger räumen die Überreste weg.

Oder die Place d’Armes, unweit vom Hafen und der Karibik.

Rund um den Platz sind mehrere Gebäude in sich zusammen gefallen, die Kathedrale trug Schäden davon, steht aber noch.

Anders als die Kirche Sácre-Coeur weiter nördlich.

Deren Seitenschiff zerbrach.

Es begrub auch die Mauer unter sich, die die Kirche umgab.

Und diese Schule.

Als am 15. August wieder aus großer Höhe fotografiert wurde, da war sie wie ausradiert, als hätte es sie nie gegeben.

Kirchen, Krankenhäuser, Hotel, Wohnhäuser, Bürogebäude, alles kaputt, seit am vergangenen Samstag gegen 12.30 Uhr Ortszeit Haiti durchgeschüttelt wurde.

Wie am 12. Januar 2010, kurz vor 22 Uhr. Stärke 7,0 damals, das Epizentrum lag in jenen Sekunden etwas weiter östlich und erfasste deshalb viel heftiger als diesmal die Hauptstadt Port-au-Prince. 250 000 Tote? 300 000 Tote? Man weiß es bis heute nicht exakt. „Goudou Goudou“ hieß es auf Kreolisch, um das fürchterliche Geräusch des Unglücks zu beschreiben.

Auch der blütenweiße Präsidentenpalast kollabierte seinerzeit, Symbol eines zerfallenden Staates. Die Welt half, Haiti stand kurz im Mittelpunkt. Jetzt wieder ein bisschen, aber manche Milliarde Dollar und Euro aus Spenden verschwand in dunklen Kanälen. Es ist eine lange Geschichte von Desastern, gemacht von Menschen und der Natur.

Kolonialisten und Diktatoren, Wirbelstürme und die Cholera. Papa Doc und Baby Doc, später kam ein Priester, immer wieder Horror. Ein kleines Land, nah an den USA, einst beherrscht von den Franzosen, nebenan das Ferienziel Dominikanische Republik. Es regierte auch mal ein Sänger, ein anderer Präsident wurde vor wenigen Monaten von einem Söldnerkommando erschossen, der neue Präsident Ariel Henry verspricht Hilfe und warnt vor Panik.

Wer vor gut elf Jahren mittendrin stand, der wird jetzt an diese Apokalypse erinnert. Wieder die Leichen, die Verletzten, die Verzweiflung, die Hoffnung. In Brefèt bei Les Cayes wurden 16 Menschen lebend aus der Ruine eines ehemaligen Gebäudes der Vereinten Nationen geborgen. Die UN hatten von 2004 bis 2017 ein Mandat für Haiti, auch ihr oberster Gesandter kam bei dem Beben 2010 ums Leben, zuletzt übernahmen statt UN-Blauhelmen wieder bewaffnete Banden ganze Stadtviertel. Mehr als die Hälfte der elf Millionen Haitianer sind sehr arm, viele unterernährt.

Wieder klagen Opfer, Retter und Menschenrechtler über Chaos bei den Notmaßnahmen. Viele Betroffene seien sich selbst überlassen, ohne Dach. Selbst Planen und Zelte riss nach dem Erdbeben dann Grace weg, der Sturm. „Niemand von der Regierung ist hergekommen. Nichts ist getan worden“, wird ein Pastor zitiert.

„Es waren nicht genug Ärzte da, und nun ist sie tot“, sagt eine Mutter neben ihrer toten Tochter vor der halb zerstörten Klinik zu einem Reuters-Reporter. So wird herangezoomt an die Toten, die Narben und die Risse Haitis.

„Es waren nicht genug Ärzte da, und nun ist sie tot“, sagt eine Mutter neben ihrer toten Tochter vor der halb zerstörten Klinik zu einem Reuters-Reporter. So wird herangezoomt an die Toten, die Narben und die Risse Haitis.

Team

Text Peter Burghardt, Lea Weinmann
Bildrecherche Lea Weinmann
Infografik Julian Hosse
Digitales Design Felix Hunger
Digitales Storytelling Christian Helten, Lea Weinmann, Veronika Wulf
Satellitenbilder Maxar Technologies/Google Earth