Amoklauf in Texas

Das Grauen beginnt um 11.32 Uhr

Der 18-jährige Salvador Rolando R. erschießt 19 Kinder an einer Grundschule. Noch sind viele Fragen zur Tat offen. Was wir bisher zum Schulamoklauf in Uvalde wissen – und was nicht.

Amoklauf in Texas

Das Grauen beginnt um 11.32 Uhr

Der 18-jährige Salvador Rolando R. erschießt 19 Kinder an einer Grundschule. Noch sind viele Fragen zur Tat offen. Was wir bisher zum Schulamoklauf in Uvalde wissen – und was nicht.

25. Mai 2022 - 6 Min. Lesezeit

Nur noch drei Tage wären es gewesen, dann hätten die Kinder an der Robb Elementary School Sommerferien gehabt, drei Monate lang, so wie es in den USA üblich ist. Mehr als 500 Kinder, alle zwischen sieben und zehn Jahre alt, besuchen die Grundschule. Sie liegt in Uvalde, knapp 16 000 Einwohner, eine Kleinstadt in Texas, westlich von San Antonio, nicht weit von der mexikanischen Grenze entfernt, mehr als 75 Prozent der Einwohner sind Hispanics. Der Schauspieler Matthew McConaughey ist hier geboren, außerdem ist die Gegend gut geeignet zum Segelfliegen.

Der Wikipedia-Eintrag über die Stadt ist recht kurz, aber er wird länger werden. Bisher steht über Uvalde und diesen Tag dort nur ein Satz: Am 24. Mai 2022, wurden 19 Kinder und zwei Erwachsene bei einer Schießerei an der Robb Elementary School getötet.

Littleton/Colorado, Newtown/Connecticut; Parkland/Florida, jetzt eben Uvalde/Texas – es sind inzwischen etliche Orte in den USA, deren Name mit einem school shooting verbunden ist. 13 solcher Amoktaten an Schulen hat es seit 1999 in den USA gegeben, und da sind nur die mitgezählt, bei denen es mehr als fünf Todesopfer gegeben hat.

Die Non-Profit-Organisation The Gun Violence Archive listet sämtliche Vorfälle mit Schusswaffen auf, auch diejenigen, die keinen Bezug zu Schulen haben. In den statistikverrückten USA sind solche Daten, so schrecklich es ist das sagen zu müssen, bis ins kleinste Detail aufgearbeitet. 215 solcher Vorfälle hat es allein in diesem Jahr gegeben. Auch hier sind nicht alle mitgezählt, nur die, bei denen mindestens vier Menschen getötet oder verletzt worden sind, sonst wäre die Liste noch viel länger.

An der Grundschule in Uvalde beginnt das Grauen um 11.32 Uhr Ortszeit. Der 18-jährige Salvador Rolando R. eröffnet das Feuer in einem Raum, in dem Viertklässler sitzen. Einem CNN-Bericht zufolge sollen die 19 toten Kinder und zwei Lehrer in diesem Klassenzimmer getötet worden sein. Auch in anderen Klassenzimmern soll er um sich geschossen haben. Nach einem Schusswechsel mit der Polizei im Schulgebäude ist er zu Tode gekommen, mutmaßlich erschossen von einem der Beamten.

Noch ist der genaue Hergang des Amoklaufes nicht bekannt. Die Polizei verweist auf die laufenden Ermittlungen. Aus den Aussagen von Zeugen und Eltern sowie aus den ersten Ermittlungen sind jedoch bereits ein paar Details an die Öffentlichkeit gedrungen.

Man weiß, dass die Kinder in den Klassenzimmern, nachdem sie die Schüsse hörten, in Panik aus den Fenstern des Gebäudes kletterten, um ihr Leben rannten und sich, wie die Washington Post schreibt, in einem nahegelegenen Gebäude versteckten, einem Bestattungsinstitut – ausgerechnet.

Man weiß, dass der mutmaßliche Täter mit einem Pick-up-Truck zur Robb Elementary School fuhr. Das Wrack des Autos ließ er zurück. Das Fahrzeug hat offenbar eine Barriere auf der nordwestlichen Rückseite des Schulgeländes durchbrochen, bevor es in einem Graben liegen blieb.

Man weiß, dass es in der Schule zu chaotischen Szenen kam nach der Tat und dass Eltern zum Teil über Stunden in Ungewissheit darüber blieben, was mit ihren Kindern passiert ist und sich die Informationen über deren Verbleib an verschiedenen Zufluchtsorten suchen mussten, zu denen die Kinder gebracht worden waren.

Man weiß, dass die Kinder in den Klassenzimmern, nachdem sie die Schüsse hörten, in Panik aus den Fenstern des Gebäudes kletterten, um ihr Leben rannten und sich, wie die Washington Post schreibt, in einem nahegelegenen Gebäude versteckten, einem Bestattungsinstitut – ausgerechnet.

Man weiß, dass der mutmaßliche Täter mit einem Pick-up-Truck zur Robb Elementary School fuhr. Das Wrack des Autos ließ er zurück. Das Fahrzeug hat offenbar eine Barriere auf der nordwestlichen Rückseite des Schulgeländes durchbrochen, bevor es in einem Graben liegen blieb.

Man weiß, dass es in der Schule zu chaotischen Szenen kam nach der Tat und dass Eltern zum Teil über Stunden in Ungewissheit darüber blieben, was mit ihren Kindern passiert ist und sich die Informationen über deren Verbleib an verschiedenen Zufluchtsorten suchen mussten, zu denen die Kinder gebracht worden waren.

Offenbar hielt die Polizei Angehörige von der Schule fern, weil die Einsatzkräfte zunächst nicht wussten, ob es weitere Täter gab.

Über den Schützen ist ebenfalls schon einiges bekannt: dass er in Uvalde wohnte, nicht vorbestraft war, offenbar bei ihm keine psychischen Erkrankungen bekannt waren, er eine nahegelegene Highschool besuchte und erst vor wenigen Tagen, am 16. Mai, 18 Jahre alt wurde. Kurz nach seinem Geburtstag soll er die Waffen gekauft haben. Wo genau, ist unklar. In Texas hat Gouverneur Greg Abbott die ohnehin schon laschen Waffengesetze im vergangenen Herbst erneut gelockert. Jede Person, die 21 Jahre alt ist, darf dort in der Öffentlichkeit ohne weitere Genehmigung eine Waffe tragen. Sogar auf dem Gelände einer Universität ist das erlaubt.

Klar ist auch, wie der Schütze die Schule betreten hat. Videos, die auf Social-Media-Kanälen geteilt wurden, zeigen eine Person in schwarzer Kleidung, die die Schule durch eine Seitentür betritt und dabei mindestens eine Waffe in der Hand hält.

Neben der Schießerei an der Schule hat es, auch das gilt als gesichert, noch eine weitere Tat gegeben. Der 18-Jährige soll auf seine Großmutter geschossen haben. Die Frau sei ins Krankenhaus gekommen. Beide Taten kündigte der junge Mann auf Facebook an.

Wie das oft ist in solchen Fällen, weiß man aus den Medienberichten noch eine ganze Menge mehr. Das Leben des mutmaßlichen Täters wird ausgeleuchtet. Was ist das für ein Mensch, der so etwas tut? Wie verlief seine Kindheit? War er ein Außenseiter, ein Loser, ein Nerd? Wurde er von seinen Eltern vernachlässigt, von Mitschülern gemobbt, von Lehrern gedemütigt? Das sind die Fragen, die stets gestellt werden, wenn in den USA mal wieder jemand eine Waffe genommen und in blindem Hass oder Wahn auf Menschen geschossen hat. Die Suche nach Erklärungen beginnt, nach Mustern, nach Anzeichen in der Biografie, die man hätte früher sehen müssen.

Über Salvador Rolando R. erfährt man, dass es in letzter Zeit wohl öfter Streit gab mit seiner Mutter, dass er vor einigen Monaten zu der Großmutter gezogen sei. Der 18-Jährige soll seit einiger Zeit bei der Fastfood-Kette Wendy's gearbeitet haben.

Ein früherer Schulfreund wird zitiert mit den Worten: „Er war das schüchternste Kind“. Der Junge habe es nicht leicht gehabt in der Schule, sei gemobbt worden, weil er lispelte, sei homophob beleidigt worden, weil er auf einem Social-Media-Account ein Foto postete, auf dem er sich die Augenränder mit Kajalstift schwarz angemalt hatte. Auf Instagram postete er vor Kurzem auch ein Bild, auf dem er das Magazin einer Waffe in der Hand hält. Aber was erklärt das alles schon?

In den Stunden nach dem Attentat läuft das ab, was nach einem school shooting oft zu beobachten ist in den USA. Alle zeigen ihre Bestürzung.

Am Ort des Attentats gibt es spontane Mahnwachen und Menschenketten.

In der Kirche wird ein Gottesdienst einberufen, um für die Getöteten, die Verletzten und ihre Familien zu beten.

Am Ort des Attentats gibt es spontane Mahnwachen und Menschenketten.

In der Kirche wird ein Gottesdienst einberufen, um für die Getöteten, die Verletzten und ihre Familien zu beten.

Auch der Präsident betet und meldet sich mit einem emotionalen Statement zu Wort, in dem er „in Gottes Namen“ endlich eine Verschärfung der Waffengesetze einfordert. Die Vizepräsidentin tut das Gleiche und der Ex-Präsident, Obama, nicht Trump. Sängerin Taylor Swift postet etwas auf Twitter. Und auch Oscar-Preisträger Matthew McConaughey schreibt einen Satz: „Unabhängig, auf welcher parteipolitischen Seite wir stehen, wissen wir alle, dass wir es besser machen können. Wir müssen es besser machen.“

Da hat er wohl recht.

Team
Text Oliver Klasen
Digitales Storytelling Christian Helten
Infografik Julia Kraus
Bildredaktion Niklas Keller
Schlussredaktion Christian Albrecht