Münchner Mietmarkt

„Und einmal im Monat mit dem Vermieter schlafen“

Forderungen, die sprachlos machen, fast normale Unverschämtheiten und Menschen am Rande der Verzweiflung.

SZ-Leserinnen und -Leser berichten, was sie bei der Wohnungssuche in München erleben.

28. Januar 2024 - 9 Min. Lesezeit

„Mir hat ein Vermieter geschrieben, bevor ich mir die Wohnung ansehen kann, möchte er gerne mein Abiturzeugnis und Zeugnisse vom Studium sehen. Hier war gnädigerweise egal, ob Bachelor oder Master. 

Er möchte nämlich gerne 'das akademische Niveau im Haus hochhalten' und das würde nur durch vorherige Prüfung meiner Zeugnisse gehen, ob ich für 'das akademische Niveau im Haus' geeignet sei. Er selbst hatte in dieser Mail Rechtschreib- und Grammatikfehler.“

Name der Redaktion bekannt

„Wir sind schon seit vier Jahren auf der Suche nach einer größeren Wohnung in München. Wir haben bei Immoscout einen Premium-Account, für größere Chancen auf eine Besichtigung. Trotz guter Schufa und Festanstellung seit über 24 Jahren bei BMW hatte es für eine Besichtigung aber nie gereicht.

Nun hatten wir uns auf eine Vier-Zimmer-Wohnung in Feldmoching beworben. Nach zwei Wochen bemerkte ich, dass die Anzeige noch online war, wir aber keine Rückmeldung bekommen hatten. Da kam ich in der Arbeit auf die Idee, meinen deutschen Kollegen zu fragen, ob er sich auch auf diese Wohnung bewerben könne - nur um zu testen, ob es an meinem ausländischen Namen liegt.

Er erstellte einen Account und erwähnte, dass er bei BMW arbeite. Einen Tag später bekam er eine Antwort und wurde herzlich zur Besichtigung eingeladen.“

Ahmet, 42, Milbertshofen

„Mein Freund und ich wohnen seit April in München. Leider hat es bisher nicht mit einer Mietwohnung geklappt. Anfangs haben wir uns 'zur Überbrückung' eine Zwischenmiete für einen Monat gesucht. Mittlerweile sind wir bereits sechs Mal umgezogen und befinden uns immer noch in einer Zwischenmiete. 

Wir schreiben täglich Wohnungsangebote an. In den vergangenen drei Monaten wurden wir zu einer Besichtigung eingeladen. Wir kamen ursprünglich wegen meines Jobs hierher. Nun überlegen wir, München wieder zu verlassen und uns woanders ein Zuhause und Jobs zu suchen.“

Lia, 27, Giesing

„Ich hatte bei Kleinanzeigen ein WG-Zimmer gesehen und spontan für meine Freundin angerufen. Sie wollten von meiner Freundin allerdings nichts wissen und stattdessen mich kennenlernen. Eine andere Anzeige war genauso kurios, für die Wohnung sollte man Miete zahlen und zusätzlich noch mit dem Vermieter einmal im Monat schlafen.

Freunde von mir lebten über ein Jahr zur Untermiete bei einem Vermieter, der jedem die Küche für 2000 Euro weiterverkauft hat. Diese musste natürlich jedes Mal mit übernommen werden und war definitiv schrottreif.“

Sabina, 39, Obersendling

„Bei mir ist es andersherum. Mir ist die Miete eigentlich egal, ich suche eine große, mindestens 160 Quadratmeter große Wohnung im Umkreis des Viktualienmarkts. Ich dachte, das wäre kein Problem.

Ich habe 21 Anzeigen angeschrieben, habe von zwei Anbietern etwas gehört, einer hat mir abgesagt, weil ich die Wohnung über meine Firma anmieten will, der andere hatte keine Zeit für Besichtigungen. Überlege jetzt doch etwas zu kaufen, obwohl ich das eigentlich nicht will.“

Marcus, 50, Wien

„Wir sind zu dritt in einer Ein-Zimmer-Wohnung (32 Quadratmeter) und finden leider nichts. Ich bin noch in Elternzeit und mein Freund ist seit Mai 2023 daheim wegen eines Betriebsunfalls. Ich vermute, dass wir deshalb keine Chance haben, weil wir finanziell nicht so gut aufgestellt sind wie andere. 

Unser Sohn hat zu krabbeln angefangen - aber er hat zu Hause leider keinen Platz dafür.“

Susi, 40, Oberföhring

„Mein Mietvertrag wurde nach elf Jahren wegen Eigenbedarfs mitten in der Pandemie gekündigt. Ich habe eine leitende Position in der Gastronomie, mein Verdienst ist gut. 150 Wohnungsinserate habe ich angeschrieben, von zehn eine Antwort erhalten. 

Die Hälfte der Wohnungen war nur zu beziehen, wenn man auf eigene Kosten renoviert hätte: Wände nicht verputzt, Boden nicht vorhanden, Stromleitungen halb fertig verlegt. Bei einer kleinen Dachgeschoss-Wohnung mit 1,5 Zimmern im Westend sollte die Ablöse für die Küche 4000 Euro kosten. Für drei Wohnungen sei ich aufgrund meiner Branche nicht geeignet: 'Schließlich ist die Gastro nicht mehr das sichere Pflaster.' 

Am Ende habe ich eine Wohnung über eine ehemalige Kollegin erhalten: drei Zimmer und weit über meinem Budget, aber ich musste aus meiner raus und war dankbar. Die Vermieterin war nett und verständnisvoll. Ursprünglich wollte sie die Miete erhöhen, aber hat dann in meinem Fall darauf verzichtet. 

Jetzt lebe ich auf sehr kleinem Fuß, da die Hälfte meines Einkommens nur für die Miete draufgeht. Aber ich bin froh, ein Dach über dem Kopf zu haben und eine Vermieterin mit Herz.“

Eva-Marie, 37, Giesing

„Zugetragen hat es sich in 1985, aber die Zeiten und die Erlebnisse waren ähnlich zu heute. Mein Mann und ich waren noch nicht verheiratet, was dem ein oder anderen Vermieter sehr suspekt war. Im Treppenhaus kurz nach der Begrüßung wurden wir über unseren Beziehungsstatus ausgefragt (um eine WG auszuschließen). Der Gipfel der Unverschämtheit aber war, uns nach den Details zu unserer Verhütung zu fragen (um Kinder in naher Zukunft auszuschließen). 

Andere wollten, dass wir im Winter den Balkon und den Gehweg von Schnee befreien - das sei natürlich Mietersache. Rauchen war auch immer ein K.-o.-Kriterium, da der Rauch durch das Schlüsselloch ziehe. Eine Wohnung mit Gartenanteil klang sehr interessant, doch der Garten war lediglich das Stück Grün links von der Haustür. Und eine Terrasse stellte sich als ungepflegtes Garagendach heraus, über das diagonal ein Regenrohr verbaut war.“

Angela, 58, Lochhausen

„Es ist 50 Jahre her und könnte heute auch noch passieren: Referendarin, Student und dreijähriges Kind bewerben sich um eine Wohnung. Die Vermieterin: 'Wenn Sie an Hund hätten, koa Problem. Aber mit Kind? Des geht ned...'“

Ingrid S., 75, Aubing

„Eine Besichtigung in Oberschleißheim 2018: Der 'Hausmeister' wohnte in der vorderen schönen Haushälfte, welche im Inserat dargestellt war. Die hintere verkommene Haushälfte verfügte über drei Stockwerke mit Zimmern. Im Dachgeschoss war eine Küche in die Dachschräge eingebaut, in der man nicht aufrecht hätte kochen können. Zudem musste man bei Nutzung der Küche den Stand des Stromzählers ablesen und dann seinen Verbrauch in eine Tabelle eintragen.

Das Zimmer hatte einen Teppich, der schimmelte, da die aktuelle Bewohnerin ihre benutzten Teebeutel auf dem Boden liegen ließ. Es hat dementsprechend gerochen. Für die zwölf Quadratmeter wurden 600 Euro verlangt.“

Raphaela, 27, Schwabing

"Ich bin fast 74 Jahre alt und seit längerer Zeit in großer Not. Seit 2000 lebe ich in einer Wohnung auf 45 Quadratmetern in einem Neun-Parteien-Haus. Im Juli 2022 bekam ich eine Eigenbedarfskündigung. Seitdem suche ich nach einer Wohnung, sie darf höchstens 800 Euro warm kosten. Oder 850 Euro, dann lebe ich noch sparsamer - dabei koche ich schon nicht mehr. Bei der Suche bin ich komplett allein, ohne Unterstützung, Netzwerke, Internet, nichts. Unzählige Telefonate, Flyer in Supermärkten und an Laternen, Anzeigen in Wochenblättern von München bis Wolfratshausen, Geretsried, Bad Tölz. 

Ich habe sämtliche Wohlfahrtsverbände angerufen, Briefe an Hausverwaltungen geschrieben, Ehrenamtsverbände gebeten, im Internet zu schauen. Es fühlt sich keiner dazu in der Lage, auch nicht bei offiziellen Stellen - die lapidare Antwort: Wir suchen Ihnen eine 'schöne' Obdachlosenunterkunft!

Sehe ich während meiner Fahrten leere Fenster, läute ich. Oder gehe zu Wohnungsauflösungen, nur wegen der Wohnung. Meine Bemühungen füllen einen Ordner, ich greife nach jedem Strohhalm, aber ich komme nicht weiter. Anrufe auf meine Flyer brachten keinen Erfolg: meistens zu teuer oder möbliert; oder ohne Lift - ich kann nur noch bis in den ersten Stock zu Fuß gehen. Angebote in der Zeitung kann ich nur wahrnehmen, wenn eine Telefonnummer oder Chiffre angegeben ist. 

Mit einem Vermieter hatte ich, da es vielversprechend klang, einen Termin im Café zum Kennenlernen, so seine Aussage. Während des Gesprächs wurde er übergriffig!

Jeden Tag lese ich, wie viele Menschen Unterstützung bekommen, ich falle durchs Raster. Warum? Gibt es in dieser Stadt niemanden, der eine alleinstehende Rentnerin bei der Internetsuche unterstützen kann? Mein Mut schwindet jeden Tag mehr."

Elke K., 73

„Ich wohnte mit meinem Ehemann und zwei Kindern auf 36 Quadratmetern (Wohnküche und Schlafzimmer), bis wir vor Kurzem eine Wohnung bekommen haben. Obwohl ich als Software-Entwicklerin gut verdiene, haben wir vier Jahre sehr intensiv ohne Erfolg gesucht. 

Besonders unverschämt finde ich, wenn eine aktuelle Schufa (die um die 50 Euro kostet und ein paar Monate gültig ist) verlangt wird, um überhaupt in die engere Auswahl aufgenommen zu werden.“

Veronika, 33, Sendling-Westpark

„Ich wurde 2006 im Studium schwanger und musste aus dem Studentenwohnheim ausziehen. Nach vier Monaten erfolgloser Suche (obwohl mein Mann unbefristet festangestellt war), begann ich, mich mit meinem nicht-ausländischen Mädchennamen bei Wohnungen zu bewerben, und - es klappte! 

Eine Zwei-Zimmer-Wohnung in Haidhausen, dass ich schwanger war, haben wir natürlich verschwiegen. Da die Wohnung mit einem Schlafzimmer eigentlich schon zu klein war, als wir einzogen, haben wir direkt weiter gesucht - 13 Jahre lang! In der Zeit kam Kind Nummer zwei, wir haben eine Wand hochgezogen und zu viert viele Jahre auf 68 Quadratmetern gelebt, in bester Lage und zu einem unschlagbaren Preis von 620 Euro warm. 

Die Wohnung haben wir sehr liebgewonnen und konnten durch die geringe Miete viel Geld zur Seite legen. Da fällt es natürlich schwer, für ein Zimmer mehr mindestens das Dreifache ausgeben zu müssen.

Aber trotzdem habe ich 13 Jahre lang Bewerbungsmappen erstellt, geschleimt und alles versucht. Familien werden definitiv bei der Wohnungssuche diskriminiert: Immer wieder habe ich gelesen „4 Zimmer Whg, für max 2 Personen“. Es war wirklich anstrengend und oft unangenehm. 

Als sich 2018 Kind Nummer drei ankündigte, wurde es ernst. Wir hatten Glück, dass unser Wohnhaus in der Zwischenzeit von der GWG gekauft wurde. So konnten wir uns bei der städtischen Wohnungsgesellschaft für eine größere Wohnung bewerben und hatten Glück: nach drei Jahren der Jackpot!

Fünf Zimmer Altbau im Lehel. Den Preis traue ich mich gar nicht zu sagen. Wir sind sehr dankbar und ich weiß nicht, wo wir sonst heute leben würden. Gerade wenn beide Elternteile berufstätig sind, finde ich es sehr hilfreich, in der Stadt nahe der Arbeitsstätte zu leben.“

Julia, 37, Lehel

„Als Master-Studentin klingelte ich zur Besichtigung in sehr zentraler Lage, doch die Tür wurde mir erst nicht übers Interphone geöffnet. Da mich im Treppenhaus schon ein seltsames Gefühl überkam, schickte ich sicherheitshalber meinen Geschwistern die Adresse und dachte mir, bin ich froh, meinen Regenschirm mit langer Spitze dabei zu haben.

Der Typ an der Tür fragte verwundert, ob es denn draußen regne. Im ersten Eindruck dachte ich schon, dass ich mit dem sicher nicht zusammenwohnen will. Dennoch guckte ich die Wohnung an, die im Mobiliar seiner Großmutter eingerichtet war, alles rosa Plüsch.

Er bot mir eine Tasse Tee an und ich dachte, er könnte mich vergiften, also besser nicht. Nach kurzem schleppendem Smalltalk verabschiedete ich mich und traf meine Geschwister am Gärtnerplatz.“

Josephine, 30, inzwischen in Freiburg

„Als Mieter hatte ich zusammen mit meiner Lebensgefährtin 2010 unglaubliches Glück. Wir fanden eine außergewöhnlich schöne Drei-Zimmer-Dachgeschosswohnung in Neuhausen, deren (nur anfänglich hohe) Miete bis zu unserem Auszug 2022 nicht erhöht wurde. Beim Auszug waren wir nicht mehr zu zweit, sondern zu viert, und hatten zu diesem Zeitpunkt bereits sechs Jahre vergeblich versucht, in der Nähe etwas Größeres zur Miete oder zum Kauf zu finden. 

Wir wurden schließlich direkt um die Ecke fündig und wohnen heute in einem Neubau, der Schlagzeilen machte, weil die Mieten exorbitant hoch sind. Letztlich zahlen wir nun für 50 Prozent mehr Wohnfläche geschlagene 120 Prozent mehr Miete, absehbare Mietsteigerungen nicht eingerechnet. Denn der 'absolute Standardmietvertrag', wie vom Makler vorab suggeriert, entpuppte sich als Indexvertrag. Aber was tut man nicht alles, wenn man seine Kinder nicht entwurzeln möchte?

Ich selbst habe mir als Teil meiner Altersvorsorge 2020 eine Neubauwohnung am westlichen Stadtrand gekauft. Gerade suche ich nach neuen Mietern, in meinem Postfach liegen aktuell fast 700 Mails von Interessenten. Die Suche gestaltet sich erstaunlich schwierig, obwohl der Mietpreis aus meiner Sicht fair und Lage und Zustand der Wohnung wirklich gut sind. 80 bis 90 Prozent der Anfragen disqualifizieren sich von selbst, da die Leute das Inserat nicht genau lesen und nicht einmal die grundlegenden Angaben über sich bereitstellen, die man als Vermieter benötigt. 

Auch sonst bin ich kritisch, um nicht meine und die Zeit der Bewerber bei den doch anstrengenden Besichtigungen zu verschwenden. Da war zum Beispiel die Alleinerziehende, die mir schrieb, dass ihr Kind nahe ihrer aktuellen Wohnung am Englischen Garten in die Kita geht. Eine Antwort auf meine Frage, wie die Kleine dann jeden Morgen von Lochhausen nach Schwabing kommen soll, blieb sie mir schuldig. Wie auch sonst Nicht-Antworten und Nicht-Erscheinen bei Besichtigungen an der Tagesordnung sind. Der Münchner Immobilienmarkt ist ein Tollhaus.“

Thomas, 39, Neuhausen

Symbolfoto: ein Mietshaus in München
Symbolfoto: ein Mietshaus in München

Münchner Mietmarkt

„Und einmal im Monat mit dem Vermieter schlafen“

Forderungen, die sprachlos machen, fast normale Unverschämtheiten und Menschen am Rande der Verzweiflung.

SZ-Leserinnen und -Leser berichten, was sie bei der Wohnungssuche in München erleben.

„Mir hat ein Vermieter geschrieben, bevor ich mir die Wohnung ansehen kann, möchte er gerne mein Abiturzeugnis und Zeugnisse vom Studium sehen. Hier war gnädigerweise egal, ob Bachelor oder Master. 

Er möchte nämlich gerne 'das akademische Niveau im Haus hochhalten' und das würde nur durch vorherige Prüfung meiner Zeugnisse gehen, ob ich für 'das akademische Niveau im Haus' geeignet sei. Er selbst hatte in dieser Mail Rechtschreib- und Grammatikfehler.“

Name der Redaktion bekannt

„Wir sind schon seit vier Jahren auf der Suche nach einer größeren Wohnung in München. Wir haben bei Immoscout einen Premium-Account, für größere Chancen auf eine Besichtigung. Trotz guter Schufa und Festanstellung seit über 24 Jahren bei BMW hatte es für eine Besichtigung aber nie gereicht.

Nun hatten wir uns auf eine Vier-Zimmer-Wohnung in Feldmoching beworben. Nach zwei Wochen bemerkte ich, dass die Anzeige noch online war, wir aber keine Rückmeldung bekommen hatten. Da kam ich in der Arbeit auf die Idee, meinen deutschen Kollegen zu fragen, ob er sich auch auf diese Wohnung bewerben könne - nur um zu testen, ob es an meinem ausländischen Namen liegt.

Er erstellte einen Account und erwähnte, dass er bei BMW arbeite. Einen Tag später bekam er eine Antwort und wurde herzlich zur Besichtigung eingeladen.“

Ahmet, 42, Milbertshofen

„Mein Freund und ich wohnen seit April in München. Leider hat es bisher nicht mit einer Mietwohnung geklappt. Anfangs haben wir uns 'zur Überbrückung' eine Zwischenmiete für einen Monat gesucht. Mittlerweile sind wir bereits sechs Mal umgezogen und befinden uns immer noch in einer Zwischenmiete. 

Wir schreiben täglich Wohnungsangebote an. In den vergangenen drei Monaten wurden wir zu einer Besichtigung eingeladen. Wir kamen ursprünglich wegen meines Jobs hierher. Nun überlegen wir, München wieder zu verlassen und uns woanders ein Zuhause und Jobs zu suchen.“

Lia, 27, Giesing

„Ich hatte bei Kleinanzeigen ein WG-Zimmer gesehen und spontan für meine Freundin angerufen. Sie wollten von meiner Freundin allerdings nichts wissen und stattdessen mich kennenlernen. Eine andere Anzeige war genauso kurios, für die Wohnung sollte man Miete zahlen und zusätzlich noch mit dem Vermieter einmal im Monat schlafen.

Freunde von mir lebten über ein Jahr zur Untermiete bei einem Vermieter, der jedem die Küche für 2000 Euro weiterverkauft hat. Diese musste natürlich jedes Mal mit übernommen werden und war definitiv schrottreif.“

Sabina, 39, Obersendling

„Bei mir ist es andersherum. Mir ist die Miete eigentlich egal, ich suche eine große, mindestens 160 Quadratmeter große Wohnung im Umkreis des Viktualienmarkts. Ich dachte, das wäre kein Problem.

Ich habe 21 Anzeigen angeschrieben, habe von zwei Anbietern etwas gehört, einer hat mir abgesagt, weil ich die Wohnung über meine Firma anmieten will, der andere hatte keine Zeit für Besichtigungen. Überlege jetzt doch etwas zu kaufen, obwohl ich das eigentlich nicht will.“

Marcus, 50, Wien

„Wir sind zu dritt in einer Ein-Zimmer-Wohnung (32 Quadratmeter) und finden leider nichts. Ich bin noch in Elternzeit und mein Freund ist seit Mai 2023 daheim wegen eines Betriebsunfalls. Ich vermute, dass wir deshalb keine Chance haben, weil wir finanziell nicht so gut aufgestellt sind wie andere. 

Unser Sohn hat zu krabbeln angefangen - aber er hat zu Hause leider keinen Platz dafür.“

Susi, 40, Oberföhring

„Mein Mietvertrag wurde nach elf Jahren wegen Eigenbedarfs mitten in der Pandemie gekündigt. Ich habe eine leitende Position in der Gastronomie, mein Verdienst ist gut. 150 Wohnungsinserate habe ich angeschrieben, von zehn eine Antwort erhalten. 

Die Hälfte der Wohnungen war nur zu beziehen, wenn man auf eigene Kosten renoviert hätte: Wände nicht verputzt, Boden nicht vorhanden, Stromleitungen halb fertig verlegt. Bei einer kleinen Dachgeschoss-Wohnung mit 1,5 Zimmern im Westend sollte die Ablöse für die Küche 4000 Euro kosten. Für drei Wohnungen sei ich aufgrund meiner Branche nicht geeignet: 'Schließlich ist die Gastro nicht mehr das sichere Pflaster.' 

Am Ende habe ich eine Wohnung über eine ehemalige Kollegin erhalten: drei Zimmer und weit über meinem Budget, aber ich musste aus meiner raus und war dankbar. Die Vermieterin war nett und verständnisvoll. Ursprünglich wollte sie die Miete erhöhen, aber hat dann in meinem Fall darauf verzichtet. 

Jetzt lebe ich auf sehr kleinem Fuß, da die Hälfte meines Einkommens nur für die Miete draufgeht. Aber ich bin froh, ein Dach über dem Kopf zu haben und eine Vermieterin mit Herz.“

Eva-Marie, 37, Giesing

„Zugetragen hat es sich in 1985, aber die Zeiten und die Erlebnisse waren ähnlich zu heute. Mein Mann und ich waren noch nicht verheiratet, was dem ein oder anderen Vermieter sehr suspekt war. Im Treppenhaus kurz nach der Begrüßung wurden wir über unseren Beziehungsstatus ausgefragt (um eine WG auszuschließen). Der Gipfel der Unverschämtheit aber war, uns nach den Details zu unserer Verhütung zu fragen (um Kinder in naher Zukunft auszuschließen). 

Andere wollten, dass wir im Winter den Balkon und den Gehweg von Schnee befreien - das sei natürlich Mietersache. Rauchen war auch immer ein K.-o.-Kriterium, da der Rauch durch das Schlüsselloch ziehe. Eine Wohnung mit Gartenanteil klang sehr interessant, doch der Garten war lediglich das Stück Grün links von der Haustür. Und eine Terrasse stellte sich als ungepflegtes Garagendach heraus, über das diagonal ein Regenrohr verbaut war.“

Angela, 58, Lochhausen

„Es ist 50 Jahre her und könnte heute auch noch passieren: Referendarin, Student und dreijähriges Kind bewerben sich um eine Wohnung. Die Vermieterin: 'Wenn Sie an Hund hätten, koa Problem. Aber mit Kind? Des geht ned...'“

Ingrid S., 75, Aubing

„Eine Besichtigung in Oberschleißheim 2018: Der 'Hausmeister' wohnte in der vorderen schönen Haushälfte, welche im Inserat dargestellt war. Die hintere verkommene Haushälfte verfügte über drei Stockwerke mit Zimmern. Im Dachgeschoss war eine Küche in die Dachschräge eingebaut, in der man nicht aufrecht hätte kochen können. Zudem musste man bei Nutzung der Küche den Stand des Stromzählers ablesen und dann seinen Verbrauch in eine Tabelle eintragen.

Das Zimmer hatte einen Teppich, der schimmelte, da die aktuelle Bewohnerin ihre benutzten Teebeutel auf dem Boden liegen ließ. Es hat dementsprechend gerochen. Für die zwölf Quadratmeter wurden 600 Euro verlangt.“

Raphaela, 27, Schwabing

"Ich bin fast 74 Jahre alt und seit längerer Zeit in großer Not. Seit 2000 lebe ich in einer Wohnung auf 45 Quadratmetern in einem Neun-Parteien-Haus. Im Juli 2022 bekam ich eine Eigenbedarfskündigung. Seitdem suche ich nach einer Wohnung, sie darf höchstens 800 Euro warm kosten. Oder 850 Euro, dann lebe ich noch sparsamer - dabei koche ich schon nicht mehr. Bei der Suche bin ich komplett allein, ohne Unterstützung, Netzwerke, Internet, nichts. Unzählige Telefonate, Flyer in Supermärkten und an Laternen, Anzeigen in Wochenblättern von München bis Wolfratshausen, Geretsried, Bad Tölz. 

Ich habe sämtliche Wohlfahrtsverbände angerufen, Briefe an Hausverwaltungen geschrieben, Ehrenamtsverbände gebeten, im Internet zu schauen. Es fühlt sich keiner dazu in der Lage, auch nicht bei offiziellen Stellen - die lapidare Antwort: Wir suchen Ihnen eine 'schöne' Obdachlosenunterkunft!

Sehe ich während meiner Fahrten leere Fenster, läute ich. Oder gehe zu Wohnungsauflösungen, nur wegen der Wohnung. Meine Bemühungen füllen einen Ordner, ich greife nach jedem Strohhalm, aber ich komme nicht weiter. Anrufe auf meine Flyer brachten keinen Erfolg: meistens zu teuer oder möbliert; oder ohne Lift - ich kann nur noch bis in den ersten Stock zu Fuß gehen. Angebote in der Zeitung kann ich nur wahrnehmen, wenn eine Telefonnummer oder Chiffre angegeben ist. 

Mit einem Vermieter hatte ich, da es vielversprechend klang, einen Termin im Café zum Kennenlernen, so seine Aussage. Während des Gesprächs wurde er übergriffig!

Jeden Tag lese ich, wie viele Menschen Unterstützung bekommen, ich falle durchs Raster. Warum? Gibt es in dieser Stadt niemanden, der eine alleinstehende Rentnerin bei der Internetsuche unterstützen kann? Mein Mut schwindet jeden Tag mehr."

Elke K., 73

„Ich wohnte mit meinem Ehemann und zwei Kindern auf 36 Quadratmetern (Wohnküche und Schlafzimmer), bis wir vor Kurzem eine Wohnung bekommen haben. Obwohl ich als Software-Entwicklerin gut verdiene, haben wir vier Jahre sehr intensiv ohne Erfolg gesucht. 

Besonders unverschämt finde ich, wenn eine aktuelle Schufa (die um die 50 Euro kostet und ein paar Monate gültig ist) verlangt wird, um überhaupt in die engere Auswahl aufgenommen zu werden.“

Veronika, 33, Sendling-Westpark

„Ich wurde 2006 im Studium schwanger und musste aus dem Studentenwohnheim ausziehen. Nach vier Monaten erfolgloser Suche (obwohl mein Mann unbefristet festangestellt war), begann ich, mich mit meinem nicht-ausländischen Mädchennamen bei Wohnungen zu bewerben, und - es klappte! 

Eine Zwei-Zimmer-Wohnung in Haidhausen, dass ich schwanger war, haben wir natürlich verschwiegen. Da die Wohnung mit einem Schlafzimmer eigentlich schon zu klein war, als wir einzogen, haben wir direkt weiter gesucht - 13 Jahre lang! In der Zeit kam Kind Nummer zwei, wir haben eine Wand hochgezogen und zu viert viele Jahre auf 68 Quadratmetern gelebt, in bester Lage und zu einem unschlagbaren Preis von 620 Euro warm. 

Die Wohnung haben wir sehr liebgewonnen und konnten durch die geringe Miete viel Geld zur Seite legen. Da fällt es natürlich schwer, für ein Zimmer mehr mindestens das Dreifache ausgeben zu müssen.

Aber trotzdem habe ich 13 Jahre lang Bewerbungsmappen erstellt, geschleimt und alles versucht. Familien werden definitiv bei der Wohnungssuche diskriminiert: Immer wieder habe ich gelesen „4 Zimmer Whg, für max 2 Personen“. Es war wirklich anstrengend und oft unangenehm. 

Als sich 2018 Kind Nummer drei ankündigte, wurde es ernst. Wir hatten Glück, dass unser Wohnhaus in der Zwischenzeit von der GWG gekauft wurde. So konnten wir uns bei der städtischen Wohnungsgesellschaft für eine größere Wohnung bewerben und hatten Glück: nach drei Jahren der Jackpot!

Fünf Zimmer Altbau im Lehel. Den Preis traue ich mich gar nicht zu sagen. Wir sind sehr dankbar und ich weiß nicht, wo wir sonst heute leben würden. Gerade wenn beide Elternteile berufstätig sind, finde ich es sehr hilfreich, in der Stadt nahe der Arbeitsstätte zu leben.“

Julia, 37, Lehel

„Als Master-Studentin klingelte ich zur Besichtigung in sehr zentraler Lage, doch die Tür wurde mir erst nicht übers Interphone geöffnet. Da mich im Treppenhaus schon ein seltsames Gefühl überkam, schickte ich sicherheitshalber meinen Geschwistern die Adresse und dachte mir, bin ich froh, meinen Regenschirm mit langer Spitze dabei zu haben.

Der Typ an der Tür fragte verwundert, ob es denn draußen regne. Im ersten Eindruck dachte ich schon, dass ich mit dem sicher nicht zusammenwohnen will. Dennoch guckte ich die Wohnung an, die im Mobiliar seiner Großmutter eingerichtet war, alles rosa Plüsch.

Er bot mir eine Tasse Tee an und ich dachte, er könnte mich vergiften, also besser nicht. Nach kurzem schleppendem Smalltalk verabschiedete ich mich und traf meine Geschwister am Gärtnerplatz.“

Josephine, 30, inzwischen in Freiburg

„Als Mieter hatte ich zusammen mit meiner Lebensgefährtin 2010 unglaubliches Glück. Wir fanden eine außergewöhnlich schöne Drei-Zimmer-Dachgeschosswohnung in Neuhausen, deren (nur anfänglich hohe) Miete bis zu unserem Auszug 2022 nicht erhöht wurde. Beim Auszug waren wir nicht mehr zu zweit, sondern zu viert, und hatten zu diesem Zeitpunkt bereits sechs Jahre vergeblich versucht, in der Nähe etwas Größeres zur Miete oder zum Kauf zu finden. 

Wir wurden schließlich direkt um die Ecke fündig und wohnen heute in einem Neubau, der Schlagzeilen machte, weil die Mieten exorbitant hoch sind. Letztlich zahlen wir nun für 50 Prozent mehr Wohnfläche geschlagene 120 Prozent mehr Miete, absehbare Mietsteigerungen nicht eingerechnet. Denn der 'absolute Standardmietvertrag', wie vom Makler vorab suggeriert, entpuppte sich als Indexvertrag. Aber was tut man nicht alles, wenn man seine Kinder nicht entwurzeln möchte?

Ich selbst habe mir als Teil meiner Altersvorsorge 2020 eine Neubauwohnung am westlichen Stadtrand gekauft. Gerade suche ich nach neuen Mietern, in meinem Postfach liegen aktuell fast 700 Mails von Interessenten. Die Suche gestaltet sich erstaunlich schwierig, obwohl der Mietpreis aus meiner Sicht fair und Lage und Zustand der Wohnung wirklich gut sind. 80 bis 90 Prozent der Anfragen disqualifizieren sich von selbst, da die Leute das Inserat nicht genau lesen und nicht einmal die grundlegenden Angaben über sich bereitstellen, die man als Vermieter benötigt. 

Auch sonst bin ich kritisch, um nicht meine und die Zeit der Bewerber bei den doch anstrengenden Besichtigungen zu verschwenden. Da war zum Beispiel die Alleinerziehende, die mir schrieb, dass ihr Kind nahe ihrer aktuellen Wohnung am Englischen Garten in die Kita geht. Eine Antwort auf meine Frage, wie die Kleine dann jeden Morgen von Lochhausen nach Schwabing kommen soll, blieb sie mir schuldig. Wie auch sonst Nicht-Antworten und Nicht-Erscheinen bei Besichtigungen an der Tagesordnung sind. Der Münchner Immobilienmarkt ist ein Tollhaus.“

Thomas, 39, Neuhausen

Redaktion: Katja Schnitzler, Lisa Sonnabend, Digitales Storytelling: Katja Schnitzler