Weihnachten

Jetzt wird’s endlich wieder öde

Viele Menschen sind das Fest eigentlich leid. Aber deshalb das Ritual ändern? Menschen mögen Veränderungen nicht – daher auch all die wütenden Debatten. Faktisch jedoch gibt es kaum Grund, schon erschöpft vom Wandel zu sein.

Kommentar von Marlene Weiß
22. Dezember 2023 - 4 Min. Lesezeit

Wenn sich eine auch nur mittelproblematische Familie zu Weihnachten um den Baum versammelt, sind die Folgen ziemlich absehbar. Es wird gestritten, geschwiegen oder geheult, man geht sich mit Marotten auf den Wecker, Onkel Herbert trinkt wieder zu viel, und am Ende sind alle anderthalb Kilo schwerer. Warum tun wir das eigentlich jedes Jahr? Aus anthropologischer Sicht ist die Antwort: Rituale dienen der Stärkung der Gemeinschaft (Fest der Liebe!). Rituale geben aber auch Halt und Verlässlichkeit, darum ist Weihnachten auch ein Fest der Veränderungsverweigerung.

Veränderung, selbst segensreiche, macht Angst; Stabilität, selbst Erstarrung, gibt Sicherheit. Auch darum reagieren sogar an sich vernünftige Menschen so empfindlich, was Abweichungen von jeder Festgestaltung angeht. Es sollen schon Beziehungen zerbrochen sein über der Frage nach Kerzen oder Lichterkette, Würstchen oder Fisch, Strohsterne oder Lametta.

Der Kanzler sprach: „Die vor uns liegenden Jahre werden schwierig.“

Wenn Erstarrung schon an Weihnachten solche Macht entfaltet – warum sollte es dann im sonstigen Leben anders sein? Die Deutschen, das jedenfalls ergab im Herbst eine Studie von Soziologen der Berliner Humboldt-Universität, sind veränderungsmüde. Hinter all der Wut, die sich immer wieder Bahn bricht, steckt ihnen zufolge eigentlich Erschöpfung: Zu schnell ändert sich angeblich alles, Gesellschaft, Arbeit, Beziehungen, Sprache und dann auch noch Klimaschutz, jetzt reicht’s aber wirklich mit Neuem, muss ja auch mal gut sein.

Weihnachten

Jetzt wird’s endlich wieder öde

Viele Menschen sind das Fest eigentlich leid. Aber deshalb das Ritual ändern? Menschen mögen Veränderungen nicht – daher auch all die wütenden Debatten. Faktisch jedoch gibt es kaum Grund, schon erschöpft vom Wandel zu sein.

Wenn sich eine auch nur mittelproblematische Familie zu Weihnachten um den Baum versammelt, sind die Folgen ziemlich absehbar. Es wird gestritten, geschwiegen oder geheult, man geht sich mit Marotten auf den Wecker, Onkel Herbert trinkt wieder zu viel, und am Ende sind alle anderthalb Kilo schwerer. Warum tun wir das eigentlich jedes Jahr? Aus anthropologischer Sicht ist die Antwort: Rituale dienen der Stärkung der Gemeinschaft (Fest der Liebe!). Rituale geben aber auch Halt und Verlässlichkeit, darum ist Weihnachten auch ein Fest der Veränderungsverweigerung.

Veränderung, selbst segensreiche, macht Angst; Stabilität, selbst Erstarrung, gibt Sicherheit. Auch darum reagieren sogar an sich vernünftige Menschen so empfindlich, was Abweichungen von jeder Festgestaltung angeht. Es sollen schon Beziehungen zerbrochen sein über der Frage nach Kerzen oder Lichterkette, Würstchen oder Fisch, Strohsterne oder Lametta.

Der Kanzler sprach: „Die vor uns liegenden Jahre werden schwierig.“

Wenn Erstarrung schon an Weihnachten solche Macht entfaltet – warum sollte es dann im sonstigen Leben anders sein? Die Deutschen, das jedenfalls ergab im Herbst eine Studie von Soziologen der Berliner Humboldt-Universität, sind veränderungsmüde. Hinter all der Wut, die sich immer wieder Bahn bricht, steckt ihnen zufolge eigentlich Erschöpfung: Zu schnell ändert sich angeblich alles, Gesellschaft, Arbeit, Beziehungen, Sprache und dann auch noch Klimaschutz, jetzt reicht’s aber wirklich mit Neuem, muss ja auch mal gut sein.