Krieg in der Ukraine

Putin verstehen

Von Alexander Dugin zu Carl Schmitt: Das sind die Ziele von Russlands Eroberungskrieg. Ein Gastbeitrag.

Text: Volker Weiß, Illustration: Stefan Dimitrov
8. April 2022 - 8 Min. Lesezeit

Der Überfall auf die Ukraine war nicht für alle ein Horror, manche sehnten ihn regelrecht herbei. „Amerika ist auf dem Rückzug, wir müssen angreifen!“ Auf der russischen Website Katehon wurde schon im vergangenen Herbst gefordert, die „Schwäche“ der USA als „historische Chance“ zu sehen. Es sei an der Zeit, nach dem Fall des sowjetischen Imperiums „in die Geschichte zurückzukehren“ und Führungsansprüche auf dem eurasischen Kontinent geltend zu machen. Die Zeilen sind dem Schlusskapitel von Alexander Dugins „Das große Erwachen gegen den Great Reset“ entnommen. Das Buch des im Westen wohl bekanntesten russischen Ultranationalisten ist hierzulande bei einem Kleinverlag der extremen Rechten erschienen.

Das Portal Katehon, auf dem der Auszug veröffentlicht wurde, gehört zum gleichnamigen Thinktank von Konstantin Malofejew, einem milliardenschweren Investmentbanker, Monarchisten und Anhänger des russisch-orthodoxen Christentums. Malofejew gilt als kremlnah und räumt dem Politmystiker Dugin reichlich Platz ein. Beide eint der Glaube an eine weltgeschichtliche Mission Russlands, die Wiedergeburt des russischen Imperiums und Putin als das gottgewollte Werkzeug dazu. Die Rolle passt zum Blog-Titel, der Katechon ist eine theologische Figur, die das Chaos des Antichristen aufhalten soll.

Dugin wird gerade häufig als „geistiger Brandstifter“ und „Chefideologe“ dieses Krieges bezeichnet, dabei ist umstritten, inwiefern sein nationalreligiöses Programm in der Staatsführung tatsächlich Gehör findet. Zu sehr von dieser Mischung scheint sich das Denken dort aber nicht zu unterscheiden, das Russlands Führung zum Angriff trieb. Putin zeichnet in seinen Reden schon lange ein Bild vom Westen als Hort von Dekadenz, Verweichlichung und des – Ironie der Geschichte – Bolschewismus. Er hat in seiner Regierungszeit die demokratische Fassade Russlands eingerissen und die drei Säulen des imperialen Altkonservatismus wiedererrichtet: Autokratie, Orthodoxie und Patriotismus. Im Februar bewies er, dass er auch zum letzten von Dugin geforderten Schritt bereit war, gen Westen Krieg zu führen.

Krieg in der Ukraine

Putin verstehen

Von Alexander Dugin zu Carl Schmitt: Das sind die Ziele von Russlands Eroberungskrieg. Ein Gastbeitrag.

Der Überfall auf die Ukraine war nicht für alle ein Horror, manche sehnten ihn regelrecht herbei. „Amerika ist auf dem Rückzug, wir müssen angreifen!“ Auf der russischen Website Katehon wurde schon im vergangenen Herbst gefordert, die „Schwäche“ der USA als „historische Chance“ zu sehen. Es sei an der Zeit, nach dem Fall des sowjetischen Imperiums „in die Geschichte zurückzukehren“ und Führungsansprüche auf dem eurasischen Kontinent geltend zu machen. Die Zeilen sind dem Schlusskapitel von Alexander Dugins „Das große Erwachen gegen den Great Reset“ entnommen. Das Buch des im Westen wohl bekanntesten russischen Ultranationalisten ist hierzulande bei einem Kleinverlag der extremen Rechten erschienen.

Das Portal Katehon, auf dem der Auszug veröffentlicht wurde, gehört zum gleichnamigen Thinktank von Konstantin Malofejew, einem milliardenschweren Investmentbanker, Monarchisten und Anhänger des russisch-orthodoxen Christentums. Malofejew gilt als kremlnah und räumt dem Politmystiker Dugin reichlich Platz ein. Beide eint der Glaube an eine weltgeschichtliche Mission Russlands, die Wiedergeburt des russischen Imperiums und Putin als das gottgewollte Werkzeug dazu. Die Rolle passt zum Blog-Titel, der Katechon ist eine theologische Figur, die das Chaos des Antichristen aufhalten soll.

Dugin wird gerade häufig als „geistiger Brandstifter“ und „Chefideologe“ dieses Krieges bezeichnet, dabei ist umstritten, inwiefern sein nationalreligiöses Programm in der Staatsführung tatsächlich Gehör findet. Zu sehr von dieser Mischung scheint sich das Denken dort aber nicht zu unterscheiden, das Russlands Führung zum Angriff trieb. Putin zeichnet in seinen Reden schon lange ein Bild vom Westen als Hort von Dekadenz, Verweichlichung und des – Ironie der Geschichte – Bolschewismus. Er hat in seiner Regierungszeit die demokratische Fassade Russlands eingerissen und die drei Säulen des imperialen Altkonservatismus wiedererrichtet: Autokratie, Orthodoxie und Patriotismus. Im Februar bewies er, dass er auch zum letzten von Dugin geforderten Schritt bereit war, gen Westen Krieg zu führen.