Zum Sehen, zum Lesen, zum Hören
Zum Sehen

Thriller
Eden

Es gibt schlimmere Orte als die Galapagos-Inseln, um zu zeigen, vor was ein Mensch alles fliehen kann (etwa: Vergangenheit, Krieg, Nazis, Beziehungen). Es gibt auch unpassendere Zeiten als die heutigen, um eine Auswanderer-Geschichte in die Kinos zu bringen. Insofern hat Ron Howard mit „Eden“ alles richtig gemacht: Ein unterhaltsamer Thriller über eine Gruppe exzentrischer, deutscher Auswanderer im Jahr 1932, starbesetzt mit Jude Law, Sydney Sweeney und Daniel Brühl.
Comedy-Serie
Dying for Sex

Molly (Michelle Williams) wird nicht mehr lange leben und hat einen letzten Wunsch: Einen Orgasmus. Und weil das mit ihrem überfürsorglichen Ehemann Steve (Jay Duplass) nicht zu machen ist, begibt sie sich in acht sehr amüsanten Folgen der Disney+ Serie „Dying for Sex“ auf die Suche nach passender Begleitung. Angefeuert von ihrer besten Freundin Nikki (Jenny Slate), findet Molly noch viel mehr als einen Höhepunkt: Sich selbst.
Drama-Serie
The Handmaid's Tale

In einem dystopischen, von christlichen Fundamentalisten übernommenen Amerika sind fruchtbare Frauen zu einer Ware für Männer geworden. June (Elisabeth Moss) ist eine von ihnen und kämpft gegen den Missbrauch. Auch in der sechsten und letzten Staffel von „The Handmaid's Tale“ steckt wieder etwas erschreckend Gegenwärtiges: US-Präsident Trump ließ sich nicht umsonst mit einer Bibel ablichten.
Drama
Parthenope

Schön, schöner, Parthenope. Die verführerische Sirene aus den Sagen der griechischen Antike ist ein Gründungsmythos der Stadt Neapel. Kein Wunder, dass der in seine Heimatstadt so verliebte Filmemacher Paolo Sorrentino dieser Gestalt nun einen Film widmet. Celeste Dalla Porta spielt eine Parthenope, die meist durch die Anziehungskraft auf Männer definiert wird. Dem Film geht es dabei weniger darum, diesen Blick zu widerlegen, als die Schönheit mit ihrer Vergänglichkeit zu konfrontieren. Aber noch weit mehr geht es um: die wunderschöne Stadt Neapel.
Zum Lesen

Roman
The Great Gatsby

Vielen mag der Stoff noch als Schullektüre im Kopf herumspuken, aber spätestens, wenn ein so erfolgreicher Roman wie „The Great Gatsby“ hundert Jahre alt wird, sollte man ein Buch ein zweites Mal in die Hand nehmen. Denn: Großartige Geschichten schaffen es, uns über alle Zeiten hinweg etwas über die Gegenwart zu verraten. Hier: Egal, wie viel Reichtum man auch anhäuft, glücklich macht das noch lange nicht. Um das zu erkennen, kann man „The White Lotus“ gucken. Oder eben mal wieder den ewigen Gatsby lesen.
Roman
Zwei Staatsanwälte

Der sowjetische Physiker und Schriftsteller Georgi Demidow starb 1987 im Glauben, dass sein Werk vernichtet sei. Vor zwei Jahren erschien dann doch posthum sein Roman „Fone Kwas oder Der Idiot“. Und jetzt sein zweiter: „Zwei Staatsanwälte“. Auch der ist geprägt von Demidows Lebenserfahrung in der ehemaligen Sowjetunion und von seinen 14 Jahren Haft in einem sibirischen Straflager. Eine berührende Geschichte darüber, wie man den Glauben verlieren kann.
Zum Hören

Pop
Who Believes In Angels?

Wenn die mal nicht der Himmel geschickt hat! Brandi Carlile und Elton John machen zusammen ein tatsächlich verdammt gutes Album. „Who believes in Angels“ ist ein buntes Pop-Spektakel voll Selbst- und Fremdreferenzen. Perfekt, um 44 Minuten in die John- und Carlile-Welt abzutauchen.
Hörspiel
Schwebende Brücken

Jetzt, wo die Temperaturen steigen, machen sich die Ersten auf den Weg zum örtlichen Badesee machen. Von so einem Ausflug erzählt auch „Schwebende Brücken“ in der ARD-Mediathek - wenngleich alles in einem großen Unglück endet. Hörenswert ist das Hörspiel trotzdem, wenn man auf einem Badehandtuch liegt. Denn man kommt den Figuren durch die leise, differenzierte Art des Spiels auf eine Art und Weise ungewöhnlich nah.
Favorit der Woche
Teal
Nature is healing. Die Gitarren schrammeln wieder. Wer sich Songs wie „Midas“ oder „Rain“ von der Band Wunderhorse anhört, hat das Gefühl, mit dem Gesicht direkt in einen Verstärker gedrückt zu werden. Die vier jungen Briten tragen schlabbrige T-Shirts, undefinierbare Frisuren und spielen mit einer derart verzerrten Wucht, dass der Begriff „Rockstars“ unvermeidlich wird. Und diese Melodien! Sie verdrehen einem den Kopf – und ambitionierten Hobby-Gitarristen gleich noch die Finger dazu. Mit ihrem zweiten Album „Midas“ gelingt Wunderhorse der verdiente Durchbruch in den Mainstream. Das liegt vor allem an Sänger Jacob Slater, 27, der auf der Bühne unter Dauerstrom steht – genau wie sein Instrument. Was dabei herauskommt, ist britischer Neunzigerjahre-Grunge in Bestform: frech hingerotzt, aber mit bemerkenswerter Präzision. Die Band ist derart eingespielt, dass ein Gitarrist von Fontaines D.C. in einem Interview einräumte, ihre damalige Vorband Wunderhorse sei eigentlich die bessere gewesen. Ihr Meisterstück: „Teal“ – ein Song, in dem Slater mit rauer Stimme seiner drogenverhangenen Jugend hinterherschreit. Was musikalisch gerade von der britischen Insel herüberschwappt, kommt genau zur richtigen Zeit. Wenn bald noch Oasis zurückkommen, kann man den Kalender wirklich auf 1996 zurückdrehen. Schön wär’s. Thore Rausch