Der Sound der Krise

Eine große Analyse der SZ zeigt: Popmusik wird immer trauriger – 2022 ist aber hoffnungsvoller, als man erwartet hätte. Ein Datenprojekt, bei dem Sie außerdem die Emotionen Ihres Lieblingssongs scannen können.

Von Jakob Biazza, Stefan Kloiber, Isabel Kronenberger und Berit Kruse
22. Dezember 2022 - 5 Min. Lesezeit

Die Party war zuletzt doch sehr vorbei. In der Welt eh – Corona, Russlands Angriffskrieg, die Klimakrise, die sich immer schlechter leugnen oder verdrängen ließ. Aber auch da, wo es vermeintlich noch bunter zuging, ist, wie sich zeigen wird, die Leichtigkeit dahin – schon länger: im Pop. Im Rock. Sogar im Rap. Vor allem im Rap und damit also auch dort, wo man angeblich noch feierte. Also am Späti. Sprich: „Ganze Stadt ist mit dabei / Ganzer Pappbecher voll Eis / Kipp das Maka in die Sprite / Alle High – vor dem Späti“.

So geht das im Song von Rapper Gzuz (neben dem für den Künstler typischen Mix aus Kleingangstergehabe, Gewalterzählungen und Frauenverachtung). Der Exzess ist noch da, brüllt, trommelt, stemmt sich mit technoschnellen 140 beats per minute (bpm) gegen die Melancholie. Und verliert. Konterkariert von den Harmonien (f, Es, Des), den gravitätisch finsteren Synthies und den Assoziationen im Text. Ein schal gewordener Feieraufruf in emotional zerlumptem f-Moll.

Ein Song wie das Jahr 2022 also, das doch Freiheit versprach und Unbekümmertheit. Und ebenfalls scheiterte. „Späti“ ist damit der archetypische Song zu Welt und Zeit. Der durchschnittliche emotionale Zeitgeist-Soundtrack Deutschlands. Und zwar statistisch berechnet.

Der Sound der Krise

Eine große Analyse der SZ zeigt: Popmusik wird immer trauriger – 2022 ist aber hoffnungsvoller, als man erwartet hätte. Ein Datenprojekt, bei dem Sie außerdem die Emotionen Ihres Lieblingssongs scannen können.

Die Party war zuletzt doch sehr vorbei. In der Welt eh – Corona, Russlands Angriffskrieg, die Klimakrise, die sich immer schlechter leugnen oder verdrängen ließ. Aber auch da, wo es vermeintlich noch bunter zuging, ist, wie sich zeigen wird, die Leichtigkeit dahin – schon länger: im Pop. Im Rock. Sogar im Rap. Vor allem im Rap und damit also auch dort, wo man angeblich noch feierte. Also am Späti. Sprich: „Ganze Stadt ist mit dabei / Ganzer Pappbecher voll Eis / Kipp das Maka in die Sprite / Alle High – vor dem Späti“.

So geht das im Song von Rapper Gzuz (neben dem für den Künstler typischen Mix aus Kleingangstergehabe, Gewalterzählungen und Frauenverachtung). Der Exzess ist noch da, brüllt, trommelt, stemmt sich mit technoschnellen 140 beats per minute (bpm) gegen die Melancholie. Und verliert. Konterkariert von den Harmonien (f, Es, Des), den gravitätisch finsteren Synthies und den Assoziationen im Text. Ein schal gewordener Feieraufruf in emotional zerlumptem f-Moll.

Ein Song wie das Jahr 2022 also, das doch Freiheit versprach und Unbekümmertheit. Und ebenfalls scheiterte. „Späti“ ist damit der archetypische Song zu Welt und Zeit. Der durchschnittliche emotionale Zeitgeist-Soundtrack Deutschlands. Und zwar statistisch berechnet.