Hilf dir selbst

Die Bundesrepublik will unabhängiger vom russischen Gas werden. Über die neue und sehr alte deutsche Sehnsucht nach Autarkie.

Von Kurt Kister
31. März 2022 - 6 Min. Lesezeit

Üble Zeiten erkennt man auch an üblen Wörtern. Corona hat dem Land Begriffe wie „Durchseuchungsrate“ oder „Omikron-Mutante“ beschert. Seitdem Russland Krieg in der Ukraine führt, debattiert man im durch und durch unmilitärischen Deutschland intensiv über Panzerfäuste, Iron Dome und Flugverbotszonen. Aus Millionen Virologen sind jetzt Militärexperten geworden. Nun ist ein neues Monstrum aus dem Käfig eigentlich gefangen zu haltender Begriffe entlassen worden: „Frühwarnstufe des Notfallplans Gas“.

Mittlerweile wissen fast alle, dass die Bundesrepublik stark abhängig, zu abhängig ist von Gas- und Öllieferungen aus Russland. Noch bis vor Kurzem gab es hierzulande darüber allerdings nicht den Konsens, der sich seit dem 24. Februar entwickelt hat, dem Tag der russischen Invasion in der Ukraine. Noch im Dezember 2021 sprach der heute so entschlossene Bundeskanzler Olaf Scholz davon, dass die Gaspipeline Nord Stream 2 ein „privatwirtschaftliches Vorhaben“ sei, deren „Inbetriebnahme“ von der Übereinstimmung mit europäischem Recht abhänge, was „ganz unpolitisch eine Behörde in Deutschland“ entscheiden werde.

Es kam anders, die Pipeline wurde von der lange zögernden Bundesregierung dann sehr politisch stillgelegt. Dass der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij gerade Deutschland vorwirft, es habe zu lange und zu viel Gas in Russland gekauft und so Putin finanziert, ist in der jetzigen Lage verständlich. Dass die Ukraine selbst seit ihrer Unabhängigkeit mal mehr, mal weniger Gas mal direkt, mal indirekt in Russland gekauft (und so auch Putin finanziert) hat, ist auch wahr. Ob der Einkauf bestimmter Rohstoffe von einem Lieferanten-Oligopol als hinnehmbare oder als zu starke Abhängigkeit eingeschätzt wird, hängt von der politischen Lage ab, vom Verhalten der Lieferländer genauso wie von der Wahrnehmung der Belieferten.

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Die Bundesrepublik will unabhängiger vom russischen Gas werden. Über die neue und sehr alte deutsche Sehnsucht nach Autarkie.

Üble Zeiten erkennt man auch an üblen Wörtern. Corona hat dem Land Begriffe wie „Durchseuchungsrate“ oder „Omikron-Mutante“ beschert. Seitdem Russland Krieg in der Ukraine führt, debattiert man im durch und durch unmilitärischen Deutschland intensiv über Panzerfäuste, Iron Dome und Flugverbotszonen. Aus Millionen Virologen sind jetzt Militärexperten geworden. Nun ist ein neues Monstrum aus dem Käfig eigentlich gefangen zu haltender Begriffe entlassen worden: „Frühwarnstufe des Notfallplans Gas“.

Mittlerweile wissen fast alle, dass die Bundesrepublik stark abhängig, zu abhängig ist von Gas- und Öllieferungen aus Russland. Noch bis vor Kurzem gab es hierzulande darüber allerdings nicht den Konsens, der sich seit dem 24. Februar entwickelt hat, dem Tag der russischen Invasion in der Ukraine. Noch im Dezember 2021 sprach der heute so entschlossene Bundeskanzler Olaf Scholz davon, dass die Gaspipeline Nord Stream 2 ein „privatwirtschaftliches Vorhaben“ sei, deren „Inbetriebnahme“ von der Übereinstimmung mit europäischem Recht abhänge, was „ganz unpolitisch eine Behörde in Deutschland“ entscheiden werde.

Es kam anders, die Pipeline wurde von der lange zögernden Bundesregierung dann sehr politisch stillgelegt. Dass der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij gerade Deutschland vorwirft, es habe zu lange und zu viel Gas in Russland gekauft und so Putin finanziert, ist in der jetzigen Lage verständlich. Dass die Ukraine selbst seit ihrer Unabhängigkeit mal mehr, mal weniger Gas mal direkt, mal indirekt in Russland gekauft (und so auch Putin finanziert) hat, ist auch wahr. Ob der Einkauf bestimmter Rohstoffe von einem Lieferanten-Oligopol als hinnehmbare oder als zu starke Abhängigkeit eingeschätzt wird, hängt von der politischen Lage ab, vom Verhalten der Lieferländer genauso wie von der Wahrnehmung der Belieferten.