Das sind die Alben des Jahres

Nachterkundungen von Taylor Swift, Versöhnliches zum grauenhaften Jahr von Stromae. Große, englische Songs von „Porcupine Tree“ und lockere Desillusionierung von „The 1975“.

Von den SZ-Popkritikern
22. Dezember 2022 - 7 Min. Lesezeit

Rosalía: Motomami

Popmusik ist ja die Kunst, bei der das Unmögliche schlagartig als Normalfall wahrgenommen wird. Anders gesagt: In keiner anderen Kunst kann der Schritt von Avantgarde zu Mainstream so kurz sein. Etwas, das gerade eben noch verrückt experimentell erschien, will plötzlich die ganze Welt hören. Das inzwischen milliardenfach gestreamte Werk der spanischen Sängerin und Songwriterin Rosalia Vila Tobella alias Rosalía war und ist so ein Fall, seit sie 2018 mit ihrem zweiten Album „El Mal Querer“ und Songs wie „Malamente“ weltberühmt wurde. Der diesjährige Nachfolger „Motomami“ (Columbia) ist eigentlich wieder nichts als eine irrwitzige Überforderung: Hip-Hop, Dubstep, Reggaeton, Salsa, Gospel, Soul, Flamenco, R’n’B, Radiopop, Industrial, Dancehall, gehäkselte Cyborg-Sirenengesänge, überhaupt überfallartige elektronische Soundinterventionen aller Art – das ist alles drauf.

Nur: Wenn man dann zum Beispiel Songs wie „Saoko“ hört oder „Hentai“ oder „G3 N15“ oder „Como Un G“, dann ist natürlich gar nichts mehr kompliziert. Zumal Rosalías erhabener, immer leicht elegisch-heiser angebröselter Gesang jedem Song eine Art doppelten Boden gibt. Musik, die klingt, wie der perfekte Soundtrack zu einem Demolition Derby in Zeitlupe, bei dem man zufällig auf dem Dach eines Wagens sitzt, der um Haaresbreite nie erwischt wird. Das eine Album, auf das sich in diesem Jahr auch die strengsten Popisten mit dem Mainstream einigen konnten. Halleluja. Jens-Christian Rabe

Das sind die Alben des Jahres

Nachterkundungen von Taylor Swift, Versöhnliches zum grauenhaften Jahr von Stromae. Große, englische Songs von „Porcupine Tree“ und lockere Desillusionierung von „The 1975“.

Rosalía: Motomami

Popmusik ist ja die Kunst, bei der das Unmögliche schlagartig als Normalfall wahrgenommen wird. Anders gesagt: In keiner anderen Kunst kann der Schritt von Avantgarde zu Mainstream so kurz sein. Etwas, das gerade eben noch verrückt experimentell erschien, will plötzlich die ganze Welt hören. Das inzwischen milliardenfach gestreamte Werk der spanischen Sängerin und Songwriterin Rosalia Vila Tobella alias Rosalía war und ist so ein Fall, seit sie 2018 mit ihrem zweiten Album „El Mal Querer“ und Songs wie „Malamente“ weltberühmt wurde. Der diesjährige Nachfolger „Motomami“ (Columbia) ist eigentlich wieder nichts als eine irrwitzige Überforderung: Hip-Hop, Dubstep, Reggaeton, Salsa, Gospel, Soul, Flamenco, R’n’B, Radiopop, Industrial, Dancehall, gehäkselte Cyborg-Sirenengesänge, überhaupt überfallartige elektronische Soundinterventionen aller Art – das ist alles drauf.

Nur: Wenn man dann zum Beispiel Songs wie „Saoko“ hört oder „Hentai“ oder „G3 N15“ oder „Como Un G“, dann ist natürlich gar nichts mehr kompliziert. Zumal Rosalías erhabener, immer leicht elegisch-heiser angebröselter Gesang jedem Song eine Art doppelten Boden gibt. Musik, die klingt, wie der perfekte Soundtrack zu einem Demolition Derby in Zeitlupe, bei dem man zufällig auf dem Dach eines Wagens sitzt, der um Haaresbreite nie erwischt wird. Das eine Album, auf das sich in diesem Jahr auch die strengsten Popisten mit dem Mainstream einigen konnten. Halleluja. Jens-Christian Rabe