Rechte Strategien gegen die Kunst

Der Angriff

Über die Aggression der Neuen Rechten gegen die deutsche Kulturszene. Eine Chronik aus rhetorischem Gezündel, Morddrohungen und Brandanschlägen.

Von Peter Laudenbach
13. Dezember 2021 - 13 Min. Lesezeit

Die Neue Rechte hat Kultur als Kampffeld für sich entdeckt – nicht nur in den Parlamenten, auch auf Demonstrationen, in Schmähmails und bei Störungen von Veranstaltungen. Vor zwei Jahren dokumentierte die SZ bereits in einer umfangreichen Recherche die Übergriffe von rechts außen auf die Kunstfreiheit. Angesichts der Anzahl und Massivität der Übergriffe wurde deutlich, dass es sich dabei nicht um Einzelfälle handelt. Insgesamt umfasst die Chronik rund 100 Übergriffe aus den vergangenen fünf Jahren, darunter mehrere Brand- und Sprengstoffanschläge, zahlreiche, zum Teil sehr konkrete Morddrohungen, versuchte Körperverletzung, Sachbeschädigungen und die Verletzung der Privatsphäre der attackierten Künstler.

Die vorliegende Sammlung enthält die Übergriffe seit Oktober 2019. Eine Chronologie des Hasses.

Oktober 2019, Karlsruhe

Ein Artikel auf dem rechten Blog „PI News“ beschimpft die Diversity-Beauftragte des Staatstheaters Karlsruhe und veröffentlicht ein Foto von ihr („agentin-judith-sorgt-fuer-umvolkungstheater“). Kurz darauf erhält das Theater Hassmails. Am gleichen Tag bekommt die Diversity-Beauftragte auf ihren privaten Facebook-Account zwei Nachrichten von ihr unbekannten Personen, durch die sie auf den „PI News“-Artikel aufmerksam wird. Der „PI News“-Artikel erhält in 24 Stunden mehr als 100 Kommentare, teils massiv beleidigenden, sexistischen und antisemitischen Inhalts. Aufgrund ihres Namens nahm man an, sie sei jüdisch.

November 2019, Berlin

Der Pianist Igor Levit erhält Morddrohungen und die konkrete Drohung mit einem Anschlag auf eines seiner Konzerte. Das Konzert findet unter Polizeischutz statt.