In eigener Sache

Da tut sich was!

Die SZ erneuert ihren digitalen Auftritt. Noch gibt es nur erste Details zu sehen. Der wichtigste Schritt ist aber gemacht: Die Journalistinnen und Journalisten arbeiten ab sofort mit einem moderneren Redaktionssystem, das neue Möglichkeiten für die Homepage der „Süddeutschen Zeitung“ bietet.

22. Mai 2023 - 4 Min. Lesezeit

Neun Jahre ist es her, da leistete sich David Carr eine Provokation. Amerikas einflussreichster Medienjournalist schrieb in seiner berühmten Kolumne für die New York Times einmal nicht über Starreporterinnen und Nachrichtensprecher. Er kritisierte weder einzelne Verlage noch deren Protagonisten. Nein. Carr schwärmte von einem Redaktionssystem. Gute Content-Management-Systeme (CMS), so schwärmte der Kolumnist, fungierten nicht länger als langweilige Maschinen im Hintergrund einer Zeitung. Es sei eine Freude, mit ihnen zu arbeiten – im Sinne der Leserinnen und Leser.

Tatsächlich können Journalisten ihre Texte mit einer modernen Redaktionssoftware locker und ohne viel Zeit zu verlieren selbst bebildern, formatieren und publizieren. Die Tools ermöglichen visuell starke Erzählungen, und sie schaffen neue journalistische Genres und Formate. Die intuitiven Programme werden damit zu einem Motor publizistischer Schaffenskraft. Lange Zeit interessierten sich Zeitungsmenschen nicht sonderlich dafür.

Das lag auch daran, dass Redaktionssysteme zunächst nicht besonders viel konnten: Sie dienten den Autorinnen und Autoren als bessere Schreibmaschinen. Fotos, Illustrationen und Infografiken mussten mühsam ins System reinkopiert und für die verschiedenen Darstellungen aufbereitet werden. Das kostete Zeit. Zeit, die Journalisten lieber fürs Recherchieren und Schreiben verwenden. Die Technik hinter den Geschichten war in Redaktionen deshalb oft so beliebt wie eine Wurzelbehandlung. In der SZ nannte man die Software für das Publizieren der Artikel auf der Homepage zuweilen wenig schmeichelhaft Krake oder: altes Atomkraftwerk.

Der Relaunch erfolgt in Etappen und umfasst Technik, Design und Publizistik

Das hat sich in den vergangenen Jahren schon geändert und deutlich verbessert, nun geht aber auch der letzte Meiler vom Netz. Nach 14 Jahren im Dauereinsatz löst die SZ ihr altes CMS ab; und auch wenn die Redaktion der Süddeutschen Zeitung nicht ganz so sehr ins Schwärmen verfällt wie damals David Carr in der New York Times: Die Vorfreude auf die neue Software namens Livingdocs ist groß.

Die moderne Technik erleichtert nicht nur die Arbeit im journalistischen Alltag. Sie legt die Basis für die Weiterentwicklung der digitalen Publizistik der SZ.

Die neue Homepage wird mehr Orientierung bieten und unseren SZ-Plus-Abonnentinnen und -Abonnenten den besonderen Journalismus der Süddeutschen Zeitung noch besser präsentieren.

Die Homepage steht für Tempo und Tiefe im unverwechselbaren Stil der SZ. Wer die Webseite besucht oder die App öffnet, soll keine wichtige Meldung verpassen. Zur künftigen Grundstruktur wird deshalb ein Nachrichtenfenster mit den aktuellen Entwicklungen gehören, das in einem der nächsten Schritte als Aufmacher der Homepage eingeführt werden soll.

Ihre einzigartige Identität verdankt die SZ ihren Autorinnen und Autoren. Die mit einem besonderen Blick und einer Lust an der Sprache verfassten Hintergründe, Reportagen, Recherchen und Meinungen machen die Zeitung auch digital aus. Dieser Charakter soll noch stärker zur Geltung kommen; in den kommenden Monaten werden sich auf der Homepage und in der Digitalen Ausgabe daher punktuell auch Design und Layout ändern.

Noch sehen die Leserinnen und Leser von dieser Online-Welt nur erste Details. Der Umbau erfolgt schrittweise; er wurde von Redaktion und Verlag über Monate akribisch vorbereitet und geht mit dem Umzug von einer Million Artikeln und 2,2 Millionen Bildern einher. Ein paar Neuerungen lassen sich aber schon heute entdecken:

Kommentare, Gastbeiträge und Kolumnen aller Ressorts werden auf der Homepage ab sofort in einem Meinungsfenster gebündelt.

Die Sektion betont die Debattenstärke der SZ und hebt den Charakter der Autorenzeitung hervor. Auch farblich haben die Designer erste Akzente gesetzt; auf das SZ-Grün werden in den kommenden Monaten weitere Veränderungen folgen.

In neuer Frische präsentieren sich bereits jetzt die Themen- und Ressortseiten: Die Themenseiten sind mit fast 15 Millionen Aufrufen im vergangenen Jahr die Bücherregale der SZ-Publizistik.

Ohne sie wären viele Artikel nach der Publikation auf der Homepage nicht mehr so leicht auffindbar. Die Ressorts wiederum clustern ihre besten Geschichten in Schwerpunkten auf ihren eigenen digitalen Aufschlagseiten:

Auch bei den Leserinnen und Lesern beliebte Serien wie „Reden wir über Geld“ in der Wirtschaft oder die Kriminalfälle von „SZ Unvergessen“ im Panorama erhalten dort jetzt mehr Gewicht.

Gelesen wird die SZ zunehmend auf dem Smartphone. Dort ist die Übersicht eine andere als auf dem Laptop. Der Bildschirm ist klein, die Navigation unterscheidet sich. Dem werden die Entwickler, Designerinnen und Redakteure künftig noch mehr Rechnung tragen. Sie werden Dinge ausprobieren und den mobilen Auftritt in Etappen verbessern. Anfangs kann es da und dort etwas ruckeln. Technik ist nicht alles. Doch eine gute Software kann auch dem Journalismus noch mehr Strahlkraft verleihen. Oder wie David Carr, der 2015 verstorbene Medienkolumnist der New York Times, damals schrieb: „Content management system is destiny.“

Haben Sie Fragen oder Anregungen zur neuen digitalen SZ? Schreiben Sie uns. Einfach per E-Mail unter debatte@sz.de oder per Post an: Süddeutsche Zeitung GmbH, Stichwort: Homepage, 80289 München