Trauer in der Diaspora

„Je nach Kultur unterscheidet sich die Art zu trauern stark“

Viele migrantische Menschen haben Familie im Ausland. Stirbt dort jemand, können sie sich oft nicht verabschieden. Auch der Großvater unserer Autorin wurde ohne sie beerdigt. Was hilft bei Trauer zwischen den Kulturen?

Essay: Michelle Schleimer, Illustration: Federico Delfrati
19. April 2025 | Lesezeit: 6 Min.

Als mein Großvater letzten Sommer in Indonesien stirbt, schicken meine Onkel Fotos und Videos von der Beerdigung in den Familienchat. Obwohl meine Familie katholisch ist, vermischen sich die Bräuche mit chinesischen und buddhistischen Traditionen. Ich rufe meine Mutter an und versuche, die Rituale zu ergründen. Wir sprechen über die Räucherstäbchen, die Wassermelone, die am Fuß des Toten liegt, den hellblauen Anzug, die gut riechenden Öle und die Blütenblätter, die über den Körper gestreut werden, bevor der Sarg eingeäschert wird. Später ist mein Onkel mit dem Boot aufs Meer hinausgefahren, wo er die Asche in den Wellen verstreut hat. Zuletzt konnte ich meinen Großvater vor zwei Jahren im Sommer sehen. Meine Familie in Indonesien und ich wohnen 13 Flugstunden voneinander entfernt.

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