Holocaust-Überlebende Anita Lasker-Wallfisch

„Ich habe genug. Es reicht“

„Der Antisemitismus ist heute stärker, als er es jemals war“: Anita Lasker-Wallfisch Anfang Juni in ihrem Wohnzimmer in London.
„Der Antisemitismus ist heute stärker, als er es jemals war“: Anita Lasker-Wallfisch Anfang Juni in ihrem Wohnzimmer in London.

Jahrzehntelang hat sich Anita Lasker-Wallfisch dafür eingesetzt, dass die Erinnerung an den Holocaust nicht verloren geht. Nun wird die „Cellistin von Auschwitz“ hundert Jahre alt – und ist entsetzt von der Gegenwart. Ein Besuch in London.

13. Juni 2025 | Lesezeit: 8 Min.

Die Augen, die so viel Schreckliches gesehen haben, sind jetzt müde. Anita Lasker-Wallfisch schnippt Asche von ihrer Zigarette, drückt sie aus, wendet sich ihrer Tochter Maya zu. „I am too tired.“ Die Lider fallen ihr zu, sie seufzt. Draußen scheint die Sonne über London, im Garten des Backsteinhauses haben es sich ein paar Spatzen gemütlich gemacht, man hört sie durch die geöffnete Terrassentür zwitschern. Gut, noch eine letzte Frage. Ob sie, die dem Tod schon oft so nahe gewesen ist, ihn fürchtet? Die alte Dame schaut einen aus ihrem beigefarbenen Sessel heraus an, wie sie einen immer wieder in den zurückliegenden eineinhalb Stunden angeschaut hat: klar, aber auch ein wenig streng. Dann sagt sie auf Deutsch: „Nein. Der soll so schnell wie möglich kommen.“

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