Bayerischer Wald

„Die Menschen erleben die Natur bewusster“

Was fasziniert die Generation am Nationalpark, die mit ihm groß geworden ist? Und was sind die Herausforderungen für die Zukunft? Sechs Personen erzählen ihre Geschichten.

Protokolle von Christian Sebald

Lange Zeit war der Nationalpark in der Region selbst höchst umstritten, vor allem in den Landkreisen Freyung-Grafenau und Regen, in denen er liegt. Inzwischen ist das Schutzgebiet in der Bevölkerung angekommen. Die Zustimmung zu ihm ist groß – vor allem in der Altersgruppe bis 50, die mit dem Nationalpark aufgewachsen ist.  

Aber auch ältere Menschen haben längst erkannt, welchen Wert er für die Region darstellt. Sechs Einheimische berichten über ihr Sicht auf den Nationalpark.      

Samantha Biebl 

23 Jahre, Volunteer Ranger 

Der Nationalpark hat für mich schon immer Heimat bedeutet – hier bin ich verwurzelt und hier will ich bleiben. Das war mir schon als Kind klar. Seit 13 Jahren helfe ich ehrenamtlich im Park, die ersten Jahre als Junior Ranger und mittlerweile als Volunteer Ranger neben meinem Studium. Was den Nationalpark ausmacht: Er zeigt, dass wir die Natur einfach in Ruhe lassen sollten – die Natur reguliert sich selbst. Das sieht man am Beispiel Luchs und Wolf. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass der Park vergrößert und mehr Fokus auf Forschung gelegt wird. 

Daniela Mautner

39 Jahre, Wirtin in 5. Generation

Meine Oma sagt immer: Ohne Nationalpark wären wir nicht dort, wo wir jetzt sind. Und da hat sie recht. Der Nationalpark hat den Tourismus der Region angekurbelt. Früher sind vor allem über Weihnachten Gäste gekommen. Dazu noch ein paar in den Sommerferien, aber viel mehr auch nicht. Heute haben wir das ganze Jahr über Besucher – und darunter auch viele junge Menschen. Eine besonders schöne Entwicklung für mich: Die Menschen erleben die Natur bewusster. Früher sind viele hoch auf den Berg, wieder runter und das war es. Heute nehmen sie sich mehr Zeit. 

Stefan Breit

55 Jahre, Waldführer

Ich war fünf Jahre alt, als ich bei der Eröffnungsfeier des Nationalparks war. Schon damals war ich ständig überall im Wald unterwegs, man konnte sich frei bewegen. Mit der Nationalparksverordnung war das ab 1983 nicht mehr möglich. Das, und der Umgang mit dem Borkenkäfer, haben mich auf die Barrikaden gebracht. Durch den Käfer war unser schöner Wald auf einmal braun und kaputt. Ich habe nicht verstanden, warum man den Schädling einfach machen lässt. Mittlerweile sehe ich das anders. Bei uns im Park sieht man: Wenn der Mensch nicht eingreift, erholt sich die Natur von selbst.

Stephanie Herzig

44 Jahre, Betriebswirtin im Freilichtmuseum Finsterau

Der Besuch des Nationalparks wird auch gerne mit einem Besuch in unserem Freilichtmuseum verbunden. Damit ist der Nationalpark Bayerischer Wald für uns natürlich sehr wichtig. Auch persönlich habe ich eine positive Beziehung zum Nationalpark. Es wäre schön, wenn er in den kommenden Jahren noch ein Stück erweitert werden würde. Generell habe ich den Eindruck, dass es immer mehr Zuspruch für den Nationalpark gibt – von Besuchern, aber auch Menschen aus der Region. Das Thema Natur und Nachhaltigkeit wird bei vielen wieder präsenter. 

Daniel Eder

38 Jahre, Tourismus-Chef

Für uns als Tourismusorganisation ist der Nationalpark essenziell – er ist unser Alleinstellungsmerkmal. Die touristische Infrastruktur in der Region würde es ohne den Nationalpark Bayerischer Wald in der Form sicher nicht geben. Für mich persönlich ist der Wald natürlich auch ein wunderbares Erholungsgebiet. Damit das so bleibt, müssen wir aber in Zukunft die Touristenströme besser entzerren. Schon jetzt bewerben wir über verschiedene Kanäle, in enger Absprache mit dem Nationalpark, auch unbekanntere Orte im Park. Bisher wird das super angenommen.

Sebastian Gruber

38 Jahre, Landrat

Der Nationalpark lebt von und mit der Region. Er ist ein Segen für den Bayerischen Wald, aber auch für den Landkreis Freyung-Grafenau. Gerade was die Lebensqualität der Menschen und den Tourismus betrifft, ist der Park für uns unverzichtbar. Natürlich auch, weil er Arbeitsplätze und eine gute Infrastruktur in der Region generiert. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass der Austausch zwischen Nationalpark und den Menschen weiterhin so gut bleibt, wie er schon ist und der Nationalpark auch in Zukunft ein kraftvoller Motor der Regionalentwicklung bleibt.