Coburg gilt nicht als "Place to be", dabei wartet die Stadt in Oberfranken mit einer Festung auf, die nie erobert werden konnte.

Und mit außergewöhnlicher Architektur. 

Selbst eine legendäre britische Königin sagte über die Gegend: „Wäre ich nicht, was ich bin, hätte ich hier mein wirkliches Zuhause.“ 

Wo Queen Victoria gerne gelebt hätte

Coburg gilt nicht als "Place to be", dabei wartet die Stadt in Oberfranken mit einer Festung auf, die nie erobert werden konnte.

Und mit außergewöhnlicher Architektur. 

Selbst eine legendäre britische Königin sagte über die Gegend: „Wäre ich nicht, was ich bin, hätte ich hier mein wirkliches Zuhause.“ 

Wo Queen Victoria gerne gelebt hätte

12. August 2024 - 5 Min. Lesezeit

Der behaglichste Park im nördlichen Bayern? Da kämen schon manche infrage: der Fürther Stadtpark, Erlangens Schlossgarten, der Park Schönbusch in Aschaffenburg. Müsste man sich aber für einen entscheiden, so würde die Wahl auf diesen fallen: den Hofgarten in Coburg.

Nicht einer herausragenden Flora wegen. Wobei die Pflanzenwelt in diesem Landschaftspark schon auch anheimelnd ist. Es ist mehr die sanft ansteigende Topografie dieses Parks, die einen ergreift. Und seine einzelnen Stationen.

Der Weg hinauf beginnt an einem Platz, der auf der einen Seite begrenzt ist von einem der charmantesten Schlösser in Süddeutschland: der Ehrenburg, Stadtresidenz derer zu Coburg.

Auf der gegenüberliegenden Seite umfasst dieses städtebauliche Kleinod das schmucke „Palais Edinburgh“, das heute die örtlichen Industrie- und Handelskammer beherbergt. 

Und gleich daneben blickt man auf die bestrickende, wenn auch gerade renovierungsbedürftige Spielstätte des Landestheaters Coburg.

Von dort macht man die ersten Schritte hinauf, in Richtung Veste. Und keine Sorge: dass man sich immer mal wieder ungläubig umdreht, gehört hier gewissermaßen zum Programm.

Dabei hat diese Stadt nur etwas mehr als 40 000 Einwohner – unter die 25 größten Kommunen Bayerns schafft man es damit nicht. Unter die 250 größten Kommunen der Republik ebenfalls nicht.

Was die Zahl der Einwohner betrifft, spielt Coburg in einer Liga mit Lehrte in Niedersachsen. Wobei Lehrte etwas größer ist als Coburg, genauso wie die Städte Kaarst, Herzogenrath und Neustadt am Rübenberge. Alle größer – und alle sicher einen Besuch wert.

Aber so einen Hofgarten wie in Coburg, samt historischem Architektur-Panorama? Dürfte schon schwierig werden.

Aber so einen Hofgarten wie in Coburg, samt historischem Architektur-Panorama? Dürfte schon schwierig werden.

Und – dies zur ausdrücklichen Verteidigung von Kaarst, Herzogenrath und Neustadt am Rübenberge – gewiss nicht nur dort.

Auf jeden Fall sollte man gleich mal rechter Hand abbiegen in Richtung Kunst. Der Kunstverein Coburg zählt zu den ältesten und sogar mitgliederstärksten in Bayern – was bei besagter Stadtgröße bemerkenswert genug wäre.

Am schmucken Ausstellungspavillon sollte man aber auch dann Station machen, wenn man mit Kunst von Zeitgenossen überschaubar viel anfangen kann: Dieser Ort, mitunter menschenleer, ist zu lauschig, um ignoriert zu werden.

Beim Gang zurück zum Hauptweg dann unbedingt Handy bereithalten – und keine Sorge, verpassen können Instagrammer hier wenig: Etwa auf mittlerer Strecke zur Veste wird man eigens auf einen besonders geeigneten Standort fürs Festungsmotiv hingewiesen.

Historisch lohnt der Weg ohnehin. Selbst wer kein Faible für alte Burganlagen haben sollte:

Der Gedanke, dass diese Wehranlage – auch „fränkische Krone“ genannt – in ihren acht Jahrhunderten kein einziges Mal wirklich erobert worden ist, dürfte kaum jemanden unberührt lassen.

Der Gedanke, dass diese Wehranlage – auch „fränkische Krone“ genannt – in ihren acht Jahrhunderten kein einziges Mal wirklich erobert worden ist, dürfte kaum jemanden unberührt lassen.

Auch der Vorstellung, wie Martin Luther – plötzlich unter Reichsacht gestellt – hier 1530 relativ spontan den Schutz dieser immensen Mauern aufsuchen und sein Arbeitsmaterial auspacken musste, entzieht man sich nicht so schnell. Immerhin mehr als fünf Monate verbrachte der Reformator hier. Und schrieb 120 Briefe.

Über derlei nachzudenken, lohnt sich in der unvermeidlichen Burgschänke, die so urig ist, wie eine Burgschänke zu sein hat.

Wiederum über dieses sehr eigene Städtchen Coburg nachzudenken, lohnt auf dem Fußweg hinab.

Der führt einen in kaum einer halben Stunde von der wehrhaften Luther-Zeit direkt in eine höfische Repräsentations-Epoche, für die Coburg – dieser überschaubare Flecken Erde im nördlichsten Franken – tatsächlich enorm bekannt ist im Commonwealth of Nations.

Glauben Sie nicht? Der Einfachheit halber darf hier auf die britische Erfolgsserie „Victoria“ verwiesen werden, die das Leben der Königin schlechthin nachstellt, eben jener Victoria.

Darin ist kaum ein Wort häufiger zu hören als Coburg: Coburg, Coburg, Coburg, Coburg. Danach sieht man diese Stadt mit etwas anderen Augen.

Mehr als 60 Jahre regierte Victoria. Dass ihr Zeitalter – das viktorianische – bis heute omnipräsent ist, spricht ebenso für sich wie die Prominenz der Royal Albert Hall. Die ist benannt nach Victorias Gatten, einem im Vereinigten Königreich bis heute verehrten Spross des Coburger Herzogshauses: Prinz Albert.

Vorsicht an der Stelle: Korrekt heißt dieses Haus Sachsen-Coburg und Gotha. Und noch eine Kurztouristen-Klippe: Bei den Einheimischen bitte niemals Albert, gestorben 1861 auf Windsor Castle, mit dem heutigen Freistaat Bayern in Verbindung bringen! Coburg hat sich erst 1919 für den Beitritt zu Bayern entschieden. Und auch das gewissermaßen ex negativo: Mehr als 88 Prozent der befragten Coburger wollten schlicht nicht zu Thüringen. Blieb also Bayern.

Womit man nun zum weniger komplexen Teil dieses Stadtausflugs übergehen darf.

Natürlich muss man sich das Rathaus anschauen – und sei es nur, um ein Gefühl dafür zu entwickeln, dass diese Stadt nicht zu den Hungerleidern gehört. Es gibt in Coburg gute Gewerbesteuerzahler.

Sollte sich dann der Magen melden: Die Auf-die-Hand-Wurst auf dem Marktplatz, nach Art der Coburger selbstredend, gilt als besonders erstrebenswert.

Auf dem Weg durch die Stadt darf man verschiedentlich Prinz Albert begegnen. Etwa als Namensgeber des Cafés Prinz Albert. Oder, an Albertplatz und Queens Coffeehaus, als überlebensgroße Wandkunst, gemeinsam mit Königin Victoria.

Natürlich muss man sich das Rathaus anschauen – und sei es nur, um ein Gefühl dafür zu entwickeln, dass diese Stadt nicht zu den Hungerleidern gehört. Es gibt in Coburg gute Gewerbesteuerzahler.

Sollte sich dann der Magen melden: Die Auf-die-Hand-Wurst auf dem Marktplatz, nach Art der Coburger selbstredend, gilt als besonders erstrebenswert.

Auf dem Weg durch die Stadt darf man verschiedentlich Prinz Albert begegnen. Etwa als Namensgeber des Cafés Prinz Albert. Oder, an Albertplatz und Queens Coffeehaus, als überlebensgroße Wandkunst, gemeinsam mit Königin Victoria.

Danach empfiehlt sich ein Abstecher zum Rosengarten, der 1919 angelegt wurde, auch heute noch Dutzende Rosensorten beherbergt und der Königin und ihrem Coburger Prinzen gewiss gefallen hätte.

Anschließend wäre es, falls die Kraft reicht, nur noch ein Steinwurf zum an Shakespeare angelehnten „Globe“, der formidablen Ausweichspielstätte des renovierungsbedürftigen Landestheaters.

Die Debatte über Interimshäuser gibt es ja landauf, landab. Und auch wenn sich das Globe in mäßig reizvoller Umgebung findet: So kann man so etwas auch mal machen.

Am Ende würde noch ein Blick in den Bahnhof lohnen. Der wurde kürzlich prämiert. 

Seine Aufenthaltsqualität überzeugte eine Jury, auch das außergewöhnliche Design, die „durchdachte Funktionalität“. In der Tat gibt es erheblich unangenehmere Orte.

Wer am zweiten Tag das Albert&Victoria-Programm noch abrunden möchte, mag einen Abstecher ins nahe Rödental einplanen. Übers Schloss Rosenau, herrlich im Park gelegen, schwärmte die Queen in ihren Erinnerungen:

„Wäre ich nicht, was ich bin, hätte ich hier mein wirkliches Zuhause.“

„Wäre ich nicht, was ich bin, hätte ich hier mein wirkliches Zuhause.“

In Tambach wiederum, zehn Kilometer südwestlich von Coburg, fänden Kulturinteressierte ebenfalls ein Schloss. Gerade für Familien aber dürfte der angrenzende Wildpark kaum weniger interessant sein.

Und ganz am Ende sollte man sich dann Seßlach nicht entgehen lassen. Wer fränkische Ortsbilder mit historischem Gepräge gut findet, aber für Rothenburg ob der Tauber gerade nicht bereit ist, dem darf man dieses Städtchen im Kreis Coburg ans Herz legen. 

Ein Geheimtipp jedoch ist Seßlach nur noch in Maßen. Es diente schon öfter als Filmkulisse.

Persönliche Coburg-Tipps:

Olaf Przybilla, Korrespondent im SZ-Büro Franken, hält sich selbstredend aus frankeninternen Bratwurst-Kontroversen heraus. Das aber traut er sich schon zu: Die Coburger ist kaum zu toppen.
Olaf Przybilla, Korrespondent im SZ-Büro Franken, hält sich selbstredend aus frankeninternen Bratwurst-Kontroversen heraus. Das aber traut er sich schon zu: Die Coburger ist kaum zu toppen.

Übernachten: Im „Hotel Hahnmühle 1323“ nimmt man Quartier in einem 700 Jahre alten, denkmalgeschützten Fachwerkbau – mehr historischer Charme geht kaum.

Naschen: Lust auf Süßes mit Lokalkolorit? „Wilhelm Feyler Hoflieferant Bayer. Lebkuchen- u. Feingebäckmanufaktur“ bietet genau das. Nicht nur im Winter.

Speisen: Das „Goldene Kreuz“ ist ein historisches Wirtshaus mit so ziemlich allem, was man in Franken gekostet haben sollte.

Text: Olaf Przybilla; Fotos: Olaf Przybilla; Redaktion und Digitales Storytelling: Deniz Aykanat; Redaktion Storytelling: Katja Schnitzler

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