Zypern:Streitpunkt Militär

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Grenzzaun zwischen dem griechischen und dem türkischen Teil Zyperns: Die Gespräche über eine Einigung der Landesteile sollen weitergehen. (Foto: Petros Karadjias/AP)

Es ist schon der zweite Anlauf, doch diesmal sieht es so aus, als kämen die Beteiligten einen großen Schritt weiter: Die Gespräche über eine Wiedervereinigung Zyperns sind in die entscheidende Phase getreten.

Von Mike Szymanski, Istanbul

Die Gespräche über eine Wiedervereinigung der seit 1974 geteilten Insel Zypern sind am Montagnachmittag im schweizerischen Mont Pèlerin in eine entscheidende Phase eingetreten. Bereits in einem zweiten Anlauf versuchen die Volksgruppenführer des türkisch-zyprischen Nordens, Mustafa Akıncı, und des griechisch-zyprischen Südens, Nikos Anastasiadis, sich auf den territorialen Zuschnitt eines künftig wiedervereinten Zyperns zu verständigen. In der zweiten Novemberwoche war es beiden auch nach fünf Tagen Diskussion nicht gelungen, die genauen Kriterien dafür festzulegen. Man habe sich aber angenähert und entschlossen, abermals zusammenzukommen. Seit Sonntag wird nun wieder in der Schweiz verhandelt. Geplant war, dass die Gespräche am Montagabend beendet werden, eine Fortsetzung am Dienstag wurde jedoch nicht ausgeschlossen.

Sollten sich die politischen Anführer der Insel-Teile einigen, kommt es zum Referendum

Was die territorialen Fragen angeht, hatte sich der Norden zuletzt auf den Süden zubewegt. Flächenmäßig kontrolliert der Norden heute etwa 36 Prozent der Insel, stellt aber nur etwa ein Viertel der Bevölkerung. Akıncı sei offenbar bereit, sich mit weniger als 30 Prozent der Fläche zufrieden zu geben. Besonders strittige Areale könnten unter Kontrolle der künftigen gemeinsamen Regierung gestellt werden. Dies würde einen Ausweg aus der zuletzt festgefahrenen Lage erlauben, heißt es aus Beobachterkreisen. Schwer tun sich die beiden Verhandler weiter mit der Frage, ob und inwieweit türkische Soldaten auf der Insel verbleiben können. Der Süden verlangt den kompletten Abzug und argumentiert, dafür bestehe keine Notwendigkeit mehr. Die türkische Seite ist zwar zu einem Teilabzug bereit, will aber mit dem Militär auf der Insel präsent bleiben. Dieser Dissens belastet auch das weitere Vorgehen. Während der griechisch-zyprische Süden als nächstes Karten mit dem neuen Grenzverlauf zeichnen und präsentieren möchte, will der Norden diese Fragen zusammen mit der künftigen Sicherheitsstruktur in größerer Runde diskutieren: mit Griechenland, der Türkei sowie der Ex-Kolonialmacht Großbritannien. Diese Konferenz könnte womöglich noch im Dezember stattfinden und tatsächlich den Durchbruch für die Wiedervereinigung bringen.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, unter dessen Schirmherrschaft die Verhandlungen laufen, hatte sich Anfang des Monats mit den beiden Volksgruppenführern getroffen und sich optimistisch gezeigt, dass eine Lösung "in greifbarer Nähe" sei. Sollten sich beide Volksgruppenführer verständigen, müssen die Bürger Zyperns über die Wiedervereinigung in einem Referendum entscheiden. 2004 war der letzte Anlauf zur Vereinigung am Widerstand des Südens gescheitert.

Zypern ist seit 1974 geteilt. Damals putschten zyprische Soldaten mit Unterstützung der Militärjunta in Athen, um einen Zusammenschluss Zyperns mit Griechenland zu erreichen. Die Türkei reagierte, indem sie mit ihren Truppen den Nordteil Zyperns besetzte.

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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