Zweite schwarz-grüne Sondierungsrunde:Eine eher theoretische Option

Parteiratssitzung von Bündnis 90/Die Grünen

Grünen-Parteichef Cem Özdemir und die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt

(Foto: dpa)

Die Grünen treffen sich mit der Union zum zweiten Sondierungsgespräch - während alle Welt davon ausgeht, dass am Ende sowieso eine große Koalition regiert. Die Verantwortung für ein Scheitern schiebt man bereits der CSU zu.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Cem Özdemir hatte am Montag einen schwierigen Job. Der Grünen-Vorsitzende stand vor der Aufgabe, eine Geschichte, deren Ende jeder kennt oder zu kennen glaubt, noch einigermaßen spannend zu erzählen. Angesichts der Voraussetzungen schlug er sich achtbar.

An diesem Dienstag, am späten Nachmittag, treffen sich die Grünen mit der Union zum zweiten Sondierungsgespräch - während gleichzeitig alle Welt davon ausgeht, dass am Ende ohnehin eine große Koalition regiert. Selbst Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, auf Grünen-Seite eigentlich ein Befürworter von Schwarz-Grün, hatte bereits Ende vergangener Woche bezweifelt, dass dieses Bündnis eine Chance haben könnte. Und nun sollte Özdemir, einem Bündnis mit der Union ebenfalls nicht grundsätzlich abgeneigt, der Presse erklären, warum er und die sieben anderen Mitglieder der Sondierungsgruppe sich überhaupt noch mit CDU und CSU zusammensetzen sollten - schließlich sei doch alles klar. Oder?

Zumindest will man am Termin festhalten, und laut Özdemir gibt es auch noch einiges zu bereden. Man gehe, sagte er, wie beim ersten Mal "sachlich und zielorientiert" in das Gespräch, man wolle nun die Punkte ansprechen, "zu denen wir in der ersten Runde nicht gekommen sind". Zwei Hauptstränge gebe es, "die für uns entscheidend sind" und an denen "wir bemessen, ob die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen sinnvoll erscheint oder nicht".

Entscheidung in der Nacht

Zum einen sei dies das Thema, "wo wir herkommen, warum wir morgens aufstehen und warum wir uns vor allem engagieren. Das ist das Thema der ökologischen Modernisierung unserer Gesellschaft, der Nachhaltigkeit." Gemeint seien die Energie-, die Verkehrs- und auch die Landwirtschaftspolitik. Über Letztere habe man beim ersten Gespräch noch gar nicht geredet. Zum anderen gehe es den Grünen um etwas, "das uns genauso wichtig ist, das ist die gesellschaftliche Modernisierung, das Thema offene Gesellschaft". Darunter, so Özdemir, fielen das Staatsbürgerschaftsrecht, die Gleichberechtigung homosexueller Partnerschaften, Frauenquoten, der Umgang mit Flüchtlingen, Datenschutz.

Das Gespräch könnte sich bis in die Nacht ziehen. Unmittelbar im Anschluss soll in der Grünen-Sondierungsgruppe dann schon eine Entscheidung fallen, ob man den Parteitag am Wochenende um die Zustimmung zu Koalitionsverhandlungen bittet oder ob es das war mit dem schwarz-grünen Versuch - so zumindest die Grünen-Version. Schaut man sich an, wie Union und SPD miteinander umgehen, scheint es auf die Entscheidung der Grünen allerdings nicht mehr anzukommen.

Auch im Grünen-Parteirat, der vor Özdemirs Pressekonferenz beriet, herrschte die Analyse vor, dass Schwarz-Grün sich erledigt habe. Verschiedene Meinungen gab es lediglich zu der Frage, ob die SPD-Mitglieder die große Koalition am Ende ablehnen könnten. Während die einen argumentierten, dass man den Ausgang eines Mitgliederentscheids nicht vorhersagen könne, vertraten andere den Standpunkt, es sei schlichtweg nicht denkbar, dass die Partei ablehne. Was in diesem Fall passieren würde, war allen klar: Dann wären die Grünen, ohne es zu wollen, wieder im Spiel.

Es blieb bei der Diskussion auf theoretischer Ebene - so wie Schwarz-Grün mittlerweile als eher theoretische Option zu gelten hat. Özdemir jedenfalls bemühte sich bereits, die Verantwortung für ein Scheitern der CSU zuzuschieben: Ihm sei klar geworden, dass es sich bei CDU und CSU um zwei Parteien handele.

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