Zustand der SPD:Sellering sieht SPD am Scheideweg

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Die SPD droht nach Ansicht von Mecklenburg-Vorpommerns früherem Ministerpräsidenten Erwin Sellering ihre Rolle als Volkspartei einzubüßen. (Archivbild) (Foto: Markus Scholz/dpa)

Die SPD hat bei den jüngsten Landtagswahlen mäßige Resultate eingefahren und die Umfrageergebnisse im Bund sind ernüchternd. Mecklenburg-Vorpommerns Ex-Regierungschef Erwin Sellering nennt Gründe.

Direkt aus dem dpa-Newskanal: Dieser Text wurde automatisch von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) übernommen und von der SZ-Redaktion nicht bearbeitet.

Schwerin (dpa/mv) - Sieben Jahre nach seinem krankheitsbedingten Ausscheiden aus der Politik hat sich der frühere Ministerpräsident Mecklenburg-Vorpommerns, Erwin Sellering, überraschend noch einmal zu Wort gemeldet. Anlass ist der Zustand der SPD, der er seit 1994 angehört und deren Landesverband er zehn Jahre lang führte.

„Die Ergebnisse der Wahlen in Thüringen und Sachsen lassen befürchten: Die SPD hat die Orientierung verloren“, schreibt der 74-Jährige in einem Gastbeitrag für das Magazin „Cicero“ und äußert Zweifel daran, dass sich die SPD noch der Aufgabe als Volkspartei stellt, für alle da zu sein und zusammenzuführen.

„Eine Volkspartei muss sich als Anwalt aller begreifen, für alle da sein, widerstreitende Interessen ausgleichen. Sie muss ein Wir-Gefühl vermitteln“, schreibt Sellering. Dieser Rolle werde die SPD in der Ampel-Koalition nicht gerecht. Soziale Gerechtigkeit, jahrzehntelang Herzensanliegen der Sozialdemokraten, sei für viele Menschen nicht mehr als vordringliches Ziel der SPD erkennbar. Wer Hilfe brauche, dem müsse geholfen werden, wer sich anstrenge, der müsse belohnt werden. „Wer sich weigert, zum Gemeinwohl beizutragen, muss die Konsequenzen tragen“ schreibt Sellering. Leistungsbereitschaft und soziale Gerechtigkeit gehörten stets zusammen.

Asyl nur für tatsächlich Verfolgte 

Kritik äußerte der Ex-Regierungschef auch an der Migrationspolitik. Nach den Morden von Solingen strebe die Politik nun „rasche Lösungen“ an, die aber schon längst möglich gewesen wären. „Das schafft kein Vertrauen“, schreibt Sellering. Die Gewährung politischen Asyls müsse sich auf die tatsächlich Verfolgten beschränken. „Und das ist nur ein sehr geringer Prozentsatz derjenigen, die heute ungeordnet und zu großen Teilen illegal zu uns drängen.“ Die klare Mehrheit der Menschen habe kein Verständnis dafür, wenn humanitäre Wunschvorstellungen die Regierung an entschlossenem Handeln hinderten.

Sellering warnte davor, angesichts solcher als beängstigend empfundenen Themen die existenzielle Frage des Klimaschutzes aus dem Blick zu verlieren. „Klimaschutz ist aber die wichtigste Überlebensaufgabe weltweit. Wir müssen sie im Interesse unserer Kinder, Enkel und Urenkel gemeinsam angehen“, mahnte er. Doch gelte es dabei, die Menschen mitzunehmen und nicht mit Vorschriften zu verschrecken, schreibt Sellering und übt massive Kritik am Agieren der Grünen. 

Reden mit Russland 

Seine Partei fordert er unter Hinweis auf die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen auf, das Bedürfnis nach Frieden ernst zu nehmen. Klar und unbestreitbar sei, dass Russland den Krieg gegen die Ukraine vom Zaun gebrochen habe und dieses Handeln vorbehaltlos und ohne jede Relativierung zu verurteilen sei. Allerdings gebe es eine Vorgeschichte und es sei nicht ausgeschlossen, „dass es möglicherweise gar nicht so weit gekommen wäre, falls der Westen die Sicherheitsinteressen Russlands frühzeitig respektiert hätte“.

Es brauche Offenheit und Verständnis für beide Seiten und die Erkenntnis, dass es trotz aller Unterschiede ein gemeinsames Ziel gebe: „Russland dazu zu bewegen, seinen völkerrechtswidrigen Angriff zu beenden“, schreibt Sellering. Die Forderungen nach Frieden dürfe nicht als populistische Forderung der rechtsextremen AfD oder des BSW diskreditiert werden. „Der Wunsch, zum Frieden in der Welt beizutragen, sollte Richtschnur für die Wahrnehmung der zukünftigen internationalen Rolle Deutschlands sein“, mahnt Sellering und misst dabei der Sozialdemokratie eine maßgebliche Rolle bei.

Die SPD werde auch weiterhin gebraucht – von Menschen, die sich nicht selbst helfen können, aber eine faire Chance verdient haben. Und von jenen, die auf ein gutes Miteinander und Frieden Wert legen. „Findet sie in absehbarer Zeit nicht zur Idee der Volkspartei zurück, könnte ihr Ende als die historisch wichtigste politische Kraft Deutschlands auf immer besiegelt sein“, warnt Sellering.

© dpa-infocom, dpa:240911-930-229975/1

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