Süddeutsche Zeitung

Zusatzrente:Katholisches Kapital

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Die Altersversorgung für 1,2 Millionen Beschäftigte der Kirche und der Caritas ist in Schieflage geraten.

Von Matthias Drobinski, München

Die Zusatzrente ist sicher. Michael Klass hat das noch einmal betont, er sagt sogar: "Eine Rentenkürzung sehen wir nicht vor." Aber so ist das, wenn einer etwas oft wiederholt - die Frage, ob es nicht doch Anlass zur Sorge gibt, wird eher noch lauter. Michael Klass ist ein kaum bekannter und doch wichtiger Mann, er ist Vorstandssprecher der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse KZVK mit Sitz in Köln. Sie ist die betriebliche Altersversorgung für 1,2 Millionen Beschäftigte im Dienst der katholischen Kirche oder des Sozialträgers Caritas. Derzeit beziehen 154 000 Menschen über sie eine schöne Zusatzrente. Die KZVK ist damit eine der größten Pensionskassen in Deutschland.

Diese Kasse hat unbestreitbar ein Problem: 2014 weist der Geschäftsbericht einen Fehlbetrag von 5,5 Milliarden Euro aus - Schuld daran ist vor allem die lange Niedrigzinsphase, unter der auch andere Versorgungskassen leiden, von denen einige tatsächlich inzwischen Leistungen kürzen mussten. Doch wie schief die Lage nun ist und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, darüber diskutieren die Bischöfe in Deutschland. Es geht um ziemlich viel Geld - und darum, wer bestimmt, wie die KZVK neu geordnet werden soll.

Nach der Darstellung der KZVK und auch des Sekretariats der Bischofskonferenz in Bonn ist die Lage der Kasse nicht schön, aber auch nicht katastrophal: Die Kapitalanlagen beliefen sich 2015 schließlich auf 17,9 Milliarden Euro. Und wenn man schrittweise die Beiträge der Bistümer und der Caritas anhebe, komme man schon hin. Bis 2014 soll der Beitragssatz von ursprünglich 4,8 Prozent der gezahlten zusatzversorgungspflichtigen Gehälter auf 7,1 Prozent steigen. Auch soll der Aufsichtsrat, in dem bislang vor allem Kirchenfunktionäre sitzen, professionalisiert werden.

Aber genügt das? Einige Kirchenverantwortliche sind da skeptisch, sie befürchten, dass die KZVK und die Zentrale der Bischofskonferenz unter Sekretär Hans Langendörfer die Lage zu optimistisch sehen. Es gebe Finanzdirektoren, die von einer "Bad Bank" sprächen, schreibt die FAZ. Vor allem aber zitiert die Zeitung aus einem Rechtsgutachten, das Langendörfer schon vor drei Jahren erstellen ließ: Was passiert, wenn die KZVK die Rentenansprüche nicht mehr erwirtschaften könnte, die sie den Mitarbeitern garantiert hat? Die Antwort: Die Bistümer müssten einspringen. Dann aber wäre vor allem im Norden und Osten Deutschlands so manches Bistum faktisch pleite. Für besonderen Ärger unter den Generalvikaren und Finanzdirektoren sorgt, dass sie von dem Gutachten aus der Zeitung erfuhren.

Entsprechend fordert eine Gruppe um den Münchner Generalvikar Peter Beer sehr viel weiter gehende Reformen. Vor allem die Reformpläne für den Aufsichtsrat gehen ihnen nicht weit genug, in dem nach den ursprünglichen Plänen ein Hauptamtlicher und drei ehrenamtliche externe Fachleute sitzen sollten. Das genügt nicht, um eine solche Kasse in schwierigen Zeiten professionell zu führen und zu kontrollieren, argumentieren sie. Hinter dem Streit verbirgt sich auch ein innerkirchlicher Nord-Süd-Konflikt: Den reichen Bistümern im Süden, Südwesten und Westen ist noch ungut in Erinnerung, wie sie einspringen mussten, als das Erzbistum Berlin faktisch zahlungsunfähig war - und wie vor allem das Erzbistum München-Freising auf den Kosten des desaströs heruntergewirtschafteten Weltbild-Verlages sitzen blieb. Und jetzt im Zweifel wieder klamme Bistümer retten? So viel Samaritergemüt gibt es nicht im Süden, um das attraktiv zu finden.

Am Montag stand das heikle Thema auf der Tagesordnung der nicht öffentlichen Sitzung des Ständigen Rates der Bischofskonferenz, am Dienstag gab es eine kurze Erklärung: Man habe "einen umfassenden Entwurf zur Neuordnung der Organ- und Aufsichtsstruktur" für die KZVK beraten, der Satzungsentwurf sehe "neue, an das Aktien- und Versicherungsrecht angelehnte Aufsichtsgremien vor". Verabschiedet werden soll der Entwurf, über den die Bischofskonferenz keine weiteren Informationen veröffentlichte, aber erst im August. Da ist dann noch ein bisschen Zeit zur Diskussion.

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SZ vom 22.06.2016
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