Zum Tod von Otto Graf Lambsdorff:Verfechter preußischer Tugend

Staatsmännisches Meisterstück und politischer Skandal: Das Leben von Otto Graf Lambsdorff, FDP-Ehrenvorsitzender und ehemaliger Wirtschaftsminister, in Bildern.

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Staatsmännische Meisterstücke und politische Skandale: Das Leben von Otto Graf Lambsdorff, FDP-Ehrenvorsitzender und ehemaliger Wirtschaftsminister, in Bildern.

Otto Friedrich Wilhelm von der Wenge Graf Lamsdorff wurde am 20. Dezember 1926 in Aachen geboren. Er enstammt westfälischem Uradel, einer seiner Vorfahren war Anfang des 20. Jahrhunderts zaristischer Außenminister.

Als Kind ging er in Berlin und Brandenburg zur Schule - zu Hause und auf der Ritterakadmie in Brandenburg lernte er preußische Werte. 1944 wurde er von den Nationalsozialisten zum Kriegsdienst eingezogen und geriet in Gefangenschaft. 1946 kehrte er schwer versehrt zurück, sein linkes Bein wurde im letzten Kriegsjahr zerschossen und musste amputiert werden.

Nach dem Krieg holte Lambsdorff das Abitur nach, studierte, promovierte.

Nach seinem Jurastudium machte er in der Wirtschaft schnell Karriere. Von 1955 bis 1971 arbeitete er für das private Bankhaus Trinkaus. Parallel engagierte er sich in der Politik.

Im Bild: Otto Graf Lambsdorff und Gräfin Alexandra bei einer Festveranstaltung zum 80. Geburtstag des FDP-Ehrenvorsitzenden.

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Lambsdorff trat 1951 in die FDP ein. 1972 rückte der promovierte Jurist in den Bundesvorstand seiner Partei vor, im gleichen Jahr zog er erstmals für die Liberalen in den Bundestag ein. Dort profilierte er sich als wirtschaftspolitischer Fraktionssprecher. Er stieg zum Bundeswirtschaftsminister unter Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) auf.

Im Bild: Otto Graf Lambsdorff am 9. Dezember 1983 im Bundestag in Bonn - er war damals Wirtschaftsminister.

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An der Seite von Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) bereitete er in der Konjunktur- und Finanzpolitik mit seinem "Lambsdorff-Papier" die Umorientierung der FDP zur CDU vor, die zum Regierungswechsel 1982 führte.

Im Bild: Ein Archivfoto vom 28. September 1982. Nach der Probeabstimmung der FDP-Fraktion, in der sich eine Mehrheit von 34 Abgeordneten für das konstruktive Misstrauensvotum gegen Bundeskanzler Schmidt (SPD) ausgesprochen hatte, drohte der FDP-Politiker Otto Graf Lambsdorff den wartenden Journalisten lachend mit seinem Gehstock. Am 17. September endete nach 13 Jahren die sozialliberale Koalition in Bonn durch den Rücktritt der vier FDP-Minister Genscher, Baum, Ertl und Graf Lambsdorff, was zum Sturz der SPD-Minderheitsregierung führte. Am 1. Oktober wurde Schmidt gestürzt und der CDU-Vorsitzende Kohl zum neuen Bundeskanzler gewählt.

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Unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) blieb Lambsdorff zunächst noch Wirtschaftsminister. Schon bald geriet er aber durch seine Verwicklung in die Flick-Affäre in Bedrängnis. In dem gegen Lambsdorff im Februar 1982 eingeleiteten Ermittlungsverfahren ging es um den Vorwurft, die Zustimmung von Lambsdorffs Ministerium zu einem Steuererlass von 850 Millionen Mark für den Flick-Konzern sei von einer Konzernspende in Höhe von 135.000 Mark an die FDP beeinflusst worden.

Am 26. Juni 1984 erklärte Lambsdorff seinen Rücktritt. Im Laufe des spektakulären Verfahrens wurde der Vorwurf der Bestechlichkeit gegen Lambsdorff fallen gelassen, er erhielt 1987 aber wegen Steuerhinterziehung eine Geldstrafe von 180 000 Mark.

Im Bild: Die Mitglieder des Kabinettes von Bundeskanzler Helmut Kohl stellen sich am im Oktober 1982 nach Erhalt ihrer Ernennungsurkunden durch Bundespräsident Carstens zu einem Gruppenbild auf der Treppe der Rückseite der Villa Hammerschmidt in Bonn auf: 1. Reihe unten (l-r): Hans-Dietrich Genscher (Äußeres, FDP), Karl Carstens, Helmut Kohl, Dorothee Wilms (Bildung, CDU), Rainer Barzel (Innerdeutsche Beziehungen, CDU), Norbert Blüm (Arbeit, CDU), Gerhard Stoltenberg (Finanzen, CDU). 2. Reihe (l-r): Friedrich Zimmermann (Inneres, CSU), Werner Dollinger (Verkehr, CSU), Heiner Geißler (Familie, Gesundheit, Jugend, CDU), Oscar Schneider (Bauwesen, CSU), Josef Ertl (Landwirtschaft, FDP), Heinz Riesenhuber (Forschung, CDU), Christian Schwarz-Schilling (Post, CDU). 3. Reihe (l-r): Hans A. Engelhard (Justiz, FDP), Manfred Wörner (Verteidigung, CDU), Jürgen Warnke (wirtschaftliche Zusammenarbeit, CSU), Otto Graf Lambsdorff (Wirtschaft)

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Seine politische Karriere war damit aber nicht beendet: Von 1988 bis 1993 war Lambsdorff Bundesvorsitzender der FDP und ist seitdem Ehrenvorsitzender der Partei. Bis 1998 saß er im Bundestag.

Im Bild: 25 Jahre im Bundestag: Mit einem Glas Champagner stößt Lambsdorff im Jahr 1997 auf einem Empfang in Düsseldorf mit Jürgen W. Möllemann (li.) und Hans-Dietrich Genscher an.

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Seinen von allen Parteien anerkannten, größten politischen Erfolg feierte Lambsdorff nach seine Zeit als Abgeordneter: Er wurde vom damaligen Kanzler Gerhard Schröder im Jahr 1999 damit beauftragt, für Deutschland die Verhandlungen über die Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern zu führen. Die Verhandlungen von Industrie und Bundesregierung mit den Anwälten und Verbänden der Opfer waren zuvor immer wieder ins Stocken geraten.

Man einigte sich auf zehn Milliarden Mark Entschädigung, die sich Bundesrepublik und Wirtschaft teilten. Nach der Einigung wurde die Bundesstiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" gegründet.

Im Bild: Handschlag nach erfolgreichen Verhandlungen: Am 17. Dezember 1999 präsentieren Kanzler Gerhard Schröder (Mitte) mit US-Chefunterhändler Stewart Eizenstat und Otto Graf Lambsdorff (r.) ihren Kompromiss.

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Das Lob für Lambsdorff war auch international einhellig: Die Entschädigungsregelung für NS-Zwangsarbeiter einschließlich der komplizierten Regierungsvereinbarung mit den USA und Opferorganisationen zur Rechtssicherheit für deutsche Unternehmen gilt als staatsmännisches Meisterstück.

Im Bild: Otto Graf Lambsdorff (l.) mit dem damaligen FDP- Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Gerhard und FDP-Chef Guido Westerwelle, der inzwischen Außenminister ist. Das Foto enstand in Schloss Charlottenburg in Berlin, wo der 80. Geburtstag des FDP-Ehrenvorsitzenden mit einer Festveranstaltung unter dem Motto "Der Freiheit verpflichtet" gefeiert wurde.

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Der Bismarck-Bewunderer steht für die betont marktwirtschaftliche Ausrichtung der FDP seit den späten 70er Jahren. Zuletzt war es eher still um ihn geworden. Doch wenn er gefragt wurde, erlaubte sich Otto Graf Lambsdorff weiter gewohnt unabhängige Urteile. Das hatte der Verfechter preußischer Tugenden sein ganzes Leben lang getan, nicht selten auch zum Leidwesen der eigenen Partei. Als Vorsitzender der Friechrich-Naumann-Stiftung (ab 1995) engagierte er sich für Tibet und eine Zusammenarbeit mit dem Dalai Lama.

Die Menschenrechte seien neben der Martktwirtschaft Lambsdorffs großes Thema, schrieb die Neue Zürcher Zeitung anlässlich seines 80. Geburtstags. Ein Thema, das die Liberalen nach dem Wechsel zur Union vernachlässigt hatten.

Im Bild: Der Dalai Lama und Lambsdorff.

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Lambsdorff verstarb am Samstag im Alter von 82 Jahren in Bonn. Lambsdorff hinterlässt drei Kinder und seine zweite Frau, die 20 Jahre jüngere Bankmanagerin Alexandra Lambsdorff.

Otto Graf Lambsdorff, aufgenommen in Berlin während einer Ausstellungseröffnung im Jahr 2008 in Berlin.

(sueddeutsche.de/pfau/lala)

Foto: ddp

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