Zum Tod von Loki Schmidt:Die grenzenlose Optimistin

Sie war nicht nur die Frau an der Seite von Altkanzler Helmut Schmidt - sie war eine unverwechselbare Persönlichkeit, die bekannteste Pflanzenschützerin der Nation, eine leidenschaftliche Raucherin und konnte "richtig zanken": Zum Tod von Loki Schmidt, die von sich gesagt hat, ein "seltsames anderes Leben" geführt zu haben.

Sie wusste sich durchzuboxen. "Schmeling" sei ihr Spitzname zu Schulzeiten gewesen, hat Loki Schmidt einmal erzählt, in Anlehnung an den deutschen Schwergewichtsweltmeister. "Ich war nie ein richtiges Mädchen, ich war ein wüster Schläger", schrieb sie in ihrer Autobiographie.

Loki

Hannelore "Loki" Schmidt ist im Alter von 91 Jahren gestorben.

(Foto: dpa)

Später wendete sie sich filigraneren Dingen zu, sie widmete sich dem Pflanzenschutz, verlieh 1980 erstmals den Titel "Blume des Jahres". An diesem Donnerstag hätte die Moorlilie als Blume des Jahres 2011 präsentiert werden sollen. Doch die Loki-Schmidt-Stiftung verzichtete auf den öffentlichen Termin. Ihre Namensgeberin ist in der Nacht im Alter von 91 Jahren in ihrer Heimatstadt Hamburg gestorben.

Bereits seit Ende September bangten ihr Ehemann Helmut und ihre Tochter Susanne um die Gesundheit von Hannelore Schmidt. Der ebenfalls 91 Jahre alte Altkanzler, der in Deutschland so populär ist wie nie zuvor, sagte eine China-Reise ab, um seiner Frau nah zu sein.

Loki Schmidt war am 23. September gestürzt und hatte sich den Fuß gebrochen. Von dem Unfall und der darauffolgenden Notoperation in der Hamburger Asklepios-Klinik erholte sie sich nur langsam. In den Jahren zuvor war die Gattin des Altkanzlers immer wieder schwer erkrankt und musste mit Schwächeanfällen ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Alt zu sein und zu erleben, wie die Kräfte weniger werden, sei "kein Vergnügen", hat sie vor kurzem in einem Interview gesagt: "Jetzt bin ich hier, aber eines Tages bin ich nicht mehr hier. Was bleibt dann von mir?"

Hannelore Schmidt wurde 1919 in Hamburg geboren. Gemeinsam mit zwei Geschwistern wuchs sie als Tochter eines Betriebselektrikers in bescheidenen Verhältnissen im Stadtteil Barmbek auf. 1931 wurde der Vater arbeitslos, worauf die Mutter als Näherin arbeitete. Schon mit zehn Jahren lernte sie Helmut Schmidt kennen, denn beide besuchten dieselbe Schulklasse. "Wir waren von Anfang an befreundet", erinnerte sich Loki in ihren Memoiren an den Beginn ihren langen und glücklichen Beziehung.

Nach dem Abitur absolvierte sie ein pädagogisches Studium und wurde Lehrerin. "Eigentlich wollte ich Biologin werden, aber das scheiterte an den Studiengebühren", sagte sie einmal. 1942 heiratete sie ihren Helmut - und finanzierte ihm nach dem Zweiten Weltkrieg sein Studium in Hamburg. In der Zeit arbeitete sie selbst als Volks- und Realschullehrerin.

Drei Jahre vor der Geburt von Tochter Susanne kam 1944 Sohn Helmut Walter - genannt "Moritzelchen" - zur Welt, der nach nur sieben Monaten auf tragische Weise starb. In ihren Memoiren berichtete die passionierte Raucherin auch von den vielen Fehlgeburten, die sie erlitten hat.

Acht Jahre lang, von 1974 bis 1982, war die Hanseatin an der Seite von Helmut Schmidt Hausherrin im Bonner Kanzleramt. Als "Angeheiratete der Politik", wie sie es einmal selber nannte, führte sie an der Seite ihres Politiker-Ehemanns Helmut "ein etwas seltsames anderes Leben".

Zu den schwärzesten Tagen an der Seite des Bundeskanzlers zählte sie rückblickend jene im Jahr 1977 während der Entführung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer durch die Rote-Armee-Fraktion (RAF). "Helmut und ich haben damals ausgemacht, wenn einer von uns beiden gekidnappt wird, darf der andere keine Forderungen der Kidnapper erfüllen", erinnerte sie sich. Vom politischen Sturz des Bundeskanzlers Helmut Schmidt 1982 erfuhr sie während eines Aufenthalts in Brasilien.

Seit 1976 machte sich Loki Schmidt den Namen ihres Mannes zunutze, um für den Naturschutz "hausieren zu gehen", wie sie es nannte. Sie mochte sich nicht mehr nur auf Schirmherrschaften als Kanzlergattin zurückziehen und rief die "Stiftung zum Schutze gefährdeter Pflanzen" ins Leben. Die Ex-Kanzlergattin intensivierte ihre Arbeit im Dienst gefährdeter Pflanzen und begleitete jedes Jahr junge Wissenschaftler auf Forschungsreisen um die Welt. "Ich bin penetrant neugierig geblieben", bekannte die auch im hohen Alter noch äußerst populäre Loki.

Loki Schmidt veröffentlichte zahlreiche Bücher über botanische Themen, so auch 1997 das Grundlagenwerk Die Botanischen Gärten in Deutschland. Für ihre öffentlichkeitswirksamen Verdienste um die Botanik wurde sie vielfach ausgezeichnet, etwa mit einem Ehrensenatorinnen-Titel der Hamburger Universität. 2005 äußerte sie sich in Mein Leben für die Schule zur Bildungspolitik. Drei Jahre später erschien das Buch Erzähl doch mal von früher.

Das Erfolgsrezept ihrer knapp sieben Jahrzehnte währenden Ehe mit Helmut Schmidt war für die Hamburger Ehrenbürgerin ganz einfach: "Wir konnten immer gut miteinander reden und auch zanken." Richtig gezankt, "dass die Fetzen flogen", hätten sie sich in ihren vielen Ehejahren aber nie.

Auch hat sie ihr grenzenloser Optimismus trotz zahlreicher Krankenhaushalte in den vergangenen Jahren nie verlassen. Noch zuletzt, im Zusammenhang mit dem Erscheinen ihres Erinnerungsbuches Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde, hatte Loki Schmidt den großen Wunsch geäußert, den 70. Hochzeitstag mit ihrem Helmut im Juni 2012 noch erleben zu wollen. Dies blieb ihr nun verwehrt.

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