Zukunftsdialog in Berlin:Merkel im Glück

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Endlich einmal hagelt es keine Kritik: Kanzlerin Merkel stellt das Buch zu dem von ihr initiierten Projekt vor. Bürger sind auch da, schließlich sollen sie davon profitieren. Oder geht es doch eher um das Image der Kanzlerin? Zu Wort kommt das Volk jedenfalls nicht.

Christoph Hickmann, Berlin

Es ist im Arbeitsleben der Bundeskanzlerin zuletzt nicht allzu häufig vorgekommen, dass die Menschen um sie herum in allen Punkten ihrer Meinung waren und zusätzlich noch sichtbar glücklich, gemeinsam mit der Kanzlerin auftreten zu dürfen. Insofern ist der Montagvormittag ein für Angela Merkel äußerst angenehmer Vormittag.

Endlich mal wieder lächeln. Angela Merkel stellt im Bundeskanzleramt in Berlin das Buch "Dialog über Deutschlands Zukunft" vor. (Foto: dpa)

Sie steht im Kanzleramt, neben sich sechs Leute, die von einer Moderatorin als "Experten" vorgestellt werden, etwa eine Professorin, die sich mit "Führung und Personalmanagement" beschäftigt, eine Frau, die bei der Fluglinie Air Berlin "Chief Human Resources Officer" ist, und ein Berliner Polizist, Einsatzort: Kreuzberg-Neukölln.

Sie alle haben sich Gedanken über die Zukunft gemacht, beim sogenannten Zukunftsdialog, den die Kanzlerin ins Leben gerufen hat. Sie hat dafür mit gewöhnlichen Bürgern gesprochen und mit Bürgern, die Experten sind, für Human Resources oder den Umgangston auf Neuköllner Straßen. An diesem Montag stellen die Experten aber keine Ergebnisse vor, sondern ein Buch zum Projekt. Die Kanzlerin sagt: "Alles, was noch nicht gewesen ist, ist Zukunft, wenn es nicht gerade jetzt ist."

Da widerspricht niemand, das ist das Angenehme für Angela Merkel. Hätte Sigmar Gabriel beim Zukunftsdialog mitmachen dürfen, hätte er womöglich sogar das in Frage gestellt, ganz zu schweigen von den Ministerpräsidenten aus Spanien und Italien oder gar dem französischen Staatspräsidenten. Stattdessen steht da die Frau von Air Berlin, die zu allem nickt, was die Kanzlerin sagt. Wirklich zu allem.

Konkrete Vorschläge sind nicht gefragt

Die Beteiligten versichern dann sehr ausdauernd, wie angenehm es gewesen sei, erst einmal Fragen zu formulieren - danach, wie man in Zukunft leben wolle und wovon. Und wie man künftig lernen wolle.

Irgendwann aber wird das der Kanzlerin doch etwas zu wolkig, jedenfalls weist sie darauf hin, der Zukunftsdialog sei ja "keine Halbuni oder so", sondern eine "Kombination aus freiem Geist und Zielorientierung". Weil die Ergebnisse erst Ende August vorgestellt werden sollen, bleibt das mit der Zielorientierung allerdings eher im Vagen. Als der Polizist sagt, in seiner Arbeitsgruppe habe man 25 bis 30 sehr konkrete Vorschläge entwickelt, stellt die Moderatorin schnell die nächste Frage.

Ein bisschen konkret will die Kanzlerin dann allerdings doch werden. Sie sagt, im Gespräch mit den Bürgern seien ihr ein paar Dinge aufgefallen: Zum einen nähmen viele Menschen den Föderalismus vor allem als Ausrede der Politik für all die Dinge wahr, die nicht funktionierten - darüber müsse man mal debattieren. Zum anderen sei sie etwas beunruhigt über die Grundhaltung, mit der viele Bürger die wirtschaftliche Zukunft dieses Landes sähen: "Das war 60 Jahre so in der BRD, und wir kommen schon durch."

Derart sorglos kann die Kanzlerin die Dinge nicht sehen, und damit wäre sie eigentlich wieder bei der Krise angelangt, bei den Spaniern, Italienern und den Gipfelbeschlüssen, die ihr als Niederlage angekreidet werden. Aber darüber sagt Angela Merkel an diesem Vormittag einfach mal: nichts.

© SZ vom 03.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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