Nach dem Treffen in Genf:Syrienkonferenz einigt sich auf Übergangsregierung

Lesezeit: 2 min

Ein "produktives Treffen" nennt der UN-Sondergesandte Annan die Syrien-Konferenz. Tatsächlich sind sich die Weltmächte danach nur in einem Punkt einig: Damaskus braucht eine Übergangsregierung. Ob dieser Machthaber Assad angehören soll, darüber streiten sie auch nach der Konferenz. In Damaskus geht das Morden weiter.

Die Teilnehmer der Syrien-Konferenz haben sich nach Angaben des internationalen Sondergesandten Kofi Annan auf eine Übergangsregierung für Syrien geeinigt. Diese solle in Damaskus aus Vertretern des bisherigen Regimes und der Opposition gebildet werden, zitierte der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan aus dem Abschlussdokument der Konferenz in Genf.

Kofi Annan und Russlands Außenminister Lawrow: Lawrow setzte sich mit seinen Forderungen durch. (Foto: REUTERS)

Die Bildung einer Übergangsregierung in Damuskus ist der Kern eines neuen Friedensplans, den Annan vorgelegt hatte. Knackpunkt der Konferenz, an der die Außenminister der fünf UN-Vetomächte USA, Russland, Frankreich, China und Großbritannien teilnahmen, war die Frage, ob Assad dieser Regierung angehören oder abtreten solle.

Auf Verlangen Russlans wurden jedoch alle Formulierungen gestrichen, die auf den Ausschluss des syrischen Machthabers von der Übergangsregierung hinauslaufen könnten. In stundenlangen Verhandlungen hatte das Land darauf gedrungen, dass nur das syrische Volk selbst über die Zusammensetzung einer Übergangsregierung entscheiden dürfe. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte nach Angaben von Diplomaten erklärt, Moskau werde keinerlei von außen aufgezwungene Lösung zulassen.

Clinton: "Assad muss trotzdem verschwinden"

US-Außenministerin Hillary Clinton hingegen forderte ein neues Regime in Syrien: Zwar werde Assad in der Abschlusserklärung nicht ausdrücklich von einer Übergangsregierung ausgeschlossen, das habe aber eigentlich nichts zu bedeuten, denn es sei völlig klar, dass Assad "trotzdem verschwinden muss", sagte sie. Es sei eine Illusion anzunehmen, dass "Leute mit Blut an den Händen" bleiben könnten.

Die Außenministerin kündigte einen neuen Vorstoß im UN-Sicherheitsrat für eine Syrien-Resolution an: Diese solle auf ein bestimmtes Kapitel in der UN-Charta verweisen, wonach die Gemeinschaft Frieden erwingen kann. Zumindest dann, wenn das Assad-Regime die Forderungen des nun verabschiedeten Plans für eine politische Übergangsregierung nicht erfülle.

Russlands Außenminister Lawrow widersprach Clinton unmittelbar danach. Die an der Genfer Konferenz beteiligten Staaten könnten dem Sicherheitsrat in New York keine Vorschriften machen. Dieser habe seine eigenen Regeln, sagte Lawrow.

Der sondergesandte Annan antwortete bei einer Pressekonferenz auf die Frage, ob es richtig sei, "Personen mit Blut an den Händen" wie Assad an der geplanten Übergangsregierung zu beteiligen: "Ich hoffe, Leute mit Blut an den Händen, sind nicht die einzigen Leute in Syrien." Er bezweifle, dass die Syrer solche Personen mit beteiligen möchten.

Dennoch sprach er zum Abschluss der Konferenz von einem "produktiven" Treffen. Er habe jetzt mehr Hoffnung, dass eine politische Lösung für Syrien möglich werden könnte. Wichtig sei, dass sich die Weltmächte weiter einander annäherten und nach einer gemeinsamen Linie zur Lösung des Syrien-Konfliktes suchen. "Dafür ist auf der Konferenz in Genf eine Grundlage geschaffen worden", sagte er.

Vertreter der syrischen Opposition hatten bereits vor der Konferenz erklärt, es sei für sie nicht hinnehmbar, dass die Verantwortlichen für Verbrechen gegen die Menschlichkeit - darunter Massaker selbst an Frauen und Kindern - straffrei bleiben. Eine Beteiligung an einer Übergangsregierung mit "dem Schlächter" Assad komme nicht in Frage, sagte Nadschi Tajjra von der Oppositions-Dachorganisation Syrischer Nationalrat (SNC).

Zu Beginn hatte Annan mit deutlichen Worten dafür geworben, die Differenzen beizulegen. Die Vetomächte sollten endlich anfangen, "sich nützlich zu machen". Andernfalls drohe ein Übergreifen auf die gesamte Nahost-Region und "eine neue Front für den internationalen Terrorismus", warnte der Vermittler.

In Damaskus gingen die Anschläge auch nach der Konferenz weiter: In der Nähe der syrischen Hauptstadt wurden am späten Abend 30 Zivilisten getötet. Eine Granate sei in eine Menschenmenge eingeschlagen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Es handelte sich offenbar um einen Trauerzug, der auf dem Weg zu einer Beerdigung war. Die Zahl der am Samstag in Syrien getöteten Menschen stieg damit auf 82.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/dapd/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: