Zollkonflikt zwischen USA und China:Trump verschärft Handelskrieg

Im Streit mit China erhöht der US-Präsident die Einfuhrzölle drastisch. Waren im Wert von 200 Milliarden Dollar sind betroffen. Peking kündigt Vergeltung an.

Von Christoph Giesen und Claus Hulverscheidt

Xi Jinping hatte es noch einmal mit einer List versucht, die ihm in den Handelsgesprächen der vergangenen 24 Monate schon mehrfach Erfolg beschert hatte. Er schrieb ein paar freundliche Zeilen an seinen "Freund" Donald Trump, der prompt kundtat, er habe einen "wunderschönen Brief" des chinesischen Amtskollegen erhalten. Doch anders als in früheren Fällen vermochte nicht einmal Schmeichelei den Zorn des US-Präsidenten zu besänftigen: Am Freitagmorgen verwarf Trump Xis Ideen für einen Abbau des hohen US-Handelsdefizits und erhöhte stattdessen die bestehenden Einfuhrzölle auf chinesische Warenlieferungen im Wert von 200 Milliarden Dollar von derzeit zehn auf 25 Prozent. China kündigte Vergeltung an, ohne zunächst konkreter zu werden.

Damit wächst sich der Konflikt, der beide Länder seit Frühjahr 2017 beschäftigt, endgültig zum offenen Handelskrieg aus. Mit Einfuhren im Wert von 250 Milliarden Dollar ist nun fast die Hälfte aller Waren, die jährlich aus der Volksrepublik in die USA geliefert werden, mit hohen Strafzöllen belegt. Betroffen sind neben chinesischen auch amerikanische Firmen, die in Fernost produzieren. Die Zölle haben inzwischen ein Niveau erreicht, das die US-Importeure nicht mehr in ihren Bilanzen oder mit kleineren Preiserhöhungen kaschieren können. Vielmehr werden sie ihre immensen Mehrkosten an die amerikanischen Verbraucher weitergeben müssen. Betroffen sind neben Vor- und Zwischenprodukten auch echte Konsumgüter im Wert von etwa 40 Milliarden Dollar - von Möbeln über Handtaschen, Bekleidung und Klimaanlagen bis zu Seife, Meeresfrüchten und Weihnachtsschmuck.

Das wird Spuren hinterlassen. "Sowohl das bislang sehr schnelle Wachstum der US-Wirtschaft als auch das chinesische Wachstum dürften sich abschwächen", sagte John Vail, Chefstratege des japanischen Finanzhauses Nikko Asset Management. Das gilt umso mehr, als Trump zugleich drohte, auch den verbliebenen Rest der chinesischen USA-Exporte mit Zöllen zu belegen - das wären nach jetziger Rechnung Produkte im Wert von noch einmal 290 Milliarden Dollar. In diesem Fall könnte die Konjunktur in der Volksrepublik tatsächlich einbrechen. Leidtragende wären vor allem auch deutsche Firmen, für die China einer der wichtigste Märkte ist.

Trotz der Eskalation des Streits gingen die Verhandlungen zwischen Vertretern beider Seiten am Freitag in Washington weiter, wurden allerdings dann nach etwa eineinhalb Stunden vertagt. Wann sie fortgesetzt werden, blieb zunächst offen. Experten hatten ursprünglich für diese Woche eine Einigung erwartet, Peking zog jedoch unmittelbar vor Beginn der Gespräche bereits gegebene Zusagen wieder zurück. Trump warf China daraufhin vor, die "Vereinbarung gebrochen" zu haben.

Am Freitag ließ der Präsident gar erkennen, dass er auch dauerhaft ohne Vertrag und mit Strafabgaben leben könnte. "Zölle werden unserem Land weit mehr Wohlstand bringen als selbst ein noch so phänomenales Abkommen herkömmlicher Art", schrieb er im Kurzmitteilungsdienst Twitter. Mit den "mehr als 100 Milliarden Dollar", die die Zölle jährlich in die US-Staatskasse spülten, "werden wir bei unseren großartigen Landwirten Agrarprodukte kaufen - weit größere Mengen, als China je geordert hat - und sie als humanitäre Hilfe an arme und hungernde Länder liefern". Zudem bleibe viel Geld für die US-Infrastruktur und das Gesundheitswesen übrig. Im Ergebnis würden die USA florieren, während China dramatisch an Wachstum verlöre. "Lehnen Sie sich einfach zurück und schauen Sie zu!", so Trump.

Peking will Weltmarktführer in Zukunftsbranchen schaffen

Wie so oft sind die Zahlen des Präsidenten übertrieben, zudem ignoriert er ökonomische Zusammenhänge. So ist es zwar richtig, dass chinesische Lieferanten leiden, sollten US-Abnehmer versuchen, Waren anderswo einzukaufen. Wenn aber Zölle gezahlt werden müssen, dann von Amerikanern. Auch stimmt es nicht, dass die Vereinigten Staaten jährlich 500 Milliarden Dollar im Handel mit der Volksrepublik "verlieren". Richtig ist vielmehr, dass US-Firmen 2018 knapp 420 Milliarden Dollar mehr für Importe aus China ausgaben, als sie dorthin exportierten. Selbstverständlich erhielten sie für ihr Geld aber einen Gegenwert in Form von Waren.

Hinter dem Streit steht auch ein Konflikt, welche der beiden Großmächte das 21. Jahrhundert wirtschaftlich und politisch dominieren wird. Peking will mit hohen Subventionen Weltmarktführer in allen wichtigen Zukunftsbranchen schaffen und schreckt dabei auch vor Ideenklau, Industriespionage, erzwungenem Technologietransfer und der Übernahme ausländischer Firmen nicht zurück. Dieses Vorgehen stößt vielerorts auf Kritik, so etwa in Berlin und Brüssel. Ein einheitliches Vorgehen des früheren "Westens" gegen China ist jedoch nicht möglich, da Trump das Problem mit der Frage des Handelsüberschusses verquickt hat.

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