Zivilgesellschaft:Wie Israel Menschenrechtlern die Arbeit erschwert

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Dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sind NGOs, die sich hauptsächlich aus dem Ausland finanzieren und in Israel tätig sind, ein Dorn im Auge. (Foto: REUTERS)
  • Israel geht mit verschiedenen Mitteln gegen regierungskritische Menschenrechtsorganisationen vor.
  • Unter anderem zwingt ein Gesetz NGOs, die viel Geld aus dem Ausland bekommen, ihre Finanzierung offenzulegen. Damit sollen die Gruppen diskreditiert werden können.
  • Die Opposition sieht in solchen Regelungen Belege für einen in Israel aufkeimenden Faschismus.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Der moderne Pranger ist das Internet, und dort wurde Ende 2015 ein Video platziert, in dem israelische Menschenrechtsorganisationen zu Komplizen des palästinensischen Terrors gemacht werden. Der Chef von "B'tselem" wird darin auch als "Maulwurf der Europäischen Union" geschmäht. Einem Sprecher von "Breaking the Silence" wird unterstellt, sich von Deutschland bezahlen zu lassen, um israelische Soldaten als Kriegsverbrecher zu diffamieren. Eine Hetz- und Schmutzkampagne der ultrarechten Organisation "Im Tirtzu" ist das gewesen, damit müssen linke Gruppen wohl leben in Israel. Ungleich schwieriger wird das allerdings dadurch, dass es für solche Angriffe reichlich Rückenwind von der Regierung gibt.

Denn ungefähr zur gleichen Zeit kam "Breaking the Silence" auch von offizieller Seite heftig unter Beschuss. 2004 war die Organisation von ehemaligen israelischen Soldaten gegründet worden mit dem Ziel, mögliche Vergehen der Armee in den besetzten Gebieten öffentlich zu machen. Anfangs waren ihr dafür sogar die Türen der Knesset für eine Ausstellung geöffnet worden, doch spätestens seit der Veröffentlichung von Zeugenaussagen zu den Gaza-Kriegen 2009 drehte sich der Wind. Die Überbringer der schlechten Nachrichten galten als Verräter. Der damalige Verteidigungsminister Mosche Jaalon beschimpfte sie 2015 als "heimtückisch" und untersagte ihnen den Zugang zu allen Armee-Einrichtungen. Erziehungsminister Naftali Bennett verbannte sie aus den Schulen mit der Begründung, er dulde dort "keine Hetze gegen die Armee".

Der nächste Schlag war ein juristischer. Im Sommer 2016 verabschiedete das Parlament ein sogenanntes Transparenzgesetz. Es verpflichtet jede Nichtregierungsorganisation (NGO), die mehr als die Hälfte ihres Geldes von ausländischen Regierungen bekommt, dies bei allen öffentlichen Aktivitäten auszuweisen. Dies trifft fast nur liberale und linke Gruppen, die Hilfe aus Europa erhalten. Es zielt darauf ab, die NGOs in die Nähe ausländischer Agenten zu rücken. Premier Benjamin Netanjahu sagte, so werde "die absurde Situation beendet, dass sich ausländische Staaten in die inneren israelischen Angelegenheiten einmischen, ohne dass dies für die Öffentlichkeit erkennbar ist". Oppositionsführer Isaak Herzog dagegen sieht in dem Gesetz einen Beleg "für den aufkeimenden Faschismus in der israelischen Gesellschaft".

Wie vergiftet die Diskussion über die israelischen Menschenrechtsgruppen ist, die gegen die Besatzung ankämpfen, bekam sogar Staatspräsident Reuven Rivlin zu spüren, als er auf einer Konferenz sprach, an der auch Mitglieder von "Breaking the Silence" teilnahmen. Heftig wurde er dafür aus der Regierung heraus kritisiert. Der Präsident aber ließ sich davon nicht beeindrucken.

© SZ vom 27.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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